Navigation und Service

Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht : Thema: Gerichte & Justizbehörden

Der gebrauchte Hengst

Letzte Aktualisierung: 21.08.2018

Ist ein Hengst im Zeitpunkt seiner Versteigerung auf einer öffentlichen Pferdeauktion zweieinhalb Jahre alt, so ist er im Sinne des Gesetzes "gebraucht", so dass die Vorschriften über den Verbrauchsgüterkauf keine Anwendung finden. Das hat der 12. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts kürzlich entschieden und die Rückabwicklung des Kaufvertrages über das Pferd abgelehnt.

Zum Sachverhalt: Im November 2014 veranstaltete der Beklagte eine Pferdeauktion. In den Auktionsbedingungen war vorgesehen, dass die Gewährleistungsansprüche der Käufer nach drei Monaten verjähren. Auf dieser Auktion ersteigerte die Klägerin einen damals zweieinhalb Jahre alten Hengst. Wegen angeblicher Mängel des Pferdes trat die Klägerin im Jahr 2016 vom Kaufvertrag zurück und begehrt nun von dem Beklagten die Rückzahlung des Kaufpreises gegen Rückgabe des Pferdes. Das Landgericht Itzehoe hat die Klage in erster Instanz abgewiesen. Die von der Klägerin eingelegte Berufung hatte keinen Erfolg. Der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts hat die Berufung zurückgewiesen, weil der Rücktritt vom Kaufvertrag - unabhängig davon, ob das Pferd mangelhaft ist oder nicht - unwirksam war.

Aus den Gründen: Der Klägerin steht kein Anspruch auf Rückzahlung des Kaufpreises zu, weil der Rücktritt vom Kaufvertrag unwirksam ist. Ihre Gewährleistungsansprüche sind bereits verjährt, denn die vertraglich vereinbarte Verkürzung der Gewährleistungsfrist auf drei Monate ist wirksam. Eine derartige Verkürzung wäre dann nicht möglich, wenn die Vorschriften über den Verbrauchsgüterkauf zur Anwendung kommen. Das ist nach § 474 Abs. 2 Satz 2 BGB aber nicht der Fall, weil es sich bei dem Hengst um eine gebrauchte Sache im Sinne dieser Vorschrift handelt und er in einer öffentlich zugänglichen Versteigerung verkauft wurde.

Für die Frage, wann ein Tier als gebraucht anzusehen ist, ist allein auf den Ablauf einer gewissen Zeitspanne nach der Geburt des Tieres und der damit verbundenen körperlichen Entwicklung des Tieres abzustellen. Entscheidend ist, ob das Tier über einen längeren Zeitraum so vielen Umwelteinflüssen und äußeren Einwirkungen ausgesetzt war, dass das altersbedingte Sachmängelrisiko derart gestiegen ist, dass das Tier nicht mehr als neu angesehen werden kann. Das ist hier der Fall. Ein Hengst im Alter von zweieinhalb Jahren ist schon längere Zeit von der Mutterstute getrennt, hat eine eigenständige Entwicklung vollzogen und ist bereits seit längerem geschlechtsreif. Durch die Geschlechtsreife verändert sich nicht nur das Verhalten eines Hengstes erheblich, sondern durch die eingetretenen biologischen Veränderungen erhöht sich auch das Mängelrisiko beträchtlich. Außerdem steigt die Möglichkeit von nachteiligen Veränderungen des Tieres durch unzureichende Stall-/Weidehaltung, Fütterung und tierärztliche Versorgung gegenüber einem deutlich jüngeren Tier nach einem Zeitraum von zweieinhalb Jahren nicht unerheblich.
(Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 4. Juli 2018, Az. 12 U 87/17, nicht rechtskräftig)

Das Urteil des Oberlandesgerichts ist nun rechtskräftig. Der gebrauchte Hengst - Bundesgerichtshof bestätigt Urteil des Oberlandesgerichts

Pressestelle des Schleswig-Holsteinischen
Oberlandesgerichts

Frauke Holmer
Richterin am Oberlandesgericht
Pressesprecherin

Gottorfstraße 2
24837 Schleswig
frauke.holmer@olg.landsh.de
Tel.: 04621/86-1328

Hinweis zur Verwendung von Cookies

Cookies erleichtern die Bereitstellung unserer Dienste. Mit der Nutzung unserer Dienste erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies verwenden. Weitere Informationen zum Datenschutz erhalten Sie über den folgenden Link:

Datenschutz

Auswahl bestätigen

Mastodon