Katja Just ist im Raum München aufgewachsen. Im Jahr 2000 hat sie sich entschieden, auf die Hallig zu ziehen. Ihre Mutter und ihr Stiefvater hatten dort ein altes Reetdachhaus gekauft, das sie inzwischen übernommen hat und dort ganzjährig Ferienwohnungen vermietet. 2018 bis 2023 war Katja Just Bürgermeisterin auf Hooge. Über ihr Halligleben hat sie bereits zwei Bücher geschrieben.
Letzte Aktualisierung: 04.09.2023
Besonders gut ist mir das Hochwasser Anfang 2022 in Erinnerung. Das war Sturmtief „Zeynep“. Eine knappe Woche vorher wussten wir, dass da was kommt. Wie heftig es wird, weiß man aber immer erst, wenn es so weit ist.
Bei „Zeynep“ war grad’ meine beste Freundin zu Besuch auf der Hallig. In Radio und Fernsehen wurde ganz schön Alarm geschlagen. Aus allen Ecken kamen die Infos darüber, wie schlimm es werden würde. Ich höre eigentlich keine Nachrichten, wenn ein Sturm kommt. Für mich sind der Informationsaustausch vor Ort und die konkreten Wetterdaten hilfreicher. Aber meine Freundin informierte sich gewohnheitsbedingt. Wir waren angespannt, aber nicht ängstlich. Kurz vor Hochwasser sind wir dann noch mal rausgegangen.
Es war dunkel. Sehen konnten wir nichts. Aber hören dafür umso mehr. Das war eine Lärmkulisse, als ob wir bei Windstärke 8 am Atlantik stünden, wo sich das Wasser an der Steilküste bricht. Nur haben wir hier keine Steilküste. Nur ein bisschen Wiese und ein bisschen Warft. Und dann kommt auch schon mein altes Haus. Es liegt tiefer als die meisten anderen Häuser. Wenn also Wasser über die Warft kommt, steht es wie in einer Badewanne. Da draußen im Dunkeln mit dem Tosen im Ohr – das war schon etwas unheimlich. Es fühlte sich bedrängend an. Und das ist es ja auch tatsächlich. Das Wasser macht unseren Lebensraum in solchen Situationen Stück für Stück enger.
Wir waren fast die ganze Nacht wach. Schlafen kann man dann eh nicht. Wir haben bei gedimmtem Licht am Küchentisch gesessen, heißen Tee getrunken und über Stürme in früheren Halligzeiten gesprochen – das muss eine harte Zeit gewesen sein! So warteten wir den Peak ab. Also den Moment, wenn das Hochwasser am höchsten ist.
Sobald der Wasserstand dann fällt, löst sich die Anspannung. Wir hatten dann noch einen Tag „Land unter“, sind aber unbeschadet geblieben. Sobald dieser Peak erreicht ist, kehrt die Ruhe nach dem Sturm ein. Keiner kann kommen, keiner kann weg. Das ist eine schöne Stimmung. Nur die Vogelwelt ist noch in Aufregung. Die Vögel finden dann ja nur noch auf den Warften trockene Flächen, sehr nah am Menschen. Das macht sie etwas nervös.
Bevor ich auf die Hallig gezogen bin, war Wasser für mich eher Freizeitvergnügen. Ich war an der Isar, am Weiher und im Urlaub mal am Meer. Seit ich auf der Hallig lebe, weiß ich, dass man die Nordsee nicht unterschätzen darf. Bei „Land unter“ bekommen wir immer wieder gezeigt, wer hier die Hosen an hat: die Natur. Das verlangt Respekt. Und es macht mich auch demütig.
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