Wann wird eine förmliche Betreuung eingerichtet?
Neben der tatsächlichen Pflege einer hilfebedürftigen Person muss auch ihre Vertretung gegenüber Dritten geregelt werden. Dies kann durch eine rechtliche Betreuung geschehen, wenn folgende Voraussetzungen vorliegen:
- die betroffene Person ist volljährig
- sie leidet an einer Krankheit oder Behinderung
- sie ist dauerhaft nicht in der Lage, ihre Angelegenheiten selbst zu regeln, andere Hilfen (vor allem nach dem Sozialrecht) sind ausgeschöpft oder nicht ausreichend und es existieren keine anderen Hilfemöglichkeiten wie zum Beispiel eine Vollmacht
Eine Vorsorgevollmacht kann die ganze Bandbreite von Geschäften umfassen, bei denen Betroffene vertreten werden können. Meist genügt eine schriftliche Erklärung. Bei einigen Vollmachten (z.B. für Grundstücksgeschäfte) muss jedoch zwingend ein Notar konsultiert werden. Verschiedene Institutionen haben Vordrucke für Patientenverfügungen, Vollmachten und Betreuungsverfügungen entwickelt, so z.B. Ärztekammern, Kirchenverbände und Vereine. Beratung erteilen Rechtsanwälte und Notare.
Wie beginnt ein Betreuungsverfahren?
In dem Verfahren zur Einrichtung der Betreuung wird geprüft, ob alle oben genannten Voraussetzungen vorliegen. Das Verfahren beginnt, wenn das Gericht von Umständen Kenntnis erlangt, aus denen sich die Notwendigkeit einer Betreuung ergeben kann. Eine Anregung auf Einrichtung einer Betreuung kann durch jeden, der einen Hilfebedarf sieht, formlos mit einem einfachen Schreiben erfolgen. Auch Betroffene selbst können den Antrag stellen.
Der Antrag bzw. die Anregung sollte mindestens enthalten:
- Vor- und Zunamen der betroffenen Person, ihre Anschrift sowie den derzeitigen Aufenthaltsort
- eine Darstellung der Gründe für die Notwendigkeit einer Betreuung, insbesondere auch Angaben darüber, ob die hilfebedürftige Person sich zu der Betreuung äußern kann
- hilfreich sind Angaben zu Angehörigen und/oder Vertrauenspersonen
Welche Auswirkungen hat eine Betreuung für Betroffene?
Die Bestellung einer Betreuerin bzw. eines Betreuers ist keine Entmündigung. Sie hat nicht zur Folge, dass die betreute Person geschäftsunfähig wird. Die Wirksamkeit der von ihr abgegebenen Erklärungen beurteilt sich, wie bei allen anderen Personen, allein danach, ob sie deren Wesen, Bedeutung und Tragweite einsehen und ihr Handeln danach ausrichten kann. Solange und soweit die betreute Person ihre rechtlichen Angelegenheiten verantwortungsvoll selber erledigen kann, darf und sollte sie das auch tun. Es ist im Sinne des Gesetzgebers, wenn die Betreuerin oder der Betreuer zunächst nur beratend und kontrollierend - und nur soweit nötig vertretend - tätig ist.
Wie erfolgt die Auswahl der Betreuerin bzw. des Betreuers?
Die Betreuerin bzw. der Betreuer wird vom Betreuungsgericht bestellt. Dies kann eine der betreuten Person nahestehende Person aus dem Verwandten- bzw. Bekanntenkreis sein oder eine sonst ehrenamtlich tätige Person. Die Betreuung kann auch einer selbständigen Berufsbetreuerin bzw. einem selbstständigen Berufsbetreuer oder einem Mitglied eines Betreuungsvereins übertragen werden. Nur ausnahmsweise können mehrere Betreuungspersonen bestellt werden, wenn dies aus besonderen Gründen sinnvoll erscheint. Bei der Auswahl der Betreuerin bzw. des Betreuers sind Vorschläge und Wünsche der betroffenen Person maßgeblich zu berücksichtigen, soweit dies ihrem bzw. seinem Wohl nicht widerspricht.
Mit einer Betreuerverfügung kann jeder bereits im Voraus festlegen, wen das Gericht als rechtliche Betreuerin oder rechtlichen Betreuer bestellen soll. Das Gericht ist dann an diese Wahl gebunden, sofern die gewünschte Person zur Führung einer Betreuung geeignet ist.
Welche Aufgaben hat die Betreuerin bzw. der Betreuer?
Die Betreuerin bzw. der Betreuer soll die betreute Person darin unterstützen ihre bzw. seine Angelegenheiten rechtlich eigenständig zu besorgen. Die Betreuerin bzw. der Betreuer soll von ihrer bzw. seiner Vertretungsmacht erst Gebrauch machen, wenn dies erforderlich ist.
Wenn eine Vertretung erforderlich wird, so erfolgt diese in den übertragenen Aufgabenbereichen. Die Betreuerin bzw. der Betreuer hat insoweit die Stellung eines gesetzlichen Vertreters. Die Betreuerin bzw. der Betreuer hat die ihr bzw. ihm übertragenen Aufgaben so zu erledigen, wie es dem Wohl der betreuten Person entspricht. Sie bzw. er hat auf Vorstellungen und Wünsche der betreuten Person einzugehen sofern diese nicht den persönlichen oder wirtschaftlichen Verhältnissen der betreuten Person widersprechen.
Die Betreuerin bzw. der Betreuer ist in bestimmten Fällen dem Betreuungsgericht gegenüber zur Rechnungslegung über das verwaltete Vermögen verpflichtet. Besondere Rechtsgeschäfte wie z.B. Grundstücksgeschäfte, Erbauseinandersetzungen, eine Kündigung der Mietwohnung, Kreditaufnahmen oder besondere Geldanlagen bedürfen der ausdrücklichen Genehmigung des Betreuungsgerichts.
Wer beaufsichtigt das Handeln der Betreuerin bzw. des Betreuers?
Das Betreuungsgericht überwacht die gesamte Tätigkeit der Betreuerin bzw. des Betreuers. Diese bzw. dieser muss jährlich Bericht erstatten und, soweit sie bzw. er für Vermögensangelegenheiten zuständig ist, Rechnung legen. Sind Vater, Mutter, ein Ehegatte, ein Kind, Bruder oder Schwester zur Betreuerin bzw. zum Betreuer bestellt, sind diese von der jährlichen Rechnungslegung befreit.
Daneben ist es Aufgabe der Betreuungsbehörden der Kreise und kreisfreien Städte, die Verfügbarkeit und die Qualität der Arbeit von Berufsbetreuern zu gewährleisten.
Welche Kosten entstehen?
Mit einem Betreuungsverfahren sind Kosten verbunden, die unter Umständen die betroffene Person tragen muss. Gerichtskosten, die Kosten für ein ärztliches Gutachten, für Fahrtauslagen der Richterin/des Richters und für Zustellungen muss die betroffene Person übernehmen, wenn das Vermögen über 25.000,00 Euro liegt. Wird der Vermögensfreibetrag überschritten, ist eine laufende Gebühr von mindestens 200,00 Euro pro Jahr zu zahlen.
Für eine Betreuung, die ehrenamtlich geführt wird, muss die betroffene Person ab einem Vermögen von 10.000,00 Euro eine Aufwandsentschädigung von jährlich 425,00 Euro bezahlen, wenn diese von der ehrenamtlichen Betreuerin bzw. dem ehrenamtlichen Betreuer beim Betreuungsgericht beantragt wird.
Die Vergütungen für Verfahrenspfleger/innen und Berufsbetreuer/innen sind von der betroffenen Person ab einem Vermögen von 10.000,00 Euro und bei höherem Einkommen grundsätzlich selbst zu tragen. Ist die betreute Person mittellos, tritt die Staatskasse ein.
Wie hoch ist die Vergütung der Berufsbetreuer/innen?
Seit dem 27. Juli 2019 gilt eine neue Fassung des Gesetzes über die Vergütung von Vormündern und Betreuern (Vormünder- und Betreuervergütungsgesetz - VBVG). Die größte mit der Neuregelung verbundene Veränderung ist die Abkehr von einer bis dahin nach Stundensätzen und Stundenzahlen gewährten Vergütung. Stattdessen geht das Gesetz nunmehr von Fallpauschalen für die einzelnen Fallkonstellationen aus. Einzelheiten sind vor allem in den §§ 8 ff. VBVG und den ergänzenden Vergütungstabellen A, B und C geregelt. Die Anlage zu § 8 Absatz 1 VBVG finden Sie hier: Anlage zu § 8 Absatz 1 VBVG
Die Höhe der Vergütung richtet sich demnach grundsätzlich nach vier Kriterien. Anhand der Vorbildung der Betreuerin bzw. des Betreuers wird bestimmt, nach welcher der drei Vergütungstabellen sie bzw. er die Tätigkeit abrechnen kann. Innerhalb der jeweiligen Vergütungstabelle werden sodann unterschiedlich hohe Geldbeträge für verschiedene Fallkonstellationen genannt. Die Höhe der Vergütung richtet sich dabei nach
- der bisherigen Dauer der Betreuung,
- der Wohnform des Klienten (in einer Einrichtung oder in der eigenen Wohnung) sowie
- den finanziellen Verhältnissen des Klienten (mittellos oder "vermögend").
Betreuerinnen und Betreuer ohne nutzbare Fachkenntnisse für die Führung einer Betreuung werden auf Grundlage der Vergütungstabelle A vergütet. Die Monatspauschalen liegen hier zwischen 62,00 und 298,00 Euro. Betreuerinnen und Betreuer mit nutzbaren Fachkenntnissen, die sie durch eine abgeschlossene Lehre oder eine vergleichbare Ausbildung erworben haben, rechnen nach der Vergütungstabelle B ab (78,00 bis 370,00 Euro) und Betreuerinnen und Betreuer mit Fachkenntnissen, die sie durch eine Hochschul- oder eine vergleichbare Ausbildung erlangt haben, nach der Vergütungstabelle C (102,00 bis 486,00 Euro).
Die Eingruppierung richtet sich nach den gleichen Kriterien, die nach alter Rechtslage für die Bestimmung des Stundensatzes maßgeblich waren.