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Thema : Kommunales

Umsetzung des Urteils des Landesverfassungsgerichts vom 17. Februar 2023

Um ein Gerichtsurteil des Landesverfassungsgerichts zum kommunalen Finanzausgleichs umzusetzen, hat das Land einen Gutachter beauftragt. Dieser hat sich nun dafür ausgesprochen, den aktuellen Wert von 15,31 Prozent für die Teilschlüsselmasse der Zentralen Orte beizubehalten. Zugleich stellte er Probleme bei der Datengrundlage fest, die vor allem an der Vereinheitlichung des kommunalen Haushaltsrechts liegen, welche 2024 in den Kommunen abgeschlossen wurde.

Letzte Aktualisierung: 01.04.2025

Urteil des Landesverfassungsgerichts vom 17. Februar 2023

Das Landesverfassungsgericht hatte sich anlässlich einer kommunalen Verfassungsbeschwerde mit verschiedenen Aspekten des kommunalen Finanzausgleichs (FAG) auf Ebene der Gemeinden untereinander befasst. Im Wesentlichen ging es darum, ob und wie der Finanzausgleich berücksichtigt, dass sogenannte Zentrale Orte über die Versorgung der eigenen Einwohnerinnen und Einwohner hinaus auch Leistungen für das Umland erbringen.

Schlüsselzuweisungen für Zentrale Orte

Zum Ausgleich ihrer übergemeindlichen Aufgaben für die Einwohnerinnen und Einwohner ihres Verflechtungs- beziehungsweise Versorgungsbereichs erhalten die Zentralen Orte und Stadtrandkerne besondere Schlüsselzuweisungen aus dem kommunalen Finanzausgleich. Die Höhe der Zuweisungen wird jährlich neu festgesetzt. 2024 bekommt zum Beispiel ein Mittelzentrum etwa 3,324 Millionen Euro und ein Stadtrandkern zweiter Ordnung fast 250.000 Euro.

Das Gericht hatte die Verfassungsbeschwerden in den meisten Punkten zurückgewiesen. Dabei hatte es die eigenständige Teilschlüsselmasse für die Zentralen Orte ausdrücklich bestätigt. Diese Teilschlüsselmasse ist der Teil aller Schlüsselzuweisungen, die die Zentralen Orte zum Ausgleich übergemeindlicher Aufgaben erhalten. Eine angemessene Berücksichtigung der Aufgaben der Zentralen Orte im Finanzausgleich sei demnach gerechtfertigt und sogar erforderlich. Das Gericht hatte zudem bestätigt, dass der Finanzausgleich dabei an die Kategorien des Landesplanungsrechts anknüpfen darf.

Das Gericht hatte jedoch die Ermittlung der Quote der Teilschlüsselmassen für die Zentralen Orte und in der Folge die Quote für die Gemeinden gerügt und als mit der Verfassung unvereinbar eingestuft. Der Gesetzgeber muss die verfassungswidrige Rechtslage spätestens bis zum 31. Dezember 2024 durch eine Neuregelung beseitigen. Bis dahin bleiben die verfassungswidrigen Bestimmungen des FAG anwendbar.

Für die wissenschaftliche Begleitung hatte das Innenministerium daraufhin das Steinbeis-Forschungszentrum Regionalwirtschaft, Innovationssysteme und Kommunalfinanzen in Greifswald beauftragt.

Gutachter stellt Problem bei der Datengrundlage fest

Ende November 2023 informierten die Gutachter darüber, dass sie nicht plausible Daten bei den zentralörtlichen Aufgaben festgestellt hatten. Nach weiterer Prüfung unter Einbindung des Statistischen Amts für Hamburg und Schleswig-Holstein haben die Gutachter im Dezember 2023 eine ausführliche Beschreibung einer Datenproblematik vorgelegt.

Grundlage für die vom Gericht geforderte bedarfsorientierte Ermittlung der Dotierung der Teilschlüsselmasse für Zentrale Orte sollten die kommunalen Rechnungsergebnisse der amtlichen Statistik sein.

Die Daten sind aufgrund bundesrechtlicher Vorgaben nach kameraler Gliederung und Gruppierung aufgeschlüsselt. Eine doppische Statistik existiert noch nicht. Die Daten der doppisch buchenden Kommunen werden mit der Meldung an das Statistische Amt in die kamerale Systematik überführt. Das Problem ist nun, dass bei den doppisch buchenden Kommunen die Daten der sogenannten inneren Verrechnungen in der Meldung an das Statistische Amt für Hamburg und Schleswig-Holstein nicht enthalten sind. Diese Daten liegen damit nicht statistisch auswertbar vor. Dabei handelt es sich um Erträge und Aufwendungen aus internen Leistungsbeziehungen in der doppischen Systematik. Werden Aufgaben verwaltungsintern in zentralen Einrichtungen der Kommunen gebündelt, zum Beispiel in einem zentralen Gebäudemanagement, so müssen die entsprechenden Anteile im Nachgang den einzelnen Aufgaben zugeordnet werden, um ein vollständiges Bild zu erhalten.

Ohne die Berücksichtigung der inneren Verrechnungen würden die Aufwendungen vieler Aufgabenbereiche systematisch unterschätzt. Die Problematik trifft vornehmlich die größeren Kommunen und damit Zentrale Orte. Die Kehrseite ist, dass in kreisfreien Städten die Zuschussbedarfe der Hauptverwaltung deutlich über den Werten des kreisangehörigen Raumes liegen. Die Zuschussbedarfe der Hauptverwaltung werden aber nun nicht den übergemeindlichen Aufgaben zugeordnet. Damit wird der Anteil der übergemeindlichen Aufgaben an den Zuschussbedarfen unterschätzt.

Eine Prüfung einzelner Jahresabschlüsse zeige, dass die Daten zur internen Leistungsverrechnung in den Jahresabschlüssen vorliegen. Die Jahresabschlüsse liegen allerdings nicht flächendeckend in einer statistisch auswertbaren Form vor und können daher nicht als landeseinheitliche Datenquelle genutzt werden. Es lasse sich aber ersehen, dass interne Verrechnungen oft im Bereich der übergemeindlichen Aufgaben stattfänden.

Die Gutachter ziehen daraus die Konsequenz, dass eine belastbare aufgabenbezogene Auswertung auf Basis der kommunalen Rechnungsergebnisse – also der Statistik – in Schleswig-Holstein aktuell nicht möglich ist. Diese Datenlage umfasst zwar die Summe aller gemeindlichen Aufgaben, bietet aber nicht die notwendige Grundlage für die Zuordnungen in übergemeindliche und nicht-übergemeindliche Anteile.

Gutachter grenzt Korridor ein

Die Gutachter haben daher nach anderen Wegen gesucht, den Anpassungsbedarf der Dotierung der Teilschlüsselmasse für Zentrale Orte bestmöglich zu ermitteln. Sie haben als Überprüfungsverfahren vorgeschlagen einen Korridor zu bilden, in dessen Breite der Wert für die Dotierung liegt. Zusätzlich grenzen weitere Untersuchungen den Korridor ein.

  • Als erstes erfolgt eine Berechnung des Anteils der Zentralen Orte an den übergemeindlichen Aufgaben nach den vorliegenden Daten und damit nach der ursprünglich angedachten Berechnungsmethode. Durch die Datenproblematik kommt es damit zu einem deutlichen Unterschätzen des Anteils. Dies bildet damit die untere Korridorgrenze.
  • Als nächstes erfolgt zusätzlich die Berechnung unter Einbeziehung der Bereiche, zu denen interne Leistungsbeziehungen bestehen (wie Einrichtungen für die gesamte Verwaltung). Dadurch kommt es zu einem Überschätzen des Anteils der Zentralen Orte, da nicht nur bei deren zentralörtlichen Aufgaben interne Verrechnungen vorgenommen werden. Dies bildet damit die obere Korridorgrenze.
  • Der nächste Schritt besteht darin, den Korridor einzugrenzen und zu validieren. Hierfür konnte dank der Unterstützung des Beirats für den kommunalen Finanzausgleich, einer Vielzahl von Kommunen und des Unternehmens Axians IKVS GmbH eine belastbare Stichprobe von doppischen Rechnungsstatistiken verwendet werden.
  • Zudem wurden die Deckungsquoten sowie soziodemographische Rahmenbedingungen und sozioökonomische Entwicklungen dahingehend untersucht, ob sich hieraus Tendenzen zu den Quoten ableiten lassen.

Ergebnis des Gutachtens

Die Gutachter haben ihr Gutachten vorgelegt, der Arbeitsgruppe Kommunaler Finanzausgleich und dem Beirat die Ergebnisse vorgestellt und diese mit ihnen erörtert.

Der ermittelte Korridor, in dem der Wert der Teilschlüsselmasse für Zentrale Orte liegt, sei eher breit. Die Untergrenze liege bei 6,89 Prozent, die Obergrenze bei bis zu 25,11 Prozent. Die Stichprobe mit den kommunalen Finanzdaten lasse eine Eingrenzung des Korridors zu. Rechnerisch ergebe sich eine Teilschlüsselmassenquote von 15,39 Prozent, die damit nah am aktuellen Wert von 15,31 Prozent liege. Dabei weisen die Gutachter darauf hin, dass das genutzte Verfahren der Ermittlung und Korrektur des Gewichts der Teilmasse für übergemeindliche Aufgaben aufgrund der Datenproblematik und der nur hilfsweise genutzten Stichprobe kein Ersatz für eine Datenbasis mit vollumfassenden Jahresrechnungsstatistiken sei. Die zusätzlichen Untersuchungen ließen kurzfristig keine signifikanten Anpassungsbedarfe vermuten.

Insgesamt sprechen sich die Gutachter für eine Beibehaltung des aktuell festgesetzten Wertes von 15,31 Prozent für die Teilschlüsselmasse der Zentralen Orte aus. Die rechnerische Annäherung an das Gewicht der Teilmasse auf Basis der Zuschussbedarfe habe ergeben, dass der derzeit genutzte Wert auch nach wie vor die Verhältnisse sachgerecht repräsentiert.

Landesregierung legt Gesetzentwurf vor

Die Landesregierung hat sich zu dem Gutachten und den daraus resultierenden Erkenntnissen im Rahmen verschiedener Gremien, wie dem Beirat für den kommunalen Finanzausgleich, sowie der förmlichen Anhörungen der Landesverbände der Gemeinden und Kreise mit den Beteiligten ausführlich auseinandergesetzt und beraten. Der intensive Austausch mit dem Steinbeis-Forschungszentrum Regionalwirtschaft, Innovationssysteme und Kommunalfinanzen und mit den kommunalen Landesverbänden hat verdeutlicht, dass eine gegenüber dem jetzigen Verfahren alternative Vorgehensweise ohne die Nutzung der derzeitigen Jahresrechnungsstatistiken für die Ermittlung der Bedarfe für Zentrale Orte für dieses Gesetzgebungsverfahren nicht benannt werden kann.

Die zu Grunde gelegte Vorgehensweise mit der Bildung eines Korridors einschließlich der Ermittlung der Korridorgrenzen, der Verwendung einer ausreichend belastbaren Stichprobenbreite und dem Hinzuziehen soziodemographischer Rahmenbedingungen und sozioökonomischer Entwicklungen ist schlüssig und zeichnet ein deutliches Bild. Dem Auftrag entsprechend ist es so gelungen, sich der tatsächlichen Dotierungshöhe für die Teilschlüsselmasse der Zentralen Orte bestmöglich anzunähern. Die Erkenntnisse zu den Deckungsquoten verdeutlichen zudem, dass die Teilschlüsselmassenquote für Zentrale Orte nicht überdotiert ist.

Die Landesregierung legt dementsprechend einen Gesetzentwurf (Drucksache 20/2528) vor, der im Wesentlichen der Urteilsumsetzung dient und zudem unabhängig davon weitere Änderung sowohl des Finanzausgleichsgesetzes als auch der Gemeindeordnung beinhaltet.

Landtag verabschiedet Gesetz zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes und der Gemeindeordnung

Der intensive Austausch zur Urteilsumsetzung hat sich im parlamentarischen Verfahren, einschließlich einer weiteren Anhörung, fortgesetzt. Im Ergebnis ist festzuhalten, dass insgesamt auf dem beschriebenen Wege eine Plausibilisierung der Quote für die Teilschlüsselmasse für die Zentralen Orte nach § 4 Absatz 1 Nummer 3 in Höhe von 15,31 Prozent und damit in der Folge auch für die Teilschlüsselmasse für die Gemeinden nach § 4 Absatz 1 Nummer 1 in Höhe von 30,73 Prozent gelungen ist.

Der Landtag hat das Gesetz zur Änderung des Finanzausgleichsgesetzes und der Gemeindeordnung entsprechend beschlossen (GVOBl. Schl.-H. S. 957). Die Urteilsumsetzung ist am 1. Januar 2025 in Kraft getreten.

Hinweis zur Barrierefreiheit

Das Gutachten ist nicht barrierefrei. Sollte Ihr Vorleseprogramm die Datei nicht korrekt wiedergeben, wenden Sie sich bitte an Klaas Rosenthal unter der Telefonnummer 0431 988-3102.

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