KIEL. Zum 1. Januar 2024 tritt das im Dezember 2019 verabschiedete neue Soziale Entschädigungsrecht (Vierzehntes Buch Sozialgesetzbuch -SGB XIV-) vollständig in Kraft. Damit wird das gesamte Soziale Entschädigungsrecht gebündelt und neu strukturiert.
„Das neue Soziale Entschädigungsrecht stellt einen bedeutenden Fortschritt dar, indem es die Transparenz und Rechtsklarheit erhöht, den Zugang zu schnell wirksamen Leistungen erleichtert, den Kreis der Leistungsberechtigten erweitert und den Teilhabegedanken stärkt. Es ist ein wichtiger Schritt in Richtung einer gerechteren und effektiveren Entschädigungspraxis in Deutschland“, sagte Sozialstaatssekretär Johannes Albig heute in Kiel.
Ein Recht auf Soziale Entschädigung hat in Deutschland jede Person, die einen gesundheitlichen Schaden erleidet, für dessen Folgen die Gemeinschaft in besonderer Weise einzustehen hat. Dazu gehören Gewaltopfer einschließlich Terroropfer, von den Kriegsauswirkungen beider Weltkriege Betroffene, Geschädigte durch Ereignisse im Zusammenhang mit der Ableistung des Zivildienstes und durch Schutzimpfungen Geschädigte sowie ihre Angehörigen und Hinterbliebenen.
Die bisherigen gesetzlichen Grundlagen, wie z.B. das Bundesversorgungsgesetz (BVG), das Opferentschädigungsgesetz (OEG) und Bestimmungen im Infektionsschutzgesetz (IfSG) werden durch das neue Vierzehnte Buch Sozialgesetzbuch (SGB XIV) abgelöst. Es gibt dann eine alleinige anspruchs- und leistungsrechtliche Grundlage für alle Ansprüche der Sozialen Entschädigung.
Mit den Leistungen des SGB XIV wird die Lebenssituation der Berechtigten verbessert. Ihnen sollen alle Hilfen bereitgestellt werden, die notwendig sind, damit sie so schnell wie möglich wieder in ihren Alltag zurückkehren können und die Folgen eines schädigenden Ereignisses - z.B. einer Gewalttat - bewältigen.
Die wichtigsten Änderungen im Überblick:
1. Unterstützung für mehr Menschen
Ein zentraler Punkt des SGB XIV ist die Ausweitung des Kreises der Berechtigten, die Leistungen des Sozialen Entschädigungsrechts beziehen können. Bei Betroffenen von Gewalttaten werden nun sowohl Opfer von körperlicher, als auch von psychischer Gewalt berücksichtigt. Des Weiteren können Schockschadensopfer – Menschen, die zwar nicht direkte Opfer, aber durch das Miterleben der Tat beeinträchtigt sind – unabhängig von ihrer emotionalen Beziehung zum Opfer Leistungen erhalten. Darüber hinaus wird das Soziale Entschädigungsrecht unabhängig von Staatsangehörigkeit und Aufenthaltsstatus angewendet.
2. Erleichterter Zugang zu schnell wirksamen Leistungen
Das SGB XIV stellt sicher, dass Betroffene durch schnelle Hilfen in einem erleichterten niedrigschwelligen Verfahren zeitnah unterstützt werden. Dies bezieht sich auf die Soforthilfe in einer Traumaambulanz, die das SGB XIV seit 2021 vorsieht und in Schleswig-Holstein bereits seit 2011 mit einzelnen Institutionen gewährleistet. Ein weiterer Aspekt des SGB XIV ist das Fallmanagement, das Betroffene im Antrags- und Verwaltungsverfahren unterstützt und begleitet.
3. Wesentliche Erhöhung der monatlichen anrechnungsfreien Entschädigungsleistungen
Die bisherigen Geldleistungen werden zu monatlichen Entschädigungsleistungen zusammengefasst und deutlich erhöht. Für bereits bestehende Leistungsfälle wird durch umfassende Besitzstandsregelungen ebenfalls eine gute Absicherung gewährleistet. Ein Wahlrecht ermöglicht den Wechsel in das neue Recht, gibt diesen jedoch nicht zwingend vor.
4. Stärkung des Teilhabegedankens
Das neue SGB XIV stärkt den Teilhabegedanken, indem es die Bereitstellung von Teilhabeleistungen grundsätzlich ohne Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen vorsieht.
5. Verbesserungen für Opfer sexueller Gewalt
Das neue Gesetz bringt auch Verbesserungen für Opfer sexueller oder psychischer Gewalt. Dazu gehört eine neue Regelung zur Beweiserleichterung. Zudem fallen nun auch Handlungen im Zusammenhang mit Kinderpornografie unter die Entschädigungstatbestände. Grundsätzlich fallen alle Taten gegen die sexuelle Selbstbestimmung, unabhängig vom Alter der Betroffenen, unter den überarbeiteten Gewaltbegriff, der Voraussetzung für den Anspruch auf Leistungen nach dem SGB XIV ist.
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