Mit einer Raumverträglichkeitsprüfung (früher Raumordnungsverfahren) wird ermittelt, ob ein konkretes Vorhaben von überörtlicher Bedeutung mit den Zielen und Grundsätzen der Raumordnung übereinstimmt. Und es wird die Abstimmung mit Planungen und Maßnahmen anderer Planungsträger geprüft.
Raumverträglichkeitsprüfungen werden zum Beispiel durchgeführt, wenn Schienenstrecken oder große Leitungstrassen neu gebaut oder geändert werden sollen. Durch eine Raumverträglichkeitsprüfung werden frühzeitig konkurrierende Nutzungsansprüche an den Raum ermittelt und im Einzelfall aufeinander abgestimmt. Außerdem können so Kompromisslinien aufgezeigt werden und Konflikte lassen sich vor dem eigentlichen Planfeststellungsverfahren entschärfen.
Eine Raumverträglichkeitsprüfung ist wegen ihres fachübergreifenden Charakters besonders geeignet, die oftmals widerstreitenden Planungen und Nutzungsansprüche in Einklang zu bringen. Sie schließt die Prüfung von Trassen- und Standortalternativen ein. Mit Hilfe der Umweltverträglichkeitsprüfung, die in das Verfahren integriert ist, ist die Raumverträglichkeitsprüfung außerdem darauf ausgerichtet, Eingriffe in schützenswerte Bereiche abzuwenden oder unvermeidbare Eingriffe und Umweltbelastungen auf ein erträgliches Maß zu reduzieren.
Das Ergebnis einer Raumverträglichkeitsprüfung entfaltet keine unmittelbare Rechtswirkung gegenüber Vorhabenträgern und Einzelnen. Sie ersetzt nicht Genehmigungen, Planfeststellungen oder sonstige behördliche Entscheidungen über die Zulässigkeit eines Vorhabens. Das Ergebnis der Prüfung ist aber in den nachfolgenden Zulassungsverfahren zu berücksichtigen. Aufgrund des eher behördenverbindlichen Charakters und der fehlenden unmittelbaren Rechtswirkung nach außen kann das Ergebnis einer Raumverträglichkeitsprüfung nicht mit einem Rechtsmittel angegriffen werden.
Grundlagen
Rechts- und Verfahrensgrundlagen für die Durchführung sind das Raumordnungsgesetz (ROG), das Landesplanungsgesetz Schleswig-Holstein (LaPlaG) und die Raumordnungsverordnung (RoV).
Verfahrensschritte
Vorstellung des Vorhabens bei der Landesplanungsbehörde
Grundsätzliche Entscheidung über die Erforderlichkeit einer Raumverträglichkeitsprüfung durch die Landesplanungsbehörde. Ob eine Raumverträglichkeitsprüfung durchgeführt wird oder nicht, ist alleine eine Entscheidung der Landesplanungsbehörde, auf die kein Rechtsanspruch besteht
Einladung zur Erörterung des Vorhabens mit der Trägerin (Gegenstand, Umfang und Methoden) durch die Landesplanungsbehörde. Ziel des Erörterungstermins ist die Festlegung (Festlegungsprotokoll) der von der Vorhabenträgerin für die Durchführung der Raumverträglichkeitsprüfung zu fertigenden Unterlagen
Vorlage der Unterlagen bei der Landesplanungsbehörde und Prüfung auf Vollständigkeit
Eröffnung des Verfahrens durch Information/Beteiligung folgender Stellen: Gemeinden und Kreise, Landes- und Bundesbehörden, Verbände und Sonstige Planungsträger
Einbeziehung der Öffentlichkeit durch vierwöchige Auslegung nach öffentlicher Bekanntmachung (ortsüblich)
Frist für die Übersendung der Stellungnahmen an Landesplanungsbehörde (in der Regel 6-8 Wochen nach Einleitung)
Überprüfung der Auswirkungen des Vorhabens unter überörtlichen und fachlichen Gesichtspunkten und Abstimmung mit den Zielen und Erfordernissen der Raumordnung (= raumordnerische Umweltverträglichkeitsprüfung)
Ermittlung und Beschreibung der Auswirkungen des Vorhabens auf der Grundlage der für die raumordnerische Beurteilung erforderlichen Unterlagen und der von den beteiligten Stellen und der Öffentlichkeit vorgelegten Stellungnahmen, ergänzt um eigene Ermittlungen der Landesplanungsbehörde
(= raumordnerische Beurteilung)
Abschluss der Raumverträglichkeitsprüfung innerhalb von 6 Monaten und Versendung der landesplanerischen Beurteilung (raumordnerischer Abschluss) an alle Beteiligten. Das Verfahrensergebnis ist im nachfolgenden Verfahren zu berücksichtigen; keine Bindung gegenüber der Vorhabenträgerin oder dem Einzelnen
Information der Öffentlichkeit durch Auslegung des Ergebnisses (ortsüblich).
Das Ergebnis der Raumverträglichkeitsprüfung muss in den nachfolgenden Zulassungsverfahren berücksichtigt werden.
Beispiele
Errichtung und Betrieb einer Deponie der Klasse I an der B76 Gammelby/ Kosel
2022 hat die Landesplanungsbehörde geprüft, ob am Standort einer ehemaligen Kiesabbaufläche an der B76 nahe der Ortschaften Kosel und Gammelby im Kreis Rendsburg-Eckernförde die Errichtung einer neuen Deponie der Klasse I (Bauschuttdeponie) mit den Erfordernissen der Raumordnung vereinbar wäre.
Erdgastransportleitung von Brunsbüttel nach Hetlingen/Stade
Die Landesplanungsbehörde hat 2019 ein Raumordnungsverfahren zur Errichtung der Erdgastransportleistung ETL 180 von Brunsbüttel nach Hetlingen bzw. Stade durchgeführt. Ziel des Verfahrens war es, die raumverträglichste Trasse für den Neubau einer circa 55 bis 65 km langen Erdgastransportleitung zu finden und die Belange der Bevölkerung dabei möglichst früh einzubinden. Im Ergebnis waren nur die Trassenalternativen, die ausschließlich in Schleswig-Holstein verliefen, mit den Erfordernissen der Raumordnung vereinbar. Die übrigen Trassenvarianten wiesen aufgrund der Elbunterquerung teilweise deutliche Nachteile auf (z.B. Umweltschutzbelange oder deutlich höhere Kosten).
Schienenanbindung Fehmarnbeltquerung
2014 hat die Landesplanungsbehörde Schleswig-Holstein das Raumordnungsverfahren zur Schienenanbindung der Festen Fehmarnbeltquerung durchgeführt, dessen Ergebnisse im Mai 2014 der Öffentlichkeit vorgestellt wurden.
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