Sehr geehrte Damen und Herren,
bei der Frage, ob Familien weitere Kinder wollen oder nicht, steht ganz die Frage im Vordergrund:
"Können wir uns eigentlich ein weiteres Kind leisten?"
Die bittere Realität ist: das Armutsrisiko von Familien ist ganz eng gekoppelt an die Anzahl der Kinder, die sie haben.
Bevor ich auf die Zahlen und den Inhalt des Berichts eingehe, möchte ich mich beim SSW für den Berichtsantrag bedanken.
Denn in der Erarbeitung wurde deutlich, dass wir zwar viele Erkenntnisse über die Situation von kinderreichen Familien haben, uns teilweise aber nur auf bundes- und nicht auf landesspezifische Werte beziehen können.
Wir haben uns deshalb dazu entschieden, Mehrkindfamilien im nächsten Sozialbericht mit einem gesonderten Kapitel genauer in den Blick zu nehmen.
Nun zu den wesentlichen Erkenntnissen aus unserem Bericht:
In Schleswig-Holstein leben 404 Tausend Familien mit Kindern.
Davon sind 53 Tausend, also 13,1 Prozent, Familien mit mehr als zwei Kindern.
Nicht alle kinderreichen Familien sind gleich: neben klassischen Mehrkindfamilien gibt es immer mehr Patchworkfamilien.
Ganz unabhängig davon, wie die Familiensituation in der Familie ist: Kinder haben einen deutlichen Einfluss auf die finanzielle Situation.
Für Familien mit einem Kind lag das Medianeinkommen 2023 bei 2.124 Euro pro Person netto.
Bei zwei Kindern sinkt das Pro-Kopf-Einkommen um 175 Euro, liegt also bei 1.949 Euro.
Sobald es aber drei Kinder sind, sinkt der Wert drastisch, und zwar um 461 Euro.
Hier sprechen wir also von einem Medianeinkommen von 1.488 Euro pro Kopf.
Was ist die Konsequenz?
Mehr als ein Drittel der Familien mit mehreren Kindern lebt unterhalb der Einkommensarmutsgrenze.
Sie können ihren Lebensunterhalt also nicht durch die Arbeit selbst finanzieren, sondern sind auf staatliche Leistungen angewiesen.
Die wichtigste Sozialleistung ist dabei das Bürgergeld.
Familien mit mehr als zwei Kindern müssen ihr Einkommen doppelt so oft aufstocken wie kleinere Familien.
Und das, obwohl die Eltern genauso oft arbeiten gehen wie Eltern von kleineren Familien.
Wir haben hier im Parlament bereits öfter über die Bedeutung und Auswirkungen von Armut, gerade für Kinder, gesprochen:
- Weniger Spielraum im Alltag, weil jede Ausgabe doppelt überlegt werden muss.
- Weniger Teilhabe, weil Klassenfahrten oder Vereinsmitgliedschaften zu teuer sind.
- Und schlichtweg weniger Chancen, weil Kinder erleben, dass ihre Familie trotz Arbeit kaum über die Runden kommt.
Für uns ist klar: Kinder zu bekommen, darf keine Armutsfalle werden.
Und wenn wir uns vor Augen führen, dass gerade kinderreiche Familien Sozialleistungen in Anspruch nehmen, dann müssen wir das als Staat auch sicherstellen.
Aber auch auf Landesebene leisten wir unseren Anteil und unterstützen Familien auf unterschiedliche Weise:
- Wir haben einen gedeckelten Kita-Beitrag und eine Geschwisterermäßigung.
- Wir bauen Ganztagsangebote aus, damit Eltern ihre Kinder gut betreut wissen, während sie arbeiten.
- Wir finanzieren das Deutschland-Schulticket mit, damit Kinder günstig und sicher zur Schule, dem Sportverein oder ihren Freund*innen kommen können.
- Wir fördern Ferien- und Freizeitmaßnahmen, die es auch Familien mit kleinerem Einkommen ermöglichen, Urlaub zu machen oder ihren Kindern Ferienerlebnisse zu schenken.
Sehr geehrte Damen und Herren,
Wir brauchen eine Gesellschaft, die Kinderreichtum nicht als Belastung sieht, sondern als das, was es ist: ein Geschenk.
Für die Familien selbst und für uns alle.
Vielen Dank.