Bei aller berechtigten Kritik und auch dem Wunsch, den Vollzug bei Rückführungen zu verbessern, müssen wir aufpassen, dass wir die Handlungsfähigkeit des Staates nicht schlechter reden als sie ist.
Die Zahlen machen das deutlich:
In diesem Jahr wurden allein 833 Personen zurückgeführt.
Das sind schon jetzt fast so viele Menschen, wie im gesamten letzten Jahr.
Wo hakt es?
Mal sind es unklare Zuständigkeiten oder Kommunikationsabbrüche.
Mal die hohe Arbeitsbelastung in den Behörden.
Menschen, die untertauchen.
Komplexe Fälle.
Fehlende Rücknahmeabkommen.
Jetzt steht die berechtigte Frage im Raum, wie wir als Land die Kommunen stärker bei ihrer Aufgabe unterstützen können.
Schon heute unterstützen wir als Land die Kommunen bei den Rückführungen.
Ich mache es konkret: Bei 60% der 340 zwangsweisen Rückführungen haben wir Amtshilfe für die Kommunen geleistet.
Das Landesamt trifft sämtliche organisatorischen Vorbereitungen. Übernimmt die Passersatzbeschaffung. Führt in Amtshilfe für die Ausländerbehörden die Abschiebungen durch.
Die Kreise und kreisfreien Städte bleiben nach wie vor für aufenthaltsrechtliche Maßnahmen und Entscheidungen verantwortlich.
Und ich wiederhole nochmal, was ich auch bereits im März deutlich gemacht habe:
Es gibt für die Ausländerbehörden schon jetzt die Möglichkeit, bestimmte Aufgaben zu zentralisieren und sich zusammenzuschließen.
Die Kommunen können also schon jetzt in vielen Bereichen zusammenarbeiten, wenn sie das wollen.
Wir stehen da als Land nicht im Weg.
Neu ist nun und das habe ich im Ausschuss vor zwei Wochen bereits gesagt: Anders als im März, sind wir bereit, die Kommunen stärker durch die Zentralisierung der Personen rund um Mehrfach- und Intensivtäter zu unterstützen.
Wir haben uns als Landesregierung außerdem gemeinsam mit den Kommunen auf ein Verfahren geeinigt, bis Dezember weitere Fragen von Zentralisierung und Spezialisierung gemeinsam zu beantworten.
Und dann steht die Forderung nach der kompletten Übernahme der Rückführung als Land im Raum.
Macht es Sinn, wenn man Prozesse beschleunigen möchte, eine neue Behörde zu schaffen?
Ist die schlichte Kompetenzverlagerung von Kommunen auf Land das Allheilmittel?
Es ist richtig sich anzuschauen, wo wir als Land besser werden können, aber es ist wirklich weltfremd, so zu tun als wären nationale und internationale Kompetenzen hier nicht gefragt: Rücknahmeabkommen und Zusammenarbeit mit den Herkunftsländern, GEAS, nationale Gesetze und vieles mehr.
Wo stehen wir und wie sieht der aktuelle Plan aus?
Schon jetzt gibt es zwei Arbeitsgruppen zur fachaufsichtlichen Begleitung von aufenthaltsrechtlichen Maßnahmen im Sinne einer ganzheitlichen Bekämpfung im Bereich der Terrorismus- und Kriminalitätsbekämpfung:
Nun geht es darum, die rechtlichen und organisatorischen Grundlagen zu schaffen für die Übernahme der Fälle der Mehrfach- und Intensivtäter.
Das bedeutet konkret:
Die Änderung des Landesaufnahmegesetzes.
Die Änderung der Ausländer- und Aufnahmeverordnung.
Mehr – und ganz wichtig qualifiziertes - Personal, damit das dann auch wirklich stattfinden kann.
Gemeinsam mit dem Justiz- und Innenministerium werden wir einen Kriterienkatalog entwickeln, die diese besonders bedeutsamen Einzelfälle definiert und weitere Hürden im Bereich des Datenaustausches abbauen.
Diese Kriterien werden sich im Wesentlichen an dem Ausweisungsinteressen im Aufenthaltsgesetz orientieren.
Wie geht es nun weiter?
Sobald die Abstimmungen mit den Kommunen abgeschlossen sind, werden wir die gesetzlichen Rahmenbedingungen schaffen, so wie der Koalitionsantrag es fordert.
Das werden wir dem Parlament als Formulierungshilfe zur Verfügung stellen.
Immer wenn wir über Verfahrensbeschleunigung sprechen, braucht es Personal und Digitalisierung.
Wir setzen uns deshalb dafür ein, dass die Bundespauschale für die Kommunen künftig auch Personalkosten berücksichtigt.
Zusätzlich dazu haben wir den Kommunen 1,5 Mio. € bereits bereitgestellt für Personal in den Ausländerbehörden.
Und im vergangenen Jahr wurde den Kommunen 34 Mio. vom Bund bereitgestellt, die unter anderem für die Digitalisierung der Ausländerbehörden gedacht sind.
Wir brauchen auch mehr Personal für Bereiche wie Arbeitsmarktintegration.
Wir wollen Menschen ab dem ersten Tag in Arbeit bringen.
Und das aus mehreren Gründen:
Erstens: Weil Arbeit zusammenführt.
Zweitens: Weil die allermeisten arbeiten wollen.
Sie wollen für sich selbst und ihre Familien sorgen können und unabhängig von staatlicher Unterstützung sein.
Einen gesellschaftlichen Beitrag leisten, damit dieses Land so schön bleibt, wie es ist.
Das ist doch genau der richtige Weg und genau diesen Weg wollen wir als schwarz-grüne Landesregierung unterstützen!
Drittens: Weil wir einen Fachkräftemangel haben.
Es gibt Fachkräfte-Initiativen, mit denen extra Fachkräfte aus dem Ausland angeworben werden, damit sie hier arbeiten.
Zu einer echten Fachkräfte-Initiative, gehört aber schlicht und ergreifend, auch die Geflüchteten, die hier leben, einen Zugang zum Arbeitsmarkt zu ermöglichen.
Wir leben in einem Land, in dem wir gut ausgebildete Menschen haben.
In medizinischen Gesundheitsberufen, in der Logistik, im Handwerk, in der Erziehung.
Sie dürfen nicht arbeiten, weil ihr Abschluss beispielsweise nicht anerkannt wird.
Wir müssen Menschen diese Chance in diesem Land ermöglichen.
Wir brauchen ihre Expertise!
Ich freue mich darüber, dass wir mit unseren Pilotprojekten in Boostedt und Rendsburg eine gute Maßnahme ins Leben gerufen haben, die die Arbeitsmarktintegration für Menschen aus den Erstaufnahmeeinrichtungen heraus besser und unkomplizierter gestaltet.
Diese Landesregierung hat es sich zur Aufgabe gemacht Menschen zu unterstützen und nicht ihnen weitere Steine in den Weg zu legen!
Und wir arbeiten weiter daran.
Perspektivisch möchte ich dieses Projekt in allen Landesunterkünften etablieren.
Und wir werden uns weiter für gesetzliche Änderungen auf Bundesebene einsetzen, damit Hindernisse bei der Beschäftigungserlaubnis abgebaut werden.
Wir brauchen eine Migrationspolitik, die alle Bereiche von Aufnahme, über Integration bis hin zu Rückführung gleichermaßen im Blick hat.
Das in Einklang zu bringen, Strukturen zu schaffen, die das möglich machen, das ist eine Aufgabe, die anspruchsvoll ist, der wir uns als Regierung aber gerne und voller Tatendrang widmen.
Vielen Dank.