Sehr geehrte Damen und Herren,
Ich möchte damit beginnen, dass es richtig war, dass die Vorgängerregierung und namentlich Heiner Garg und Matthias Badenhop die Kita-Reform auf den Weg gebracht haben.
Die Kitas in Schleswig-Holstein sollten vom Kopf auf die Füße gestellt werden. Denn wir hatten keine vergleichbaren Verhältnisse in der KiTa-Landschaft. Und unser Anspruch als Land muss sein, dass jedes Kind die gleichen Chancen hat, frühkindliche Bildung zu erhalten.
Dass alle Eltern hier im Land ihr Kind in einer Kita oder bei der Kindertagespflege betreuen lassen können und dass das für alle Familien gleichermaßen bezahlbar ist.
Egal ob sie in Reinbek, Ahrensburg oder Flensburg leben.
Das war der Anspruch und das ist in großen Teilen gelungen. Das hat die Evaluation des Gesetzes gezeigt, die wir vor 3 Monaten hier im Parlament diskutiert haben.
Bei diesem Reformprojekt gab es aber auch viele Unbekannte, denn das System basierte auf Annahmen. Man hatte keine Zahlen, Daten und Fakten.
Und eine der größten Unbekannten war: Wie teuer wird das neue Kita Gesetz tatsächlich sein?
Die letzten 3 Jahre wurde wissenschaftlich erhoben, ob diese Annahmen stimmten und das Geld das Land, Kommunen und Eltern ins System reingeben, ausreicht.
Und wir sprechen von einer Gesamtsumme von rund 1,8 Mrd. Euro, die in Schleswig-Holstein allein für Kita ausgegeben werden!
Die Ergebnisse haben gezeigt:
Die Kitas in Schleswig-Holstein wurden vom Kopf auf die Füße gestellt.
Aber: Die Füße, auf denen sie stehen, sind noch nicht stark genug, damit es auch langfristig so bleibt.
Die Aufgabe dieser Landesregierung, die Aufgabe meines Staatssekretärs Johannes Albig und mir, zusammen mit den Fraktionen und den Beteiligten des Kita Systems ist es nun, dieses Kita System an die Realität anzupassen.
Die Geburtsfehler der Reform zu korrigieren und dabei zu berücksichtigen, vor welchen großen gesellschaftlichen Herausforderung wir stehen: Ein massiver Fachkräftemangel und eine schwierige Haushaltslage für Bund, Länder und Kommunen.
Aber: dieser Herausforderung stellen wir uns!
Diese Landesregierung hat sich trotz dieser Rahmenbedingungen dafür entschieden, dass bei KiTa nicht gespart wird! Ganz im Gegenteil, wir haben noch nie so viel Geld für Kita in Schleswig-Holstein ausgegeben und das ist eine gute Nachricht für die Kinder, Eltern, Fachkräfte und Kommunen in diesem Land.
Und ich möchte Ihnen gleich die Eckpunkte darstellen, aber vorweg folgendes:
Dieser Prozess besteht aus mehreren Bausteinen:
- Die Einführung des Gesetzes vor 3 Jahren.
- Die wissenschaftliche Evaluation in den vergangenen drei Jahren. Die Ergebnisse habe ich vor 3 Monaten vorgestellt.
- Die Anpassungen des Gesetzes, parallel zur Evaluation. Denn wir haben ja regelmäßige Hilferufe aus der KiTa-Landschaft gehört und nachgesteuert. Allein seit meinem Amtsantritt wurde das Gesetz fünf Mal Parallel dazu haben wir die „Fachkräfte-Stärken-Strategie“ ins Leben gerufen und zusammen mit dem Bildungsministerium rund 13 Mio. jährlich zur Verfügung gestellt.
- Vor wenigen Wochen habe ich die frühzeitige Übergangsregelung zum Finanzierungsgesetz öffentlich zugesagt.
- Heute präsentiere ich die Eckpunkte der Landesregierung für die Gesetzesanpassung.
- Die Erstellung der Formulierungshilfen für das Parlament bis zur Sommerpause.
- Die erste Lesung im September.
- Die zweite Lesung im November.
- Zeitgleich ein massiver Beteiligungsprozess von Fachkräften, Eltern und Kommunen.
- Das Inkrafttreten des Gesetzes im Jahr 2025.
Das Alles ist ein intensiver Prozess.
Und auch wenn dieser noch nicht abgeschlossen ist, aber jetzt schon sehr arbeitsreich ist, möchte ich mich bei meinen Mitarbeitenden im Ministerium bedanken, die eine unglaubliche Arbeit leisten und unter Hochdruck arbeiten. Danke! Sie leisten großartige Arbeit!
Wir haben den Praxischeck gemacht und holen die Kita-Reform jetzt ins echte Leben. Es ist an vielen Stellen zu theoretisch und praxisfern.
Ich will ein Kita-System, das mehr auf Vertrauen und weniger auf Kontrolle setzt.
Ich bin derzeitig auf Kita-Tour in allen Kreisen.
Überall ist es so, dass Fachkräfte, Eltern und kommunalen Vertreter*innen zusammenkommen und wir über die jeweiligen Probleme der einzelnen Gruppen in Anwesenheit der anderen diskutiert. Es macht deutlich, wie herausfordernd es ist alle Interessen unter einen Hut zu bekommen.
Es wird deutlich, der Wunsch nach
- mehr Verlässlichkeit in der Betreuung
- mehr Flexibilität und weniger Bürokratie
- gesicherte und mehr Qualität
- und eine faire Aufteilung der Finanzierung
ist flächendeckend.
Und genau das sind auch die Ziele, die ich basierend auf der wissenschaftlichen Erhebung zum Ziel dieser Reform gemacht habe.
Ich stelle Ihnen nun das 10-Punkte-Kita-Paket vor:
Erstens:
Wir schließen die Finanzierungslücke von 120 Millionen Euro.
Wir haben intensive Gespräche mit der LAG der Wohlfahrtsverbände, stellvertretend für die Einrichtungen und Fachkräfte geführt.
Mit den Kommunalen Landesverbänden und der Landeselternvertretung, um weitestgehend eine Einigung mit ihnen zu den Eckpunkten zu finden.
Die Finanzierungslücke von rund 120. Mio. € besteht unter anderem daraus, dass es einerseits reale Kosten im System gibt, die in der jetzigen Finanzierung nicht berücksichtigt sind und Kommunen derzeitig alleine tragen.
Und andererseits ist in diesen 120 Mio. € enthalten, dass wir zusätzliche qualitative und flexibilisierende Maßnahmen auf den Weg bringen werden, die das System stabilisieren werden.
Warum schließen wir die Lücke?
- Die Kommunen haben uns immer gesagt, wenn die Landesregierung die ca. 120 Mio. €, die fehlen, durch ein Konzept schließt, wird weiterhin das minimale Defizit vor Ort getragen, das nach wie vor entstehen kann, weil es ein Pauschalsystem ist.
- Das haben die Kommunen immer zur Bedingung gemacht und dass das Übergangssystem das Zielsystem wird und diese Bedingungen haben wir erfüllt.
- Deshalb erwarten wir andersherum, dass die Kommunen sich an diese Zusage halten, das Defizit vor Ort zu tragen.
- Wir tragen eine gemeinsame Verantwortung!
Wie schließen wir die Lücke?
Land und Kommunen geben zusätzliche Mittel in das Kita System.
Mit jeweils ca. 20 Mio. € jährlich.
Zusätzlich werden wir das System insgesamt kostendämpfender machen, aber auch Verbesserungen bei Qualität und Verlässlichkeit auf den Weg bringen.
Zweitens:
Es wird keine Erhöhung der Elternbeiträge geben!
Wir haben uns politisch dagegen entschieden die Elternbeiträge zu erhöhen. Denn wir wollen Familien nicht weiter belasten, die in dieser Zeit schon genug mit Kostensteigerung zu tun haben.
Drittens:
Wir stärken Fachkräfte durch mehr Personalstunden.
Damit das Kita-System verlässlich wirkt, muss berücksichtigt werden, dass Fachkräfte Zeit für Elterngespräche, für Fortbildungen, für Leitungsarbeiten und vieles mehr brauchen.
Viertens:
Wir entlasten die Kommunen finanziell
Durch die Schließung der Finanzierungslücke.
Dadurch, dass wir weniger gesetzliche Vorgaben machen werden, die die Kosten bei Land und Kommunen in die Höhe treiben lassen.
Indem wir dort, wo die Ausgaben zu hoch angesetzt waren, runtergehen und diese auf die Realität anpassen.
Und indem wir als Land finanziell mehr Mittel ins System geben.
Dadurch dass wir reale Kosten, die die Kommunen derzeitig alleine tragen, wie z.B. das Weihnachtsgeld vollständig berücksichtigen.
Wir sprechen hierbei von rund 80 Mio. €.
Fünftens:
Wir stärken die Kindertagespflege.
Kinderbetreuung wäre ohne Kindertagespflegepersonen nicht denkbar.
Sie sind ein unverzichtbarer Bestandteil für Eltern, Kommunen und uns als Land. Sie werden insgesamt mehr Geld bekommen.
Sowohl mit Blick auf die Vergütung, als auch mit Blick auf die Sachkosten.
Sechstens:
Wir stärken Eingruppige Kitas.
In Schleswig-Holstein haben 12,74 % der Einrichtungen, also 237 Kitas, nur 1 Gruppe. Die Krankheitsausfälle während Corona und Erkältungswellen im letzten Jahr, haben deutlich gemacht vor welchen Herausforderungen gerade Kleinsteinrichtungen in unserem Land stehen. Sie sind von Personalausfällen besonders betroffen.
Gerade für sie ist es wichtig, dass sie ihr Personal flexibel einsetzen können, aber auch, dass sie ausreichend Möglichkeiten für Vertretungspersonal haben.
Siebtens:
Wir schaffen den starren Betreuungsschlüssel ab und ersetzen ihn mit einem neuen und flexibleren Anstellungsschlüssel.
Diese Maßnahme wird zu einer höheren Verlässlichkeit in der Betreuung führen!
Denn: Was sieht das aktuelle Gesetz vor?
Dass 2 Fachkräfte pro Gruppe anwesend sein müssen, unabhängig davon, wie viele Kinder auch wirklich da sind.
Wir bezahlen als Land die 2 Fachkräfte pro Gruppe, unabhängig davon, ob diese Kräfte in der Realität auch wirklich eingestellt sind.
Was bedeutet das in der Praxis?
Wenn um 15 Uhr nur noch wenig Kinder da sind, muss die Gruppe schließen, wenn der gesetzliche Standard nicht gehalten werden kann.
Auch, wenn die Einrichtung eigentlich der Überzeugung wäre, dass eine angemessene Betreuung in der Gruppe noch möglich wäre.
Was wird sich jetzt ändern?
Wir werden jetzt einen Anstellungsschlüssel einführen.
Dieser Anstellungsschlüssel wird nicht mehr scharf auf die Gruppen ausgerichtet sein, sondern für die gesamte Einrichtung.
Das vorhandene Fachpersonal kann je nach aktueller Situation gruppenübergreifend flexibel eingesetzt werden.
Dieser Anstellungsschlüssel wird im Durchschnitt bei 2.0 liegen und darf nicht weniger als 1.5 betragen.
Es braucht fortan keine Ausnahmebewilligung mehr.
Das Wichtigste: Die KiTas und Fachkräfte entscheiden vor Ort und wir vertrauen ihnen! Kitas können ihr Personal flexibel und eigenverantwortlichen einsetzen. Und es wird zu mehr Verlässlichkeit in der Betreuung kommen.
Das ist eine wesentliche Veränderung des derzeitigen Systems und wird von der LAG der Wohlfahrtsverbände, den Eltern sowie den Kommunen mitgetragen! Darüber freue ich mich sehr.
Diese Maßnahme wirkt auch beim Schließen der Finanzierungslücke, weil wir fortan passgenauere Pauschalen zahlen werden.
Achtens:
Wir bauen Bürokratie bei den Sachkosten ab.
Gesetzliche Standards werden runtergefahren bei den Sachkosten ab und auch das wird zu einer Einsparung führen.
Wir passen die Anforderungen bei den Sachkosten, die von Ort zu Ort sehr unterschiedlich sind.
Absofort vertrauen wir auf die Verantwortlichen vor Ort, die auch die Situationen in den jeweiligen Kitas genau kennen. Von Bürokosten bis hin zu Raummieten.
Wir vertrauen darauf, dass sie verantwortungsvoll und im Sinne der Kinder, Entscheidungen treffen.
Neuntens:
Wir bauen insgesamt Bürokratie bei Fachkräften und Kommunen ab.
- Gerade durch den Anstellungsschlüssel und dem Wegfall des Betreuungsschlüssels.
- Kein Aufwendiges Ausnahmebewilligungsverfahren für Kitas und Kommunen
- Die KiTa-Datenbank wird ausgebaut und vereinfacht den Alltag für KiTa und Kommunen.
Zehntens und abschließend:
Das Übergangssystem bleibt bestehen.
Der bisherige Finanzierungsmechanismus bleibt im Grundsatz erhalten.
So, wie es die Kommunen es sich wünschen und es zur Bedingung für die Defizitfinanzierung gemacht haben.
Was zählt, ist in den Kitas.
Die Kinder und ihre Eltern.
Die Fachkräfte und Kitaleitungen.
Dieser 10 Punkte Plan ist ein wesentlicher Schritt zu einem verlässlich, fair und zukunftsfähigen Kita-System für Kinder, Eltern, Fachkräfte, Kita-Träger, Kommunen und Land.
Natürlich war die Finanzierung einer der Knackpunkte der Reform.
Und wir haben lange und intensiv darum gerungen, wie wir unser Kita System trotz schwieriger Haushaltslage stabilisieren und weiterentwickeln können.
Und das ist das Ergebnis.
Ich möchte allen Kolleg*innen im Kabinett und in der Koalition für die wirklich konstruktive und gute Zusammenarbeit danken.
Und ich finde es spricht für dieses Bündnis, das wir uns bei Zukunftsfragen einig sind: Bei Kindern darf nicht gespart werden.
Das neue Kita-System fußt weiter auf 3 Säulen,
und es entlastet endlich auch die Kommunen,
die in der Vergangenheit die Lücken des Systems allein schließen mussten.
Das vorgelegte Kita-System trägt dem Wunsch aller Eltern Rechnung, dass Kitas verlässlicher werden und seltener geschlossen sind und Beiträge nicht erhöht werden.
Fachkräfte werden gestärkt. Es wird mehr Verantwortung an die Fachkräfte und KiTas abgegeben, die eine großartige Arbeit vor Ort leisten und denen wir guten Gewissens mehr Vertrauen können.
Weniger Kontrolle, mehr Vertrauen.
Und nochmal: Die Kommunen werden finanziell entlastet.
Jetzt geht die intensive Phase des Gesetzgebungsprozesses los!
Ich möchte mich bei allen Beteiligten für diesen intensiven Prozess bedanken, der heute einen massiven Schritt vorangekommen ist.