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Landgericht Lübeck : Thema: Gerichte & Justizbehörden

Zur Haftung bei Fehlen einer Fahrwassertonne

Wird eine Fahrwassertonne ersatzlos entfernt, haftet die Gemeinde mit, wenn in der Folge ein Schiff auf Grund läuft.

Letzte Aktualisierung: 23.09.2022

drei Markierungstonnen für die Schiffahrt

Das Landgericht Lübeck hat kürzlich einen Zivilprozess entschieden, dem folgendes Geschehen zugrunde lag: Die beklagte Stadt betreibt einen Hafen, der vom Meer aus durch eine mit roten und grünen Tonnen markierte Fahrrinne erreichbar ist. Die Fahrrinne verläuft u.a. in einer Kurve nach rechts. Im Sommer 2018 wurden die Tonnen durch einen Fischer im Auftrag der Stadt ausgetauscht. Am Unfalltag entfernte der Fischer eine der grünen Tonnen, die rechts den Verlauf der Kurve markieren, um kurz danach mit einer Ersatztonne zurückzukehren. In der Zwischenzeit markierte er die Stelle mit einem „Fischerzeichen“, mit dem normalerweise Stellnetze oder Reusen gekennzeichnet werden. Zur gleichen Zeit fuhr der Kläger, ein erfahrener Segler, mit seiner Segelyacht unter Benutzung des Motors in Richtung des Hafens. Im Bereich der zu diesem Zeitpunkt fehlenden Tonne geriet er mit seinem Boot nach rechts außerhalb des Fahrwassers. Das Boot lief auf eine Untiefe neben der Fahrrinne. Der Kläger stürzte und erlitt eine Nasenbeinfraktur, ein sog. Schleudertrauma und Prellungen. Das Boot wurde stark beschädigt; die Reparaturkosten beliefen sich auf rund 14.000,00 €.

Das Gericht hat die Stadt zur Zahlung von 2/3 des dem Kläger entstandenen Schadens sowie eines Schmerzensgeldes in Höhe von 1.500,00 € verurteilt. Zur Begründung hat es ausgeführt: Es bestehe nach der Beweisaufnahme kein Zweifel, dass der Kläger mit seiner Yacht infolge der fehlenden Tonne auf die dort befindliche Untiefe gefahren sei und dabei gestürzt sei. Die beklagte Stadt habe ihre Amtspflicht, den Schiffsverkehr in ihrem Zuständigkeitsbereich sicher zu regeln, verletzt, indem der von ihr beauftragte Fischer eine der Tonnen entfernt habe, ohne ein geeignetes Ersatzzeichen zu setzen. Das Fischerzeichen sei dafür ungeeignet gewesen. Trotz weiterer Möglichkeiten der Navigation bestehe die gängige Praxis, eine mit Tonnen markierte Fahrrinne „nach Sicht“ zu durchfahren. Ein Bootsführer könne darauf vertrauen, dass Fahrwassertonnen vollzählig und wie in der Seekarte verzeichnet vorhanden seien. Den Kläger treffe allerdings ein Mitverschulden im Umfang von 1/3. Dieser sei grundsätzlich verpflichtet gewesen, vor Einfahrt in die Fahrrinne Seekarten einzusehen und einen Kurs festzulegen. Auch das Fehlen der Tonne hätte ihm durch größere Aufmerksamkeit auffallen müssen. Das Verschulden der Stadt sei allerdings als deutlich höher anzusehen. Es habe ausgerechnet eine Tonne im Kurvernverlauf um eine Untiefe herum gefehlt, wo sie am nötigsten gewesen wäre. Das Verhalten des Fischers sei deshalb leichtsinnig und gefährlich gewesen. Dies sei der Stadt zuzurechnen. Für die Verletzungen des Klägers sei schließlich ein Schmerzensgeld in Höhe von 1.500,00 € angemessen.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig (Az. 10 O 173/18).

Ansprechpartner: Online-Redaktion@lg-luebeck.landsh.de

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