LG Lübeck setzt Grenzen beim Widerruf von Versicherungsverträgen
Kunden von Kapitallebens- und Rentenversicherungen können diese auch Jahre später noch widerrufen, wenn sie bei Vertragsschluss nicht richtig beraten wurde. Doch auch diese Möglichkeit hat ihre Grenzen.
Vor einigen Jahren hatte der Bundesgerichtshof entschieden, dass Kapitallebens- und Rentenversicherungen gegebenenfalls „ein Leben lang“ widerrufen werden können, wenn das Versicherungsunternehmen den Kunden bei Abschluss einer solchen Versicherung nicht ausreichend über seine Widerrufsmöglichkeiten informiert hat (Az. BGH IV ZR 76/11, Urteil vom 7. Mai 2014 und Az. BGH IV ZR 384/14, Urteil vom 29. Juli 2015). Die Kunden können dann auch viele Jahre nach dem Abschluss des Vertrages die sofortige Rückzahlung ihrer Einlagen verlangen.
Auf diese Idee kam auch der Kläger in einem vom Landgericht Lübeck entschiedenen Fall. Er widerrief einen im Jahre 2006 abgeschlossenen fondsgebundenen Rentenversicherungsvertrag und verlangte die sofortige Auszahlung der gesamten eingezahlten Beträge - insgesamt rund 9.500 EUR. Hierbei berief er sich darauf, dass die Versicherung ihn nicht ausreichend auf seine Rücktritts- und Widerrufsmöglichkeiten hingewiesen habe.
Das Landgericht Lübeck sah jedoch ein widersprüchliches Verhalten des Klägers und lehnte einen Rückzahlungsanspruch ab.
Die Gewährung eines „ewigen Widerspruchsrechts“ infolge ungenügender Belehrung oder Information beruhe auf dem Gedanken, dass ein ordentlich belehrter Kunde sich möglicherweise auch gegen den Abschluss des Versicherungsvertrages entschieden hätte. Ein Widerspruchsrecht könne aber dann nicht zugebilligt werden, wenn sich aus den konkreten Umständen ergäbe, dass der Kunde den Vertrag auf jeden Fall gewollt hätte.
Der Kläger habe in den vergangenen Jahren durch sein Verhalten mehrfach zum Ausdruck gebracht, unbedingt am Vertrag festhalten zu wollen. Er habe den Vertrag nicht nur passiv verwaltet und seine Beiträge gezahlt, sondern aktiv mehrere Anträge auf Beitragssenkungen und Erhöhungen oder Beitragspausen gestellt. Außerdem habe er außerplanmäßige Zuzahlungen geleistet. Sofern er jetzt den Vertrag widerrufen wolle, sei das treuwidrig.
Dieser Auffassung schloss sich auch das Oberlandesgericht Schleswig in Hinweisbeschluss an, der den Kläger zur Rücknahme seines Rechtsmittels veranlasste.
In einem ähnlichen Fall hat der BGH nun ebenfalls eine Treuwidrigkeit angenommen, weil nur geringfügige Belehrungsfehler vorlagen (BGH, Urteil vom 15.02.2023 – IV ZR 253/21).
Urteil des Landgerichts Lübeck vom 07. Dezember 2021 – 4 O 36/20 (rechtskräftig)
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