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Landgericht Lübeck : Thema: Gerichte & Justizbehörden

Urteil: Verurteilung wegen Vergewaltigung – keine Handlung im Schlaf


Das Landgericht Lübeck verurteilt einen Mann wegen Vergewaltigung seines Sohnes. Von einer Handlung im Schlaf, wie sich der Mann verteidigte, war das Gericht nicht überzeugt.

Letzte Aktualisierung: 15.02.2024

Eine Statue der Justitia
Symbolbild

Der Hintergrund

2019 zeigt sich ein ehemaliger Staatsanwalt selbst an: er habe seinen Sohn sexuell missbraucht. Im weiteren Verlauf erklärt er, unter Parasomnie (Schlafwandeln) zu leiden und die sexuellen Handlungen im Tiefschlaf und damit ohne Schuld begangen zu haben. Die Staatsanwaltschaft sah von einer Anklage zunächst ab, da sie eine Verurteilung des Mannes für nicht wahrscheinlich hielt. Die Mutter des Opfers erzwang daraufhin vor dem Oberlandesgericht Schleswig die Erhebung der Anklage. Das Landgericht Lübeck hatte nun vor allem die Frage zu klären, ob der Mann schuldhaft gehandelt oder die Tat im Tiefschlaf begangen hatte.

Die Entscheidung

Das Gericht war überzeugt, dass der Mann während der Tat bei Bewusstsein war. Seiner Darstellung, er habe die Tat im Tiefschlaf begangen, folgte das Gericht nicht und verurteilte den Mann wegen Vergewaltigung in Tateinheit mit schwerem sexuellem Missbrauch eines Kindes und sexuellem Missbrauch eines Schutzbefohlenen.

Die Strafe

Das Gericht verurteilte den Mann zu einer Freiheitsstrafe von 1 Jahr und 6 Monaten und setzte die Strafe zur Bewährung aus. Eine Bewährungsstrafe bedeutet keinen Freispruch, sondern ist eine „richtige“ Verurteilung. Der Verurteilte muss nicht für eine bestimmte Zeit ins Gefängnis, sich aber für einen bestimmten Zeitraum bewähren und dadurch zeigen, dass er ein Leben ohne Straftaten führen kann. Weitere Informationen zum Unterschied zwischen Freispruch und einer Strafe auf Bewährung gibt es hier.

Wieso war eine Freiheitsstrafe unter zwei Jahren überhaupt möglich?

Das Gesetz bestimmt, dass ein besonders schwerer Fall der sexuellen Nötigung, der bei Vergewaltigung regelmäßig vorliegt, mit einer Freiheitsstrafe von mindestens zwei Jahren zu bestrafen ist (§ 177 Abs. 6 StGB). In anderen Fällen ist die Mindeststrafe geringer. Das Gericht ging hier von besonderen Umständen aus und verneinte einen besonders schweren Fall der sexuellen Nötigung. Zugleich nahm es einen minder schweren Fall des schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes an, den das 2019 geltende Recht vorsah.

Wieso hat das Gericht „nur“ 1,5 Jahre verhängt?

Die Höhe einer verhängten Strafe kann ohne Kenntnis aller Umstände des jeweiligen Einzelfalls häufig nicht nachvollzogen werden. Das Gericht hat hier in einer Besetzung von drei Berufsrichtern und zwei Schöffen an sechs Verhandlungstagen sämtliche Aspekte des Falles beleuchtet und am Ende eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten für angemessen erachtet. Es habe sich um eine Spontantat in einer besonderen Belastungssituation gehandelt, die zum Zeitpunkt der Verurteilung fast fünf Jahre zurücklag. Auch habe der Mann die ihn belastenden Angaben seines Sohnes geglaubt und als solche nicht in Abrede gestellt. Zudem müsse man berücksichtigen, dass der Angeklagte bei Rechtskraft dieser Verurteilung seinen Beamtenstatus verlieren werde. Der Umstand, dass nach der Tat in 2019 erst 2023 nach einem Klagerzwingungsverfahren Anklage erhoben wurde, bedeute eine rechtsstaatswidrige Verfahrensverzögerung im Umfang von zweieinhalb Jahren. Vier Monate der verhängten Strafe gelten damit als bereits verbüßt.

Das Urteil vom 14.02.2024 (Az. 7a KLs 559 Js 20243/19 (1/23)) ist nicht rechtskräftig.  

Ansprechpartner: Online-Redaktion@justiz.landsh.de

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