Die Große Strafkammer VIIa des Landgerichts Lübeck hat mit dem am 14. Februar 2024 verkündeten Urteil einen ehemaligen Staatsanwalt der Vergewaltigung in Tateinheit mit schwerem sexuellem Missbrauch eines Kindes und Missbrauch von Schutzbefohlenen schuldig gesprochen und eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und sechs Monaten verhängt. Die Vollstreckung der Strafe ist zur Bewährung ausgesetzt worden.
Die Strafkammer sieht den mit der Anklageschrift erhobenen Tatvorwurf des sexuellen Übergriffs im März 2019 gegen den damals achtjährigen Sohn des Angeklagten nach der sechstägigen Hauptverhandlung als bestätigt an. Ferner ist die Strafkammer auch von der Schuldfähigkeit des Angeklagten zur Tatzeit überzeugt. Unter Beachtung der im Prozess eingeholten Sachverständigengutachten sei die Schuldfähigkeit des Angeklagten insbesondere weder durch vorherigen Alkoholkonsum noch durch eine Parasomnie (Schlafwandeln) beeinträchtigt gewesen.
Bei der Strafzumessung hat das Gericht einen Strafrahmen von 1 Jahr bis zu 15 Jahren Freiheitsstrafe zugrunde gelegt. Dabei sieht das Gericht die Indizwirkung der Regelbeispielsverwirklichung des § 177 Abs. 6 StGB (Vergewaltigung) für eine Strafschärfung hier bei einer Gesamtschau aller Umstände als widerlegt an. Es hat ferner einen minder schweren Fall des schweren sexuellen Missbrauchs eines Kindes gemäß § 176a Abs. 4 StGB in der zur Tatzeit geltenden Fassung angenommen.
Dabei hat das Gericht unter anderem berücksichtigt, dass der Angeklagte nicht vorbestraft war und es sich um eine Spontantat in einer besonderen Belastungssituation gehandelt habe, die zum Zeitpunkt der Verurteilung fast fünf Jahre zurücklag. Auch habe der Angeklagte die ihn belastenden Angaben seines Sohnes geglaubt und als solche nicht in Abrede gestellt. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung sei zudem zu berücksichtigen, dass der Angeklagte bei Rechtskraft dieser Verurteilung seinen Beamtenstatus verlieren werde.
Nach Auffassung der Strafkammer führt der Umstand, dass die Staatsanwaltschaft erst im Sommer 2023 auf Anweisung des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts im Klagerzwingungsverfahren Anklage erhoben hat, zu einer rechtsstaatswidrigen Verfahrensverzögerung im Umfang von zweieinhalb Jahren – mit der Folge, dass vier Monate der verhängten Strafe bereits als verbüßt gelten.
Das Urteil (Aktenzeichen: 7a KLs 559 Js 20243/19 (1/23)) ist bisher nicht rechtskräftig.
Im Auftrag
Dr. Bahlmann
Pressesprecher des Landgerichts Lübeck