Das Verfahren richtete sich gegen sechs Personen im Alter von 22 bis 62 Jahren. Die Staatsanwaltschaft warf den angeklagten Personen vor,– in nahezu gleicher Besetzung – an Aktionen der Letzten Generation auf Sylt am 6. und 14. Juni 2023 teilgenommen zu haben.
Im Einzelnen:
Sämtlichen angeklagten Personen, mit Ausnahme der heute 28-Jährigen, wurden mit der Anklage strafrechtlich relevante Beiträge an der am 6. Juni 2023 durchgeführten Aktion vorgeworfen. Sie sollen u.a. den Zaun zum Sicherheitsbereich des Flughafens Sylt zerschnitten und dort ein Privatflugzeug mit orangefarbener Lackfarbe besprüht und mit verschiedenen Bannern versehen haben. Dies habe - nach der Anklage - den Flugverkehr vorübergehend lahmgelegt. Zudem sei im Wesentlichen ein Sachschaden von mindestens einer Million Euro an dem Flugzeug und etwa 3.700 € an dem zerschnittenen Schutzzaun entstanden.
Am 14. Juni 2023 sollen vier der angeklagten Personen im Alter von 24 bis 62 Jahre den Golfplatz des Hotels Budersand in Sylt-Hörnum betreten und dort mehrere Löcher gegraben, einen Baum sowie Blumen gepflanzt und Transparente sowie ein Schild aufgestellt haben. Dies habe einen Sachschaden von gut 1.600 € verursacht.
Die Staatsanwaltschaft bewertete diese Aktionen jeweils als Sachbeschädigung (§ 303 StGB) und Hausfriedensbruch (§ 123 StGB), die erste Tat zusätzlich als Störung öffentlicher Betriebe (§ 316b StGB). Letzteres schützt den störungsfreien Betrieb gemeinschaftswichtiger Einrichtungen und Anlagen. Dieser Betrieb soll gegen Sabotageakte gesichert werden.
Die Hauptverhandlung hat aus Kapazitätsgründen - das Amtsgericht Niebüll verfügt über keinen Saal, der für die Anzahl der hiesigen Verfahrensbeteiligten und dem großen öffentlichen Interesse an dem Verfahren ausreichend wäre - im CLC Itzehoe stattgefunden.
Wie hat das Gericht entschieden?
Nachdem das Verfahren hinsichtlich des 2. Tatvorwurfs (14. Juni 2023) vorläufig eingestellt worden war, wurden das Verfahren nur noch gegen fünf angeklagte Personen fortgeführt. Das Amtsgericht Niebüll hat sodann am 6. Dezember 2024 das folgende Urteil verkündet:
Der Angeklagte G. ist freigesprochen worden.
Die übrigen vier im Verfahren verbliebenen angeklagten Personen sind jeweils – nach entsprechender Beschränkung der Strafverfolgung auf diese Gesetzesverletzungen - wegen Sachbeschädigung in Tateinheit mit Hausfriedensbruch zu Geld- und Haftstrafen verurteilt worden, und zwar
der Angeklagte W zu einer Gesamtgeldstrafe von 160 Tagessätzen zu je 10,00 €,
der Angeklagte B zu einer Gesamtgeldstrafe von 210 Tagessätzen zu je 10,00 €,
die angeklagte Person G zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 7 Monaten,
die angeklagte Person S zu einer Freiheitsstrafe von 6 Monaten.
Bei der Bildung der Gesamtstrafen der angeklagten Personen W, B und G sind jeweils Strafen einbezogen worden, die durch andere Gerichte in früheren Entscheidungen verhängt worden waren. Bei den angeklagten Personen W und B war insoweit jeweils eine Strafe aus einem Strafbefehl einzubeziehen, bei der angeklagten Person G waren Strafen aus zwei Strafbefehlen einzubeziehen.
Wie hat das Gericht das Urteil begründet?
Der 29-jährige Angeklagte wurde freigesprochen, da ihm eine Beteiligung an der Flughafentat als Mitglied der Letzten Generation nicht nachgewiesen werden konnte.
Die unterschiedlich hohen Strafen der verurteilten Personen ergeben sich aus unterschiedlichen strafrechtlichen Vorbelastungen und aus der Qualität der Tatbeiträge. Die beiden Angeklagten, die zu Geldstrafen verurteilt worden sind, hatten sich zudem von einer künftigen Beteiligung an gleichartigen Aktionen losgesagt. Das war bei den beiden zu Freiheitsstrafen verurteilten Personen nicht der Fall.
Eine Aussetzung der zwei ausgesprochenen Freiheitsstrafen zur Bewährung erfolgte nicht, weil es an der dafür erforderlichen sogenannten positiven Sozialprognose gefehlt habe, d.h. die Erwartung besteht, dass die Person künftig keine Straftaten mehr begeht. Die zu Freiheitsstrafen verurteilten angeklagten Personen hielten solche strafbaren Aktionen weiterhin für notwendig.
Ein rechtfertigender Notstand (§ 34 StGB) habe nicht vorgelegen. Das Gericht nahm eine Notstandslage zugunsten des notstandsfähigen Kollektivrechtsguts Klima als Bestandteil der natürlichen Lebensgrundlage i.S.v. Art. 20a GG zwar an, verneinte jedoch die Erforderlichkeit der Handlung zwecks Abwendung der bestehenden Gefahr für das geschützte Rechtsgut. Nach § 34 StGB muss die Notstandshandlung zur Abwendung der Gefahr geeignet, erforderlich und geboten sei. Eine mittelbare Eignung der Aktion zur Förderung des Klimaschutzes hat das Gericht als wahr unterstellt. Zwar sei sie womöglich geeignet gewesen, um bei Einzelnen ein Bewusstsein für die Notwendigkeit des Klimaschutzes zu schaffen. Die Aktion sei aber nicht dazu geeignet gewesen, politische Bestrebungen in dieser Hinsicht zu fördern. Gerade das hätten die Angeklagten hier auch beabsichtigt. Die Aktion sei jedenfalls nicht erforderlich gewesen, weil es mildere Mittel gebe, um in gleichem Maße auf die Notwendigkeit des Klimaschutzes hinzuweisen und ein Bewusstsein dafür zu schaffen. Schadenverursachende Aktionen brauche es dafür nicht. Hierfür nannte das Gericht zahlreiche Beispiele auf politischer und gesellschaftlicher Ebene.
Zugunsten der angeklagten Personen berücksichtigte das Gericht u.a., dass diese im weitesten Sinn den Klimaschutz zum Ziel hatten und die Taten gestanden haben. Zu ihren Lasten ist insbesondere der sehr hohe Schaden berücksichtigt worden.
Gegen das Urteil kann binnen einer Woche Rechtsmittel eingelegt werden.
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