Es gilt das gesprochene Wort
Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren,
gestern jährte sich der schreckliche Angriff auf wehrlose Menschen im Regionalzug in Brokstedt zum 1. Mal. Wir alle waren in Gedanken bei den Hinterbliebenen und Opfern. Ann-Marie und Danny, die sich nichts ahnend auf dem Heimweg im Zug befanden, verloren ihr Leben bei diesem grausamen Angriff. Weitere Menschen wurden schwer verletzt.
Ich weiß noch genau, wo ich mich zu diesem Zeitpunkt befunden habe. Ich saß mit Ihnen allen hier im Landtag und war kurz davor, eine Rede zu halten. Danach bin ich sofort nach Brokstedt gefahren. Die Bilder von dem Tag lassen mich bis heute nicht los. Aber das alles ist nichts im Vergleich zu dem, was die Verletzten, Angehörigen und Zeugen der schrecklichen Tat verarbeiten müssen.
Unser aller Mitgefühl ist tief – unser Beistand gilt den Opfern und deren Angehörigen. Ich denke so oft an die Eltern von Ann-Marie und Danny. Der Schmerz über den Verlust wird die Angehörigen ihr Leben lang begleiten. Wir teilen die Erschütterung über diese Tat mit vielen Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteinern.
Das Mindeste, was wir als Landesregierung tun können, ist, alle in unserer Macht stehenden Maßnahmen zu ergreifen und dazu beizutragen, solche Gräueltaten zu verhindern. Hier stehen wir als Landesregierung in der Verantwortung – und dieser Verantwortung stellen wir uns.
Mit Nachdruck haben wir deshalb an der Umsetzung des 10-Punkte-Plans gearbeitet, der in Reaktion auf Brokstedt von den regierungstragenden Fraktionen auf den Weg gebracht worden ist. Im letzten Jahr haben wir die personelle Ausstattung der Staatsanwaltschaften und Gerichte zugunsten beschleunigter Strafverfahren verbessert. Allein 20 neue Stellen für Staatsanwältinnen und -anwälte wurden geschaffen. Und wir haben damit begonnen, die bestehenden forensischen Ambulanzen des Justizvollzugs zu multiprofessionellen Gewaltpräventionsambulanzen an vier Standorten auszubauen.
Zudem haben wir zusätzliche Mittel für die Opferversorgung auf der einen Seite und die psychiatrische Versorgung und psychosoziale Begleitung von Intensivtäterinnen und -tätern nach der Haft auf der anderen Seite bereitgestellt.
Außerdem konnte auf die Initiativen Schleswig-Holsteins der Informations- und Datenaustausch zwischen den Bundesländern verbessert werden. Mittlerweile sind die Fahndungssysteme der Polizei so ertüchtigt worden, dass Täterprofile in den Ausprägungen der Tat von Brokstedt, sogenannte ausländische Mehrfach- und Intensivtäter, länderübergreifend recherchierbar sind. Dadurch wird auch das bundesweite Rückführungssystem für Straftäter gestärkt.
Wir halten es oft für selbstverständlich, dass uns im Alltag nichts passiert. Dieses Vertrauen wurde erschüttert. Wichtig ist, dass sich die Menschen im Öffentlichen Personen-Nahverkehr – auf dem Weg zur Arbeit oder zu Freunden – sicher fühlen. Im Schulterschluss zwischen den fachlich zuständigen Landesministerien und unter Einbezug der Verkehrswirtschaft und Trägerinnen und Trägern der sozialen Arbeit haben wir Maßnahmen erarbeitet.
Gemeinsame Fachtage im Land – zur Sicherheit im ÖPNV und zum Opferschutz – haben wertvolle Erkenntnisse hervorgebracht. Wir investieren in die Sicherheit der Züge, um zusätzliches Sicherheitspersonal und die sukzessive Ausstattung der Züge mit Videotechnik zur Videoaufzeichnung zu ermöglichen.
Aktuell wird die Videoüberwachung an den Bahnhöfen Pinneberg, Husum, Elmshorn und Neumünster vorangetrieben. Geprüft wird bei DB Regio auch der Einsatz von Bodycams durch das Zugbegleitpersonal. Kostenlose Fahrten von Polizeikräften in Zivil, sofern sie als solche erkennbar sind, tragen ebenfalls zum Sicherheitsgefühl der Fahrgäste bei. Bis zu einer bundeseinheitlichen Regelung arbeiten wir im Verbund der Nordländer an einer schnellen Umsetzung.
Auch bei den Waffenverbotszonen in Zügen und Bahnhöfen wäre eine bundeseinheitliche Regelung sinnvoll. Gemeinsam mit Hamburg haben wir dazu einen Antrag in die Innenministerkonferenz eingebracht, der derzeit noch weiter in den Gremien beraten wird. Gleichzeitig bereiten wir die Ausweisung von Waffenverbotszonen an ausgewählten Bahnhöfen in Schleswig-Holstein vor.
Die Landespolizei wertet, wie es das Waffengesetz vorschreibt, Daten und Kriminalitätsstatistiken aus, um zu bewerten, welche Bahnhöfe hierfür in Frage kommen. Um die Waffenverbote durchzusetzen, brauchen die Bundes- und die Landespolizei erweiterte Kontrollbefugnisse.
Uns ist bewusst, dass wir noch Einiges weiter umsetzen müssen. Leider wissen wir aber auch, dass auch mit den besten Präventionsmaßnahmen keine 100 % Sicherheit vor schrecklichen Angriffen möglich sein wird.
Ich komme zurück zum Anfang meiner Rede: Auch heute denken wir an die Opfer von Brokstedt.
Vielen Dank!
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