Am 08. August 2024 wurde in Schleswig-Holstein erstmalig das Blauzungenvirus vom Serotyp 3 (BTV-3) nachgewiesen.
Die Blauzungenkrankheit, ausgelöst durch das BTV, ist eine gelistete Tierseuche gemäß der Verordnung (EU) 2016/429 und unterliegt der Anzeigepflicht. Bei dem Erreger handelt es sich um ein Orbivirus aus der Familie der Reoviridae. Das RNA-Genom des BTV ist in zehn Segmente unterteilt. Es sind derzeit 24 klassische Serotypen bekannt.
Aktuelles
Die ständige Impfkommission Veterinärmedizin (StIKo Vet) hat in einer Stellungnahme vom 10. September 2024 die dringende Empfehlung, empfängliche Wiederkäuer gegen BTV-3 impfen zu lassen, wiederholt.
Das Friedrich-Loeffler-Institut hat am 12. April 2024 eine qualitative Risikobewertung zur Verschleppung der Blauzungenkrankheit herausgegeben.
BTV-3-Nachweise in Schleswig-Holstein (Stand: 8.11.2024)
Kreis/Kreisfreie Städte
Anzahl Rinderhaltungen
Anzahl Schafhaltungen
Anzahl Haltungen
sonstiger Tiere*
Anzahl
Wildlebende Tiere
Dithmarschen
115
114
Herzogtum Lauenburg
41
27
Kiel
3
1
Lübeck
3
7
Neumünster
3
1
1
Nordfriesland
325
216
1
Ostholstein
21
20
Pinneberg
20
19
Plön
33
22
Rendsburg-Eckernförde
222
77
2
1**
Schleswig-Flensburg
207
51
1
Segeberg
72
33
1
Steinburg
106
47
Stormarn
45
34
1
Gesamt je Tierart
1217
669
6
2
Gesamt alle Tierhaltungen
1894
* bspw. Alpakas, Yaks
** Muffelwild
Wichtiger Hinweis
Eine Impfung gegen die Blauzungenkrankheit stellt den einzigen effektiven Schutz gegen schwere klinische Symptome der Blauzungenkrankheit, die insbesondere häufig bei Schafen auftreten, dar.
Alle Halterinnen und Halter von für die Blauzungenkrankheit empfänglichen Tieren (v.a. Schafe, Rinder, Ziegen und sonstige Wiederkäuer sowie Neuweltkameliden), sind aufgefordert, ihre Tiere zu beobachten und bei möglichen Krankheitssymptomen, die auf eine Infektion mit dem Virus der Blauzungenkrankheit hindeuten, ihre betreuende Tierarztpraxis sowie das für sie zuständige Veterinäramt zu kontaktieren, damit unverzüglich die notwendigen Laboruntersuchungen eingeleitet werden können.
Mücken übertragen das Virus der Blauzungenkrankheit
Die Blauzungenkrankheit ist eine virusbedingte, vorwiegend akut verlaufende Krankheit, welche durch Gnitzen (blutsaugende Mücken der Gattung Culicoides) übertragen wird. Empfänglich für eine Infektion mit diesem Virus sind insbesondere Rinder, Schafen und Ziegen, aber auch Wildwiederkäuer und Neuweltkameliden wie Lamas und Alpakas. Der Erreger der Blauzungenkrankheit ist für den Menschen nicht gefährlich. Der Verzehr von Fleisch- und Milchprodukten ist unbedenklich.
Häufig gestellte Fragen und Antworten
Hier finden Sie Antworten auf häufig gestellte Fragen.
Informationen zum Verbringen von Tieren
Das Informationsblatt zum Herunterladen finden Sie hier.
Informationen zum Verbringen von Zuchtmaterial
Das Informationsblatt zum Herunterladen finden Sie hier.
Informationen für Jägerinnen und Jäger
Das Informationsblatt zum Herunterladen finden Sie hier.
Bürgertelefon
Um Fragen von Bürgerinnen und Bürgern rund um das Thema Blauzungenkrankheit zu beantworten, hat das MLLEV ein Bürgertelefon eingerichtet. Dieses ist Montag bis Freitag von 9.00 bis 15.00 Uhr besetzt und unter der Telefonnummer 0431 / 988 7100 erreichbar.
Ausbreitung der Blauzungenkrankheit
Das Virus, das ursprünglich aus Afrika stammt, ist mittlerweile weltweit verbreitet. In Europa kommt es seit 2006 immer wieder, in unterschiedlichen Ländern und durch verschiedene Serotypen, zu Ausbrüchen. Diese Serotypen können dabei eine voneinander abweichende Virulenz aufweisen und damit unterschiedlich starke Symptome bei den betroffenen Tierarten auslösen. In Deutschland kam es zwischen 2006-2009 sowie zwischen 2018-2021 zu Ausbrüchen der Blauzungenkrankheit des Serotyp 8 (BTV-8). Seit Herbst 2023 ist Deutschland von Ausbrüchen der Blauzungenkrankheit des Serotyps 3 (BTV-3) betroffen.
In Schleswig-Holstein wurde die Blauzungenerkrankung, ausgelöst durch BTV-3, am 8. August 2024 bestätigt. Gemäß Unionsrecht erfüllt Schleswig-Holstein damit nicht länger die Anforderungen an den Satus „seuchenfrei“.
Eine Weiterverbreitung der Blauzungenkrankheit erfolgt in erster Linie durch Gnitzen. Durch die infektösen Stiche virustragender Gnitzen können sich empfängliche Haus- oder Wildwiederkäuer in der in der näheren Umgebung mit der Erkrankung anstecken. Durch die Ausbreitung lebender, infizierter Gnitzen über den Wind (Windverdriftung), kann eine Verschleppung der Erkrankung aber auch über weitere Entfernungen erfolgen. Infizierte Gnitzen können zudem über Handel und Verkehr verschleppt werden. Auch durch den Handel mit infizierten Tieren oder deren Sperma, Embryonen oder Eizellen ist eine Weiterverbreitung der Erkrankung möglich
BTV-3: Niederlande und Belgien
Anfang September 2023 hat das niederländische Referenzlabor Wageningen Bioveterinary Research (WBVR) die ersten Fälle der Blauzungenkrankheit vom Serotyp 3 bestätigt. Seither kam es zu zahlreichen weiteren Ausbrüchen in Schaf- und Rinderbetrieben in den Niederlanden und insbesondere bei Schafen zu schweren Erkrankungsbildern und einer deutlich erhöhten Sterblichkeit. Auch bei Rindern wurden eine erhöhte Sterblichkeit sowie Leistungsrückgänge beobachtet Dossier Blauwtong (gddiergezondheid.nl).
Anfang Oktober 2023 wurde in Belgien nahe der niederländischen Grenze der erste Fall der Blauzungenkrankheit (BTV-3) bei Schafen festgestellt. Die Niederlande und Belgien haben damit die Voraussetzungen für ihren BTV-Freiheitsstatus verloren.
BTV-3: Betroffene Bundesländer in Deutschland
Deutschland ist seit Mitte Oktober 2023 von BTV-3 betroffen. Der erste Fall wurde im Bundesland Nordrhein-Westfalen bestätigt. 2023 erfolgten auch die ersten Nachweise in Niedersachsen. Im Sommer 2024 hat das Geschehen in Deutschland deutlich an Dynamik gewonnen und die Tierseuche wurde in weiteren Bundesländern nachgewiesen.
In Schleswig-Holstein erfolgte die erste Bestätigung von BTV-3 am 8. August 2024.Damit erfüllt Schleswig-Holstein nicht mehr die Anforderungen an den Status „seuchenfrei“ in Bezug auf BTV.
Der Handel bzw. das Verbringen empfänglicher Tiere, insbesondere Rinder, Schafe, Ziegen und sonstige Wiederkäuer aus Schleswig-Holstein in blauzungenfreie Gebiete ist nur eingeschränkt und unter Einhaltung verschiedener Anforderungen möglich. Betroffen von den Bestimmungen für die Verbringung sind sowohl die inländische sowie die innergemeinschaftliche Verbringung von Tieren und deren Zuchtmaterial (Sperma, Eizellen, Embryonen). Die diesbezüglichen Regelungen werden durch die Verordnung (EU) 2016/429 sowie durch die Delegierten Verordnungen (EU) 2020/686, (EU) 2020/688 und (EU) 2020/689 bestimmt. In der Durchführungsverordnung (EU) 2018/1882 werden die Tierarten gelistet, für die diese Regelungen anzuwenden sind. Für BTV sind dort die Arten bzw. Artengruppen Antilocapridae (Gabelhornträger), Bovidae (Rinderartige), Camelidae (Neu- und Altweltkamele), Cervidae (Hirsche), Giraffidae (Giraffen), Moschidae (Moschustiere) sowie Tragulidae (Hirschferkel) gelistet.
Die jeweiligen Regelungen sind dabei auch davon abhängig, zu welchem Zweck die Tiere verbracht werden sollen. Nähere Informationen hierzu sind den Informationsblättern zum Thema Verbringen von Tieren bzw. Zuchtmaterialzu entnehmen.
Bitte wenden Sie sich vorab an Ihr zuständiges Veterinäramt, wenn Sie Tiere empfänglicher Arten aus oder nach Schleswig-Holstein verbringen wollen.
Spezielle Informationen zum Thema Blauzungenkrankheit für Jägerinnen und Jäger finden Sie ebenfalls im entsprechenden Informationsblatt, da auch Wildwiederkäuer für die Erkrankung empfänglich sind.
Symptome und Vorbeugung der Blauzungenkrankheit
Symptome
Der Schweregrad der klinischen Symptome der Blauzungenkrankheit kann unterschiedlich ausfallen, da sie von verschieden Faktoren, wie dem Serotyp, dem Gesundheitszustand des Tieres und der betroffenen Tierart abhängen. Schafe sind im Allgemeinen stärker betroffen als Ziegen.
Rinder können keine oder nur sehr milden Verlaufsformen aufweisen. Folgende klinische Symptome können auftreten: Einbruch der Milchleistung, Entzündungen der Schleimhäute mit Bläschenbildung im Bereich der Augenlider (Bindehautentzündung), Maulhöhle und Genitalien sowie der Zitzenhaut. Des Weiteren kann es zu Schleimhautablösungen im Bereich des Mauls und der Zunge kommen. Im Bereich des Klauenkronsaums kann es zu Entzündungen mit Blasenbildung und Lahmheit kommen. Angeborene Missbildungen bei Kälbern sind möglich.
Bei Schafen sind die klinischen Anzeichen in der Regel schwerwiegender als bei Rindern. Etwa 7-8 Tage nach der Infektion lassen sich die ersten klinischen Symptome beobachten. Zu diesen Symptomen können eine erhöhte Köpertemperatur (Fieber bis 42°C), Fressunlust, Apathie und Absonderung von der Herde gehören. Ein weiteres Anzeichen ist die typische Veränderung der Schleimhäute. Bei dieser Veränderung kommt es zur Schwellung und Läsion der Maulschleimhäute, vermehrtem Speichelfluss und Schaumbildung vorm Maul sowie Ödemen im Kopfbereich und Nasenausfluss. Sowohl die Zunge als auch der Hals können anschwellen und die Zunge könnte aus dem Maul hängen. Es kann zu Entzündungen am Kronsaum sowie zur Lahmheit kommen. Fruchtbarkeitsstörungen und Aborte bei trächtigen Tieren können ebenfalls auftreten.
Die Krankheit kann vor allem bei Schafen auch tödlich verlaufen. Genesene Tiere entwickeln eine Immunität gegen den Serotyp des Virus, mit dem sie infiziert waren.
Vorbeugung
Der einzige effektive Schutz vor schweren klinischen Symptomen ist die Impfung. Die Anwendung von mehreren geeigneten Impfstoffen gegen die Blauzungenkrankheit vom Serotyp 3 (BTV-3) wurde per Eilverordnung durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) mit Wirkung zum 07. Juni 2024 gestattet. Da das Virus durch infizierte Gnitzen übertragen wird, sollte insbesondere bei noch nicht geimpften Tieren versucht werden, die Tiere vor Stichen zu schützen. Die Gnitzen sind vorwiegend in der Abend- und Morgendämmerung und im offenen Gelände auf der Suche nach einer Blutmahlzeit an Weidetieren. Als Brutstätten eignen sich stehende Wasserflächen (bspw. Pfützen, Regentonnen, Teiche), aber auch feuchter mit organischen Stoffen (z.B. Laub oder Fallobst) angereicherter Boden bzw. Schlamm oder Mist. Zum Schutz vor den Gnitzen kann u.a. die Behandlung der Tiere mit Repellentien oder die Aufstallung der Tiere insbesondere während der Dämmerung bzw. über Nacht beitragen. Brutstätten in der Nähe von Tierhaltungen sollten soweit möglich vermieden bzw. beseitigt werden.
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