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Thema : Gesundheitsversorgung

Migräne – mehr als nur Kopfschmerzen

Migräne ist eine der häufigsten neurologischen Erkrankungen. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation steht Migräne an sechster Stelle der am schwersten behindernden Erkrankungen des Menschen.

Letzte Aktualisierung: 24.03.2015

Eine Frau hält beide Hände an die Schläfen und hat dabei die Augen zu.

Kopfschmerzen kennt fast jeder: Etwa 90 Prozent aller Menschen verspüren sie mindestens einmal im Jahr. Treten die Schmerzen häufiger auf, ist ärztliche Hilfe gefragt, um der Ursache auf den Grund zu gehen. Die eine Möglichkeit ist, dass der Kopfschmerz als reines Symptom einer Erkrankung auftritt. Oder aber er selbst ist die Erkrankung. Die häufigste Form dieses „primären“ Kopfschmerzes ist die Migräne.

Etwa 12 bis 14 Prozent aller Frauen und 6 bis 8 Prozent aller Männer in Deutschland leiden unter Migräne. Die Fachleute sprechen von Migräne, wenn die typischen Symptome mindestens fünfmal aufgetreten sind. Die Hälfte der Betroffenen erleidet etwa einen Anfall im Monat, jeder zehnte hat vier und mehr Anfälle im Monat. Ein Anfall kann dabei wenige Stunden oder bis zu drei Tage dauern.

Wie entsteht eine Migräne?

Anders als das Gehirn eines gesunden Menschen reagiert das eines Migräne-Patienten viel stärker auf äußere Reize. Es braucht dann nur noch bestimmte Faktoren ("Trigger") wie z.B. eine Stresssituation, um eine Migräneattacke auszulösen. Beim akuten Migräneanfall ist das Gewebe der Hirnhaut um die Blutgefäße entzündet. Wird nun durch diese Gefäße mit jedem Herzschlag Blut gepumpt, kommt es zur Reizung von Schmerznervenfasern. Dadurch empfindet die Patientin oder der Patient seinen Kopfschmerz als im Herzschlagrhythmus pulsierend oder pochend.

Scan eines Kopfes, welches die Nervenzellen zeigt.
Migräneattacken entstehen durch ein Energiedefizit in den Nervenzellen.

Nach dem aktuellen Wissenstand ist die Migräne meist genetisch bedingt. Man kennt heute 38 Genorte und 44 Genvarianten, die das Risiko, an Migräne zu leiden, bedingen. Diese steuern zwei Hauptbereiche. Sie wirken auf das Herzkreislaufsystem ein. Andererseits regulieren sie auch psychische Mechanismen. „Dies führt dazu, dass bei Migränepatienten das Risiko für Herzkreislauferkrankungen wie z.B. Bluthochdruck, Herzinfarkt oder Schlaganfall um nahezu das Doppelte erhöht ist. Das Risiko an psychischen Erkrankungen wie z.B. Depressionen, Angst- oder Stresserkrankungen zu leiden, ist um den Faktor acht erhöht“, erklärt der Kieler Schmerzforscher Professor Göbel, „Hier zeigen sich langfristige Auswirkungen von nicht ausreichend behandelten Migräneerkrankungen, die letztlich das gesamte Leben bestimmen und schwere Behinderungen für den individuell betroffenen Patienten als auch enorme sozioökonomische Auswirkungen für die Gesellschaft bedingen.“ 

Kopfschmerzen oder Migräne?

Schraubstock- oder Presslufthammergefühl – An der Art des Schmerzes lässt sich meist erkennen, ob es sich um die häufigste Form symptomatischen Kopfschmerzen der Spannungskopfschmerzen handelt oder um eine Migräneerkrankung. Spannungskopfschmerzen werden von den Betroffenen als dumpf und drückend beschrieben – als ob sie ihren Kopf in einem Schraubstock hätten. Migräneleiden äußern sich hingegen eher pochend-pulsierend. Wie ein Gewitter im Kopf, Milliarden kleiner Nadeln oder ein Presslufthammer hinter der Schläfe – sagen Patienten.

Bei einem Migräneanfall setzen plötzlich heftige Schmerzen meist auf nur einer Kopfseite ein. Sie sind deutlich stärker als gewöhnliche Kopfschmerzen und in der Regel von weiteren Beschwerden, wie starker Lärm- und Lichtempfindlichkeit oder Übelkeit mit Erbrechen, begleitet. Ein weiterer Unterschied zwischen Kopfschmerzen und Migräne ist der Einfluss von Bewegung auf die Beschwerden. Wer von Spannungskopfschmerzen betroffen ist, fühlt sich im Normalfall durch Spaziergänge an der frischen Luft besser. Das trifft auf Migränekranke nicht zu – im Gegenteil: Jegliche körperliche Bewegung verschlechtert ihren Zustand. Sie fühlen sich am wohlsten, wenn sie sich ausruhen und im Dunkeln aufhalten. 

Die Phasen einer Migräne

Eine Migräne lässt sich in drei bis vier Phasen einteilen.

  1. Verschiedene Anzeichen – die so genannten Vorboten – kündigen eine Migräne ein bis zwei Tage vor der Attacke an. Während der Vorbotenphase treten verschiedene, größtenteils unspezifische Beschwerden wie Müdigkeit, Geräuschempfindlichkeit, Magen-Darm-Beschwerden (z.B. Verstopfung) auf. Auch Heißhunger auf bestimmte Nahrungsmittel, die wiederum Auslöser einer Migräne sein können, kommt bei einigen Betroffenen vor.
  2. Den Vorboten folgt bei ca. 10 bis 15 Prozent der Patienten eine so genannte Aura. Es handelt sich dabei um Störungen in der Sinneswahrnehmung. Sehr häufig kommt es zu Sehstörungen mit hellem flimmernden Licht oder Teilerblindungen, Missempfindungen wie Kribbeln in Armen, Beinen oder im Gesicht sowie Geruchs- oder Gleichgewichtsstörungen.
    Aura-Simulation: Dieses Video der Schmerzklinik Kiel zeigt, wie sich eine Migräne mit Aura auf das Sichtfeld auswirkt.
  3. Die dritte Phase ist die eigentliche Kopfschmerzphase. Sie dauert beim Erwachsenen zwischen vier und 72 Stunden. Bei Kindern ist sie in der Regel kürzer und kann nach einer Stunde enden. Zusätzlich zu den pochenden Schmerzen im Kopf können Begleitbeschwerden auftreten, wie Übelkeit, Erbrechen, Licht-, Lärm- oder Geruchsempfindlichkeit.
  4. In der abschließenden Rückbildungsphase verschwinden die Beschwerden allmählich.

Interview mit dem Schmerzexperten

Behandlung und Prävention

Ein Arzt zeigt dem Patient auf den Bildern des Kopfes die Diagnose.

Wissenschaftler gehen davon aus, dass bei Betroffenen eine genetische Veranlagung für die Migräne vorliegt. Daher können die Ursachen selbst nicht behandelt werden.

Durch Entspannungsübungen, Eisbeutel oder das Einreiben mit Minzöl kann der Migräne-Anfall in einigen Fällen abgeschwächt werden. Allerdings sind die meisten nichtmedikamentösen Maßnahmen nicht zur Migräne-Behandlung in akuten Fällen geeignet. Generell gilt: Wenn sich eine Attacke ankündigt, sollte nicht zu lange gezögert und rechtzeitig das vom Arzt verschriebene Medikament eingenommen werden. Ausdauersport wie Joggen, Fahrrad fahren oder Schwimmen sowie die progressive Muskelentspannung können vorbeugende Maßnahmen sein. Auch die richtige Ernährung kann für Migränekranke wichtig sein, da bestimmte Lebensmittel mit hohem Histaminwert als Trigger gelten.

Wichtig ist, seine eigenen Migräne-Auslöser zu kennen, um sie möglichst zu meiden. Auch die richtige Reaktion auf die Vorboten einer Migräne ist von großer Bedeutung. So können vorbeugende Maßnahmen ergriffen werden, damit die Attacken seltener und weniger stark auftreten. Ein Migräne-Tagebuch, in das Schmerzdauer, Schmerzintensität und die Auslöser für die Migräne eintragen werden, hilft dabei solch ein „Frühwarnsystem" aufzubauen. Besonders praktisch und effizient verläuft die Analyse der eigenen Krankheit mit digitaler Unterstützung. Die Migräne-App der Techniker Krankenkasse und der Schmerzklinik Kiel dokumentiert den Verlauf von Migräne und Kopfschmerzen und hilft so sowohl den Patienten als auch den betreuenden Ärzten in der Verlaufs- und Erfolgskontrolle sowie der Therapieanpassung. 

Die Migräne-App

Die Migräne-App ist von Schmerzexperten der Schmerzklinik Kiel gemeinsam mit Wissenschaftlern und Versorgungsexperten der Techniker Krankenkasse sowie Selbsthilfegruppen entwickelt worden. Die Anwendung ist kostenlos zur Installation auf dem Smartphone (iOS und Android) verfügbar und wurde bisher rund 160.000 Mal heruntergeladen. Die Migräne-App ist die erste App, die direkt über einen speziellen Versorgungsvertrag für Kopfschmerzpatienten in die ärztliche Behandlung und Therapie eingebunden ist. Die App unterstützt Patienten mit chronischen Kopfschmerzen dabei, ihren Krankheitsverlauf digital genau zu dokumentieren, mit wenigen Klicks zu analysieren und zu kontrollieren.

Zur Migräne-App

Schmerzprävention für kluge Köpfe

Mit der Aktion „Mütze“ entwickelte der mehrfach ausgezeichnete Schmerztherapeut Professor Hartmut Göbel ein Präventionsprogramm für die Information von Schülern, Lehrern und Eltern. Die Unterrichtssequenz wird bundesweit im Rahmen der gesundheitlichen Prävention von Schulen umgesetzt und von den Krankenkassen unterstützt.

Zur Internetseite der Kopfschmerz-Schule

Weitere Informationen, neue Forschungsergebnisse und Kontaktdaten zu Selbsthilfegruppen finden Sie auf der Internetseite der deutschen MigräneLiga.

Zur Internetseite der MigräneLiga Deutschland e.V.

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