5.1. Gesamtabschluss
Frage: Es stellt sich die Frage, ob die Verweise in § 95 GO auf das HGB statisch oder dynamisch zu verstehen sind?
Der KGSt-Bericht 9/2011 führt dazu auf Seite 9 aus:
"Das kommunale Haushaltsrecht wurde - im Hinblick auf das Haushalts- und Rechnungswesen der "Kernverwaltung" - in den einzelnen landesrechtlichen Regelungen weitgehend explizit ausformuliert. Zahlreiche kommunale Regelungen weichen vom HGB nicht nur sprachlich, sondern auch materiell ab, um den Anforderungen an eine öffentliche Rechnungslegung gerecht zu werden. Wo dies nicht erforderlich war, stimmen kommunalrechtliche Regelungen zum Teil inhaltlich oder auch wortgleich mit dem HGB überein. Sofern auf Regelungen des Handelsrechts verwiesen wird, handelt es sich meist um statische Verweise auf eine bestimmte Fassung des HGB. Dies bedeutet, dass Änderungen des Handelsrechts nicht automatisch in das Kommunalrecht übernommen werden. Dies gilt auch für die Änderungen des Handelsrechts aufgrund des BilMoG.
- Abweichend davon wird in den Regelungen zum Gesamtabschluss - weitgehend statisch - auf Bestimmungen des Handelsrechts verwiesen. Bei den statischen Verweisen wird aufgrund der einzelnen landesrechtlichen Bestimmungen auf unterschiedliche Fassungen des Handelsrechts verwiesen. Auch wenn das Handelsrecht für den Gesamtabschluss in stärkerem Maße grundlegend ist, als dies für den Jahresabschluss der 'Kernverwaltung' der Fall ist, bedeutet dies nicht, dass Änderungen des Handelsrechts automatisch in das Kommunalrecht übernommen werden. Dies gilt auch für die Änderungen des Handelsrechts aufgrund des BilMoG.
- Sowohl für den Jahresabschluss der "Kernverwaltung" als auch für den Gesamtabschluss gilt grundsätzlich: In jedem Fall muss die individuelle landesrechtliche Regelung herangezogen werden. Die Kommentierung des Handelsrechts und die handelsrechtliche Rechtsprechung können in den nach den haushaltsrechtlichen Regelungen des Landes zulässigen Grenzen vielfach als Auslegungshilfe herangezogen werden.
Eine Blankettverweisung (in einem sog. Blankettgesetz, einer Blankettnorm oder einer Blankettvorschrift) ist eine Verweisung innerhalb einer Norm auf ein außenstehendes Gesetz. Unterschieden wird dabei zwischen einem dynamischen Verweis, der auf das entsprechende Gesetz in der jeweils aktuellen Fassung verweist, und einer statischen Verweisung, die auf ein Gesetz in einer bestimmten Fassung verweist. (Quelle: Wikipedia)
Eine statische Verweisung läge beispielsweise bei der Formulierung "in der Fassung des Handelsgesetzbuches vom ?, BGBl. ?" vor; eine dynamische Verweisung hingegen z. B. mit der Wortfolge "in der jeweils geltenden Fassung".
Der alte § 95 o Abs. 3 GO mit dem Inhalt "Der Jahresabschluss der Gemeinde und die Jahresabschlüsse der Aufgabenträger nach Absatz 1 sind entsprechend den §§ 300 bis 309 des Handelsgesetzbuches zu konsolidieren." ist am 13.04.2012 entfallen (vgl. Art. 2 des Gesetzes vom 22.03.2012, GVOBl. Schleswig-Holstein Seite 371, 375).
Dafür wurde in § 53 Abs. 2 GemHVO-Doppik neu aufgenommen (ab 01.01.2013): "Aufgabenträger nach § 95 o Abs. 1 GO sind entsprechend der §§ 300 bis 309 des Handelsgesetzbuches, die in § 95 o Abs. 4 GO genannten gemeinsamen Kommunalunternehmen, Zweckverbände und Gesellschaften sind entsprechend der §§ 311 und 312 des Handelsgesetzbuches mit der Maßgabe zu konsolidieren, dass die jeweiligen Buchwerte in den Abschlüssen der Aufgabenträger, gemeinsamen Kommunalunternehmen, Zweckverbände und Gesellschaften berücksichtigt werden."
Das Wort "entsprechend" und die fehlende Bezugnahme auf den Stand einer bestimmten Gesetzesfassung stellt eine dynamische Verweisung dar (vgl. auch § 326 Abs. 1 Landesverwaltungsgesetz Schleswig-Holstein). Änderungen im Handelsgesetzbuch führen folglich zur unmittelbaren Anwendung.
In Schleswig-Holstein ist jedoch zu beachten, dass - aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung und zur Kostenreduzierung - nur die vorhandenen Buchwerte zu konsolidieren sind. Eine Neubewertung zu Zeitwerten (wie im HGB nach Änderung durch das BilMoG allein zulässig) findet nicht statt. Die Regelungen in den §§ 300 bis 309 sowie 311 und 312 HGB sind - lex specialis - mit dieser Maßgabe anzuwenden.