1.15 Buchung Entschädigungszahlungen für Grundstücke
Frage: Im Rahmen der Flurbereinigung wurden Grundstücke gegen Entschädigungszahlungen "ge- bzw. verkauft". Die entsprechenden Einnahmen bzw. Ausgaben sind bereits im Jahr 2008 geflossen. Allerdings gibt es noch keine entsprechenden Grundbucheinträge - damit ist auch erst in ca. 10 Jahren zu rechnen (nach Abschluss der Vermessungen). Mithin ist die Gemeinde rechtlich noch nicht bzw. immer noch Eigentümer der Flächen. Die "gekauften" Flächen wurden im Anlagevermögen noch nicht berücksichtigt, die "verkauften" Flächen wurden ins Umlaufvermögen gebucht. Nun stellt sich die Frage, wie die Entschädigungszahlungen zu verbuchen sind. Meiner Ansicht nach passt dieser Sachverhalt nicht zu den aktiven bzw. passiven Rechnungsabgrenzungsposten. Kommt hier eine Zuordnung der Beträge zur Kontenklasse 09 = geleistete Anzahlungen/Anlagen im Bau bzw. 239 = sonstige Sonderposten" in Frage?
In der Haushaltswirtschaft nach den Grundsätzen der doppelten Buchführung steht die wirtschaftliche Betrachtungsweise im Fokus. In § 37 Abs. 1 Satz 1 GemHVO-Doppik kommt dies zu Ausdruck. Ausnahmsweise sind nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO Wirtschaftsgüter einem anderen als dem Eigentümer zuzurechnen, wenn der andere die tatsächliche Sachherrschaft über ein Wirtschaftsgut in der Weise ausübt, dass er den Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut wirtschaftlich ausschließen kann. Dies ist dann der Fall, wenn der Herausgabeanspruch des zivilrechtlichen Eigentümers keine wirtschaftliche Bedeutung mehr hat (BFH-Urteil vom 20. September 1995, X R 94/92, BStBl. II 1996, 186).
Bei Grundstücken erlangt der Erwerber wirtschaftliches Eigentum regelmäßig ab dem Zeitpunkt, von dem an er nach dem Willen der Vertragspartner über das Grundstück verfügen kann. Das ist der Fall, sobald Besitz, Gefahr, Nutzen und Lasten auf den Erwerber übergegangen sind. Voraussetzung ist jedoch, dass der Besitz in der Erwartung des Eigentumserwerbs eingeräumt wird. Hiervon kann ausgegangen werden, wenn entsprechende schuldrechtliche Verpflichtungen eingegangen sind (BFH-Urteil vom 10. Juni 1988, III R 18/85, BFH/NV 1989, 348), was bei Grundstücken grundsätzlich den Abschluss notarieller Verträge erfordert (vgl. BFH-Urteil vom 18. Juli 2001, X R 39/97, BStBl. II 2002, 284).
Im Hinblick auf die Notwendigkeit eines dauerhaften Ausschlusses des zivilrechtlichen Eigentümers mit der Folge, dass dessen Herausgabeanspruch wirtschaftlich wertlos ist, ist erforderlich, dass eindeutige und bindende Absprachen zwischen den Vertragsbeteiligten vorliegen. Die bloße einverständliche Nutzung eines überlassenen Grundstücks und Duldung der Besitzausübung reichen nicht zur Begründung wirtschaftlichen Eigentums aus. Selbst der Abschluss eines notariellen Kaufvertrags und die Zahlung eines Teils des Kaufpreises reichen allein nicht aus (BFH-Urteil vom 20. Januar 1987, IX R 147/83, BFH/NV 1987, 428).
Da im geschilderten Sachverhalt die Zahlungen bereits geflossen sind, werden bestehende notarielle Verträge unterstellt. Zahlung und Vertrag lassen darauf schließen, dass – auch wenn die Grundbucheintragungen noch fehlen – das wirtschaftliche Eigentum eingeräumt wurde. Hieraus folgt, dass die veräußerten Grundstücke nicht mehr zu bilanzieren sind. Im Gegenzug sind die gekauften Grundstücke in die Bilanz aufzunehmen. Der Bilanzierungszeitpunkt richtet sich nach dem wirtschaftlichen Eigentum. Die Frage der Erfassung der Entschädigungszahlung ist somit auch beantwortet: Da für die Bilanzierung ausschließlich die wirtschaftliche Betrachtungsweise gilt, erfolgt mit der Erlangung/ dem Verlust des juristischen Eigentums keine weitere Buchung. Die Zahlungen gehören in das jeweilige Wirtschaftsjahr.