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Ministerium für Allgemeine und Berufliche Bildung,
Wissenschaft, Forschung und Kultur
: Thema: Ministerien & Behörden

Karin Prien

Ministerin für Allgemeine und Berufliche Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kultur

Karin Prien: "der Hass, der mit den Juden beginnt, endet nie mit den Juden"


Landtagsrede der Ministerin für Allgemeine und Berufliche Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Schleswig-Holstein Karin Prien im Landtag, 22. Tagung, TOP 41

Letzte Aktualisierung: 24.05.2024

Es gilt das gesprochene Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren,

der Hass, der mit den Juden beginnt, endet nie mit den Juden.

Dieses Zitat stammt vom englischen Philosophen und Rabbiner Baron Jonathan Sacks (1948 bis 2020). Und es verdeutlicht, warum Antisemitismus ein Thema ist, dass uns alle betrifft. Der Hass auf Juden ist die älteste Form von Hass, die es in der westlichen Kultur gibt. Er ist ein Seismograph für den Grad der Bedrohung unserer freiheitlich demokratischen Grundordnung.

Der kanadische Holocaustforscher Charles Asher Small hat dafür ein erschütterndes wie eindrucksvolles Bild benutzt.

Er bezeichnet Antisemitismus als eine soziale Krankheit, die – ich zitiere: „das jüdische Volk zum sprichwörtlichen Kanarienvogel im Bergwerk macht“.

Ich zitiere Small – mit Erlaubnis der Präsidentin – weiter: „Dieser tödliche Erregerstamm des Hasses wendet sich oft gegen andere Gruppen, etwa Frauen, Homosexuelle, Muslime und andere Teile der Bevölkerung [...], ebenso wie gegen demokratische Schlüsselelemente wie eine selbstbewusste Bürgerschaft, die Gleichheit vor dem Gesetz und religiöse Vielfalt.

Der Kampf gegen Antisemitismus, meine Damen und Herren, geht deshalb jede Einzelne und jeden Einzelnen von uns etwas an.

Wir können heute nicht mehr sagen, dass wir nichts gewusst haben. Denn die Alarmsignale werden immer lauter.

Die Zahl der Straftaten mit politischem Hintergrund ist im vergangenen Jahr bundesweit auf einen neuen Höchststand gestiegen. Die Statistik zur politischen Kriminalität, die das Bundesinnenministerium und das Bundeskriminalamt vor zwei Tagen veröffentlichte, zeigt: Insgesamt registrierte das BKA 60.028 Hassvergehen. Eine starke Steigerung verzeichnet die Statistik bei den antisemitischen Straftaten. Sie nahmen um 95,53 Prozent zu und liegen nun bei einer Fallzahl von 5.164.

Insbesondere die Straftaten im Zusammenhang mit den Nahostkonflikt sind seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel am 7. Oktober 2023 massiv angestiegen: Von 61 Taten 2022 auf 4.369 Taten 2023. Das ist mehr als das Siebzigfache.

Auch in Schleswig-Holstein steigt die Zahl der antisemitischen Vorfälle. 2023 wurden 120 antisemitische Delikte verzeichnet. Im Jahr zuvor waren es 79 Vorfälle, die die Informations- und Dokumentationsstelle für Antisemitismus in Schleswig-Holstein (LIDA) erfasst hatte. Jeder einzelne dieser Vorfälle hat für Jüdinnen und Juden einen alltagsprägenden Charakter, engt ihre objektive Sicherheit und ihr Sicherheitsgefühl ein. Der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinschaft Schleswig-Holstein, Igor Wolodarski, hat im Rahmen des Runden Tisches SHalom&Moin des Schleswig-Holsteinischen Landtags formuliert: Jüdinnen und Juden sind in ihren Grundrechten eingeschränkt.

Das lassen wir nicht zu. In Schleswig-Holstein haben wir frühzeitig und umfangreich reagiert – auch in Zusammenarbeit mit den anderen Ländern. Mit unserem Landesaktionsplan nehmen wir alle Ministerien in die Pflicht, Antisemitismus wirksam zu bekämpfen und jüdisches Leben sichtbar und selbstverständlich zu machen. Als Reaktion auf die vermehrten, erschütternden antisemitischen Vorfälle an Hochschulen haben die Wissenschaftsministerinnen und Wissenschaftsminister im Rahmen der KMK im Dezember einen Aktionsplan gegen Antisemitismus und Israelfeindlichkeit beschlossen. Diesen werden wir konsequent umsetzen. Unter anderem brauchen wir feste Ansprechpartner für jüdische Studierende und Lehrpersonal an den Hochschulen. Und wir brauchen einen Leitfaden im Umgang mit Antisemitismus.

Wir sind dazu im Dialog mit der Landesrektorenkonferenz und ich möchte dem LRK-Vorsitzenden, Prof. Christensen, sehr herzlich für die gute Zusammenarbeit danken.

Danken möchte ich auch unseren schleswig-holsteinischen Hochschulen und Forschungsinstituten, die einen engen Austausch mit den israelischen Partnern pflegen. Im Juli wird der Direktor der German Israeli Foundation for Scientific Research & Developement zu Besuch in Kiel sein. Gemeinsam werden wir uns über Kooperationsmöglichkeit im Wissenschafts- und Forschungsbereich austauschen. Gleichermaßen bin ich im Gespräch mit dem neu gegründeten Netzwerk jüdischer Hochschullehrender in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Und ich werde sie dabei unterstützen, auch in Schleswig-Holstein Ansprechpartner zu finden.

Im Schulbereich setzen wir einen Zehn-Punkte-Plan um, über den wir hier im Landtag schon gesprochen haben. Ich möchte heute nur kurz auf einige wichtige Punkte eingehen. Mit der Änderung des Schulgesetzes verankern wir den Einsatz gegen Antisemitismus, Rassismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit sowie gegen die Wiederbelebung oder Verbreitung des nationalsozialistischen Herrschaftssystems dauerhaft als Bildungs- und Erziehungsziel.

Eine weitere Maßnahme, die langfristig wirkt, ist die verpflichtende Auseinandersetzung mit Antisemitismus und gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit und die Aufnahme entsprechender Kompetenzen sowohl in die Ausbildungsordnung der Lehrkräfte als auch in die Fachanforderungen und Leitfäden der Schulen. Ich habe damit nur zwei Beispiele aus dem 10-Punkte-Plan herausgegriffen, aber diese Beispiele zeigen: Die Beschäftigung mit Antisemitismus, Judentum und Israel darf sich nicht in kurzfristiger Projektarbeit verlieren. Sie muss einen breiten Raum bekommen und nachhaltiger sein, um sich im Alltagsbewusstsein zu verankern.

Das Erinnern und Gedenken braucht ebenfalls seinen Raum. Deshalb fördern wir regelmäßig Fahrtkostenzuschüsse für Schülerfahrten, die im Schnitt jährlich etwas 30 bis 50 Schulen und circa 4.000 Schülerinnen und Schüler erreichen. Die Zuschüsse für diese Fahrten wurden um 20.000 Euro erhöht, dafür danke ich dem Landtag sehr.

Meine Damen und Herren, besonders wichtig ist mir, dass wir das jüdisches Leben sichtbarer und selbstverständlicher machen.

Ich freue mich, dass das Jüdische Museum in Rendsburg mit einer neu gestalteten Dauer-Ausstellung zur Auseinandersetzung und Begegnung vor allem mit dem lebendigen jüdischen Leben heute einlädt.

Auch unser Landesbeauftragter für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus, Dr. Gerhard Ulrich, stärkt das Bewusstsein und das Wissen über die jüdische Kultur und das jüdische Leben in unserer Gesellschaft. Dafür sage ich von Herzen danke.

Meine Damen und Herren, eröffnet habe ich meine Rede mit einem eher düsteren Bild, das uns eine deutliche Warnung sein soll. Schließen möchte ich mit einer Botschaft der Hoffnung und der Zuversicht.

Das sichtbarste Zeichen jüdischen Lebens sind Synagogen.

Deshalb fördern wir den Bau von neuen Synagogen bzw. deren Sanierung und sagen auch damit: jüdische Menschen, jüdischer Glauben, jüdische Kultur und Geschichte sind Teil unserer Identität. Sie gehören zu uns.

Ich freue mich sehr, dass so viele von Ihnen zur Einweihung der Synagoge „Mishkan Shalom“ am Sonntag in Kiel kommen.

Setzen wir gemeinsam ein Zeichen des Zusammenhalts in Vielfalt! 

Verantwortlich für diesen Pressetext: David Ermes | Ministerium für Allgemeine und Berufliche Bildung, Wissenschaft, Forschung und Kultur | Brunswiker Straße 16-22, 24105 Kiel | Telefon 0431 988-2369 | E-Mail: pressestelle@bimi.landsh.de  | Medien-Informationen der Landesregierung finden Sie aktuell und archiviert im Internet unter www.schleswig-holstein.de | Das Ministerium finden Sie im Internet unter www.schleswig-holstein.de

 

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