FLENSBURG. Kinder und Jugendliche, die als Opfer von sexuellem Missbrauch oder auch körperlicher Gewalt in ein Strafverfahren eingebunden sind, müssen mit besonderer Fürsorge, Rücksicht und professioneller Umsicht betreut und begleitet werden. Das Justiz- und das Innenministerium des Landes Schleswig-Holstein unterstützen seit rund zwei Jahren das Flensburger Childhood-Haus und die Finanzierung des Personals, das von pro familia gestellt wird. Vor Beginn der diesjährigen Frühjahrskonferenz der Amtschefinnen und Amtschefs haben sie heute (23. April) das Childhood-Hauses besucht. Dabei stellte die Opferschutzbeauftragte des Landes Schleswig-Holstein, Ulrike Stahlmann-Liebelt, das Konzept des Childhood-Hauses und die Arbeit der verschiedenen Professionen vor.
Schleswig-Holsteins Justizstaatssekretär Otto Carstens erklärte im Anschluss: „Es ist bemerkenswert, dass wir mit dem Childhood-Haus in Schleswig-Holstein ein in anderen Bundesländern erprobtes und wirksames Instrument zur Unterstützung von Kindern und Jugendlichen in Strafverfahren eingeführt haben. Auch innerhalb von Strafverfahren sind Kinder eben Kinder und keine kleinen Erwachsenen. Das Engagement aller hier beteiligten Professionen ist großartig. Durch ihre Unterstützung konnte dieses wertvolle Projekt in Schleswig-Holstein umgesetzt werden.
“. Seinen besonderen Dank richtete Carstens an die Opferschutzbeauftragte: „Bereits in Ihrer Tätigkeit bei der Staatsanwaltschaft Flensburg haben Sie das Thema ‚kindgerechte Justiz‘ stets gelebt. Als Leiterin der Staatsanwaltschaft haben Sie die Idee des Childhood-Hauses Flensburg angeschoben. Als Opferschutzbeauftragte konnten Sie sodann gemeinsam mit den beteiligten Akteurinnen und Akteuren das Projekt umsetzen und mit Leben füllen
.“
Die Opferschutzbeauftragte des Landes Schleswig-Holstein, Ulrike Stahlmann-Liebelt, ergänzte: „Aus der Verfassung und aus der UN-Kinderrechtskonvention ergeben sich besondere Schutz- und Fürsorgepflichten staatlicher Stellen gegenüber Kindern. Das Recht auf Unterstützung und Förderung umfasst auch die Begleitung bei der Wahrnehmung von Rechten. Unter dem Begriff „Kinderschutz – Strafprozessrecht“ sind alle gesetzlichen Vorgaben zu verstehen, die dem Wohl des (verletzten) Kindes im Strafverfahren dienen. Im allgemeinen Justizalltag kann diese Verpflichtung nicht immer umfassend umgesetzt werden (lange Verfahrensdauer). Das Konzept des Childhood Hauses ist dagegen in der interdisziplinären Ausrichtung nach meiner Überzeugung ein Garant dafür, dass alle beteiligten Professionen die Perspektive und die Bedürfnisse des Kindes in jedem Verfahrensstadium ausreichend beachten und dadurch einer Re-Traumatisierung vorbeugen. Es ist damit ein wesentlicher Baustein einer kindgerechten Justiz. Die Rückmeldungen der Betroffenen bestätigen diese Einschätzung.“
Hintergrund
Das Childhood-Haus-Konzept ist eine bundesweite Initiative der World Childhood Foundation, die sich als Stiftung seit mehr als 20 Jahren für den Schutz von Kindern vor Gewalt und Misshandlungen einsetzt. Nach dem Childhood-Haus Konzept sollen Kinder und Jugendliche, die als Opfer sexuellem Missbrauch und/oder von Gewalt in ein Strafverfahren eingebunden sind, mit besonderer Fürsorge über die auf sie zukommenden Abläufe informiert und dabei begleitet werden. Die betroffenen Kinder werden üblicherweise mit verschiedenen Situationen der Vernehmung, medizinischen Untersuchung und Beratung konfrontiert, die eine zusätzliche Belastung bedeuten können. In einem Childhood-Haus sollen alle erforderlichen Maßnahmen unter einem Dach und in einer kinderfreundlichen Umgebung möglich sein. Dazu gehören u.a. polizeiliche und richterliche (§§ 58a, 255a StPO) Videovernehmungen, medizinische Untersuchungen, die Information über Opferrechte und Vermittlung in Unterstützungsangebote. Alle dort handelnden Personen verfügen über entsprechende Qualifikationen und stehen in einem fortdauernden interdisziplinären Austausch. Durch diesen Ansatz soll verhindert werden, dass betroffene Kinder weitere Belastungen erfahren müssen, z.B. durch eine besonders lange Verfahrensdauer.
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