KIEL. Das Gesundheits- und Justizministerium hat zahlreiche Meldungen von Krankenhäusern in Schleswig-Holstein zum kürzlich vom Bundesgesundheitsministerium gestarteten Bundes-Klinik-Atlas erhalten. Nach erster Sichtung bestätigen die Rückmeldungen die Informationen, die bereits aus anderen Bundesländern oder beispielsweise von der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften e. V. (AWMF) bekannt sind: Der Bundes-Klinik-Atlas weist eine Vielzahl von teils gravierenden Fehlern auf.
Schleswig-Holsteins Gesundheits- und Justizministerin Prof. Kerstin von der Decken betont: „Der Bundesgesundheitsminister hatte in Aussicht gestellt, mit dem Bundes-Klinik-Atlas Leben retten zu wollen und eine Orientierung für Qualität zu geben. Wenn aber im Notfall aufgrund falscher Angaben im Bundes-Klinik-Atlas Patientinnen und Patienten fehlgeleitet werden, besteht das Risiko, dass das Gegenteil eintritt. Die Gesundheit von Menschen darf nicht aufgrund falscher staatlicher Information gefährdet werden. Staatliches Informationshandeln unterliegt dem Gebot von Richtigkeit. Die Aussage, dass der Atlas ein lernendes System sei und die Kliniken Fehler selbst melden könnten, ist daher verantwortungslos gegenüber den Nutzerinnen und Nutzern. Denn sie verlassen sich auf das, was sie sehen. Wenn der Bund die Fehler nicht umgehend beheben kann, muss er den Atlas vom Netz nehmen, bis er sie behoben hat. Transparenz ist gut, aber die stellt der Bundes-Klinik-Atlas bisher nicht her
.“
Staatliches Informationshandeln unterliegt dem Gebot von Sachlichkeit und Richtigkeit (vgl. Bundesverfassungsgericht, Beschluss vom 26. Juni 2002 - 1 BvR 558/91 -, Rn. 47, 58, 61, 68). Und es ist geboten, dass „der Sachverhalt vor seiner Verbreitung im Rahmen des Möglichen sorgsam und unter Nutzung verfügbarer Informationsquellen, gegebenenfalls auch unter Anhörung Betroffener (…) aufgeklärt worden ist“ (vgl. BVerfG, a.a.O., Rn. 58). Beides ist im Fall des Bundes-Klinik-Atlas nicht erkennbar.
Schleswig-Holstein hatte sich im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens (Transparenzgesetz) zum Bundes-Klinik-Atlas dafür eingesetzt, dass entsprechende Informationen gesichert und belastbar sein müssen. Gemeinsam mit anderen Ländern hatte Ministerin von der Decken daher gefordert, erst die Krankenhausreform und dann ggf. auf dieser Basis entsprechende gesicherte Informationen in einem solchen Portal zu nutzen. Der Bund hatte diese Hinweise jedoch ignoriert.
Beispiele von Rückmeldungen zu Fehlern oder irreführenden und damit potentiell patientengefährdende Ergebnisse des Bundes-Klinik-Atlas (ggf. möglich, dass zwischenzeitlich Anpassungen bei einzelnen Kliniken aufgrund erfolgter Rückmeldungen vorgenommen worden sind):
- Nutzung veralteter Daten
- schwer nachvollziehbare, zum Teil irreführende Darstellungen
- Kliniken nicht auffindbar
- falsche Angaben zu Notfallstufen, Bettenzahlen und krankenhausindividuellem Leistungsangebot
- angebotene Fachabteilungen nicht korrekt aufgeführt
- fehlerhafte Angabe zu Pflegekräften (die Auswirkung auf eine Qualität suggerierende Grafik haben)
- irreführende Treffer, die gerade im Notfall schwerwiegend sein können: als oberster Treffer erscheinen Kliniken mit den meisten Behandlungsfällen, obwohl diese ggf. in einer anderen Stadt/in großer Distanz liegen können.
- die Systematik des Klinik-Atlas in Bezug auf Krebserkrankungen entspricht nicht dem derzeitigen Kenntnisstand und läuft damit Gefahr, falsche Ergebnisse zu erzeugen
- wie aus den Daten auf die Qualität der Leistungserbringung geschlossen werden soll, ist nicht nachvollziehbar, da offenbar die Anzahl der Behandlungsfälle, nicht aber tatsächliche Qualität der Leistungserbringung berücksichtigt wird
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