Es gilt das gesprochene Wort!
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,
alle Menschen in Deutschland müssen darauf vertrauen können, dass sie bei Notfällen auch außerhalb der regulären Sprechstundenzeiten medizinisch versorgt werden. In Schleswig-Holstein hat die KVSH hierfür 32 Notdienstpraxen, zwölf kinderärztliche Anlaufpraxen und 28 fahrende Dienste eingerichtet, die Patientinnen und Patienten zu Hause besuchen.
An diesem ambulanten ärztlichen Notdienst beteiligen sich, wie in nahezu allen Bundesländern, auch in Schleswig-Holstein Poolärztinnen und Poolärzte ohne Niederlassung. Diese etwa 450 Ärztinnen und Ärzte übernehmen freiwillig annähernd 30 Prozent der anfallenden Bereitschaftsdienste. Sie entlasten die niedergelassene Ärzteschaft und auch die Notaufnahmen der Krankenhäuser. Sie sind auf Honorarbasis selbstständig tätig. Für sie mussten bislang keine Sozialabgaben entrichtet werden.
Dies könnte sich jedoch ändern. Hintergrund ist ein Urteil des Bundessozialgerichts vom 24. Oktober zu einem Zahnarzt, der freiwillig am Notdienst teilnahm und nach Auffassung des Gerichts nicht-selbstständig und somit sozial- und rentenversicherungspflichtig war.
Noch steht eine Begründung des Urteils aus. Zudem handelt es sich um eine Einzelfallentscheidung. Somit ist noch nicht eindeutig geklärt, ob nun alle Poolärztinnen und -ärzte als nicht-selbstständig gelten.
Es ist aber angesichts der ungewissen Situation nachvollziehbar, dass die KVSH nach dem Urteil entschieden hat, allen Poolärztinnen und Poolärzten zum Jahresende zu kündigen. Auch in anderen Bundesländern wurden entsprechende Kündigungen ausgesprochen. Die Kassenärztlichen Vereinigungen verwiesen dabei auf die zusätzlichen Kosten und den bürokratischen Mehraufwand. Auch wird angenommen, dass die Poolärztinnen und Poolärzte selbst kein Interesse an einer sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung haben könnten.
Der Notdienst muss nun wieder allein von niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte geleistet werden, die dazu von der KVSH zur Sicherung der Notfallversorgung verpflichtet werden können. Erhebliche Mehrbelastungen der Ärzteschaft, aber auch der Rettungsdienste und mittelbar der Notaufnahmen werden die Folge sein. Auch könnte es weitere Auswirkungen auf die Notversorgung geben, da Ärztinnen und Ärzte, die zum Notdienst verpflichtet werden oder diesen nicht regelmäßig leisten, weniger damit vertraut sind. Nicht zuletzt könnte auch die Niederlassung als solche an Attraktivität verlieren. Konkrete Auswirkungen wird es auch auf die Versorgung bei uns im Land geben: Die KVSH hat entschieden, Anlaufpraxen an neun Standorten an bestimmten Wochentagen zu schließen.
Deshalb ist das Ziel, die bewährte Struktur zu erhalten. Der Bund sollte also in Anlehnung an die nebenberufliche Tätigkeit von Nicht-Vertragsärztinnen und -ärzten, die als Notärztinnen und Notärzte selbstständig tätig sind, auch für die Poolärztinnen und -ärzte im SGB IV eine Ausnahmeregelung zur Befreiung von der Sozialversicherungspflicht einführen.
Bereits vor dem Urteil des Bundessozialgerichts hat sich die Landesregierung im Rahmen der Gesundheitsministerkonferenz im März und einer Befassung des Bundesrats im Mai für eine bundesgesetzliche Anpassung eingesetzt. Ende Oktober haben wir ein Schreiben des GMK-Vorsitzlandes an die zuständigen Bundesminister unterstützt. Und wir werden uns weiterhin mit Nachdruck für eine entsprechende Lösung einsetzen. Mit dem Rückenwind aller Fraktionen im Landtag, wofür ich sehr dankbar bin.