Angesichts der aktuellen Ereignisse rund um den Hamas-Terroranschlag in Israel hat das Kabinett um Ministerpräsident Günther in Kiel die Vertreter der jüdischen Landesverbände in Schleswig-Holstein getroffen.
"Wir haben die Angehörigen der jüdischen Landesverbände ins Kabinett eingeladen, weil es uns ein wichtiges Anliegen ist, zu erfahren, wie es unseren jüdischen Mitmenschen geht und wie wir sie als Land noch mehr unterstützen können", sagte Ministerpräsident Daniel Günther im Anschluss an das Treffen. In Kiel hatte sich das Kabinett mit den Vertretern der jüdischen Landesverbände in Schleswig-Holstein und dem Antisemitismusbeauftragten, Dr. Gerhard Ulrich, ausgetauscht. Themen des Gesprächs waren die aktuellen Ereignisse in Israel, deren Auswirkungen und die Situation der Jüdinnen und Juden in Schleswig-Holstein seit den terroristischen Angriffen der Hamas. Seit dem 7. Oktober kommt es deutschlandweit, auch im Norden, vermehrt zu Vorfällen und Straftaten mit antisemitischem Hintergrund.
Zusätzliche Sicherheitsvorkehrungen
Infolgedessen habe das Land für die erhöhten Sicherheitsbedarfe schnell zusätzliche Vorkehrungen ergriffen und Mittel bereitgestellt, betonte Günther. Das Gespräch habe gezeigt, dass das auch notwendig sei. "Es waren bewegende und eindrückliche Schilderungen. Wir haben von einer tiefen Verunsicherung in den Gemeinden gehört. Es ist für uns als Gesellschaft eine bittere Wahrheit, erkennen zu müssen, dass wir nicht mehr garantieren können, was selbstverständlich sein sollte und sein muss: Dass Jüdinnen und Juden sich bei uns sicher fühlen." Bis Mitte November hatte die Landespolizei mehr als 60 Straftaten mit Bezug zu den Terrorangriffen der Hamas in Israel registriert, bei rund 50 muss von einer antisemitischen Motivation ausgegangen werden.
Es gebe es verschiedene Projekte und Initiativen, um dem Antisemitismus zu begegnen, sagte der Ministerpräsident. Dazu zählten etwa der "Runde Tisch SHalom & Moin", eine interministeriellen Arbeitsgruppe zur Erstellung eines Landesaktionsplans gegen Antisemitismus und für die Förderung der Sichtbarkeit jüdischen Lebens sowie die Position einer Sonderstaatsanwältin mit Funktion einer Antisemitismus-Beauftragten bei der Generalstaatsanwaltschaft Daneben brauche es aber auch einen gesellschaftlichen Schulterschluss.
Der Antisemitismus sei kein Problem von Jüdinnen und Juden, erklärte der Regierungschef. "Wir müssen uns ehrlich mit jeglicher Art von Antisemitismus in unserer Gesellschaft auseinandersetzen und ihn bekämpfen. Wir müssen unsere jüdischen Mitbürgerinnen und Mitbürger hör- und wahrnehmbar unterstützen und antisemitische Tendenzen bereits im Keim ersticken. Auch im privaten Umfeld und im noch so kleinen Kreis dürfen wir Antisemitismus niemals unwidersprochen lassen." Nur dann könne Schleswig-Holstein auch jüdischen Menschen ein sicherer Ort und ein Zuhause sein. "Unsere Offenheit, Toleranz und Vielfältigkeit zeichnet den Norden aus. Und dass wir füreinander da sind. Lassen Sie uns auch jetzt füreinander da sein und aufeinander aufpassen."
Stimmung im Land ändern
Der Vorsitzende der Jüdischen Gemeinschaft Schleswig-Holstein, Igor Wolodarski, sagte: "Wir konnten bei den konstruktiven Gesprächen im Kabinett die Situation der jüdischen Gemeinschaft im Land deutlich machen: Die Menschen machen sich Sorgen um die Zukunft ihrer Kinder und Enkelkinder. Und sie machen sich Gedanken, ob sie das Land verlassen sollen. Ein zweiter Exodus der Jüdinnen und Juden aus Deutschland wäre eine Katastrophe. Das Gespräch von heute hat aber auch gezeigt, dass wir uns auf die Landesregierung verlassen können und uns von ihr geschützt fühlen. Wir müssen jetzt die Stimmung im Land ändern, einen Blick auf die Gesellschaft werfen und schauen, was falsch läuft. Die geplante Änderung der Landesverfassung halten wir für enorm wichtig und notwendig. Aufgrund der entstandenen Situation ist uns zudem deutlich geworden, dass die Gesetzeslage auf Bundesebene auch entsprechend neu bewertet werden sollte."
Appell für eine differenzierte Diskussionskultur
"Der 7. Oktober hat uns wie ein Schlag getroffen. Wir befinden uns seitdem in einem permanenten Spannungsfeld. Dieser Zustand der Verunsicherung zermürbt und lässt uns in den jüdischen Gemeinden nicht ruhig schlafen. Ein differenzierter Blick der Gesellschaft auf den Nahostkonflikt, eine differenzierte Diskussionskultur würden uns bereits helfen", sagte Walter Blender, der Vorsitzende des Landesverbands der Jüdischen Gemeinden in Schleswig-Holstein. "Wir wissen es daher sehr zu schätzen, dass wir uns mit der Landesregierung austauschen und Fragen stellen konnten, uns zugehört wurde und wir gemeinsam Zukunftspläne schmieden konnten."
Gemeinsam für die Sicherheit jüdischen Lebens
Der Beauftragte für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus, Dr. h. c. Gerhard Ulrich, sagte: "Die heutige Kabinettssitzung hat deutlich gemacht, dass die Landesregierung unverrückbar an der Seite der Jüdinnen und Juden in unserem Land steht und sich in diesen Tagen mit aller Stärke und Entschlossenheit für die Sicherheit jüdischen Lebens und den Kampf gegen Antisemitismus einsetzt. Hierfür bin ich dem Ministerpräsidenten, aber auch der gesamten Landesregierung ausgesprochen dankbar."
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