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Der Ministerpräsident - Staatskanzlei : Thema: Ministerien & Behörden

Daniel Günther

Ministerpräsident

Rede von Ministerpräsident Daniel Günther zur Trauerfeier für Heide Simonis am 28. Juli 2023

Trauerrede von Ministerpräsident Günther in der Petruskirche Kiel.

Letzte Aktualisierung: 28.07.2023

Es gilt das gesprochene Wort!

Liebe Familie, liebe Freundinnen und Freunde der Verstorbenen,

sehr geehrter Pastor Engel,

sehr geehrter Herr Bundesminister,

sehr geehrte Frau Landtagspräsidentin,

sehr geehrte Frau Midyatli und sehr geehrter Herr Engholm,

liebe Trauergemeinde,

wir trauern mit Ihnen, lieber Udo Simonis und Ihrer gesamten Familie.

Vorreiterin und Wegbereiterin

Wir verabschieden uns heute von Schleswig-Holsteins Ehrenbürgerin Heide Simonis.

Der ersten Ministerpräsidentin in Deutschland. Und damit wird schon deutlich, was sie Zeit Ihres politischen Lebens war: Eine Vorreiterin und eine Wegbereiterin für so viele Frauen in Deutschland.

1971: Kieler Ratsfrau mit nicht einmal einer Handvoll weiterer Frauen.

1976: mit 33 Jahren die jüngste Abgeordnete im Deutschen Bundestag. Nur 7 Prozent der Abgeordneten damals waren Frauen.

Und dann ging sie auch noch in den Haushaltsausschuss – der absoluten Männerdomäne zu dieser Zeit.

Schnell wurde sie für ihr großes finanzpolitisches Verständnis geschätzt. Deshalb holte Björn Engholm sie 1988 als Finanzministerin nach Schleswig-Holstein.

Die zweite Frau überhaupt in Deutschland auf diesem Posten. Und 1993 dann die erste Frau an der Spitze einer deutschen Landesregierung.

Heide Simonis hat mal erzählt, dass ein Landwirt damals entsetzt ausgerufen hatte: "Das ganze schöne Land in der Hand einer einzigen Frau!"

Große Verdienste

Meine Damen und Herren,

es waren andere Zeiten. Heute sind wir gesellschaftspolitisch weiter. Auch, weil Frauen wie Heide Simonis das erkämpft haben.

Als Pionierin, als Ministerpräsidentin, als Sozialdemokratin und als Mensch hat Heide Simonis bis heute viele sichtbare Spuren hinterlassen.

Das hat auch die überwältigende bundesweite Anteilnahme nach ihrem Tod gezeigt.

In der Meerespolitik hat sie Kräfte gebündelt: Werften und Häfen, Aquakultur und Ozeanforschung, Ostseeschutz und Schiffsverkehr – dank ihrer Initiativen sind wir in Schleswig-Holstein in diesen Bereichen weit besser aufgestellt.

Den Ausbau der erneuerbaren Energie hat Heide Simonis ebenfalls kräftig vorangetrieben. Auch dank ihrer Weitsicht ist Schleswig-Holstein heute das Windland Nummer eins.

Ihre enge persönliche Verbundenheit mit Japan hat Heide Simonis auf Schleswig-Holstein übertragen: Nach dem verheerenden Erdbeben in Kobe 1995 hat sie sich dafür stark gemacht, eine Partnerschaft zwischen der Provinz Hyōgo und unserem Land Schleswig-Holstein ins Leben zu rufen. 1997 wurde diese Partnerschaft dann offiziell begründet.

Sie hat seitdem Bestand und ist eine verlässliche Brücke für wirtschaftliche, akademische und kulturelle Kontakte. Der japanische Kaiser Akihito hat sie dafür mit dem Orden der aufgehenden Sonne ausgezeichnet.

Eine nahbare Politikerin

Was Heide Simonis bei den Menschen vor allem so beliebt gemacht hat, war ihre unverwechselbare Art. Sie war immer nahbar. Ansprechbar. Hat sich in die Sorgen und Nöte der Menschen hineinversetzen können.

Sie hat Politik so erklärt, dass jede und jeder sie verstanden hat. Sie ist auf die Leute zugegangen, auf dem Flohmarkt, beim Einkaufen. Sie hat zugehört, hat mitgefühlt. Und ihre Antworten waren ein klarer Schnack. Kein abgehobener Sprech, keine Floskeln, kein Rumgeeier.

Als Heide Simonis die Kieler Woche eröffnet hat mit den Worten: "Viel Spaß, und macht keinen Scheiß!" – da war das zu 100 Prozent die authentische Heide Simonis, die so viele Menschen geschätzt haben. Sie hat einmal über sich selbst gesagt: Das Abweichen vom Protokoll sei nun mal ihr ganz eigener Stil.

Das war für diejenigen, die für sie gearbeitet haben, nicht immer leicht. Manchmal brauchte ihr Regierungssprecher Tage, um glattzubügeln, was Simonis mal flink über die Lippen ging.

Doch so etwas machte Heide Simonis mit ihrem wertschätzenden Umgang gegenüber den Mitarbeitenden wieder wett. In der Weihnachtszeit hat sie für engsten Mitarbeitenden gekocht. Und die Beschäftigten in der Staatskanzlei fanden als kleines Dankeschön auch mal ein Präsent auf ihrem Schreibtisch.

Zu ihrem Stil gehörte auch, dass sie von ihren Mitarbeitenden das offene Wort geschätzt hat. Wenn es sich ergeben hat, hat sie sich auch gerne die klaren Worte des Haus-Boten angehört.

Ich denke: Mit dieser Art hat Heide Simonis auch erreicht, dass Menschen sich für Politik interessiert haben und gehört fühlten, die das sonst nicht taten.

Ihr Herz schlug jedenfalls zeitlebens für alle Bürgerinnen und Bürger, besonders auch für diejenigen, die nicht zu den Privilegierten gehören.

Und das hat sich bei Heide Simonis auch mit dem Ausscheiden aus dem Amt nicht geändert. Deshalb hat sie sich als überzeugte UNICEF-Botschafterin für soziale Gerechtigkeit eingesetzt.

Auch über UNICEF hinaus hat sie die Schirmherrschaft über viele wichtige Initiativen übernommen, beispielsweise "Schüler helfen Leben", die "Initiative für mehr Zivilcourage" und die Schleswig-Holsteinische Tafelarbeit.

Dinge, die ihr wichtig waren: Für die hat sie gekämpft. Heide Simonis ist nie einer Debatte ausgewichen. Sie hat keinen Konflikt gescheut, wenn es um eine wichtige Sache ging. Selbst nicht mit dem Kanzler der eigenen Partei.

Eine "Power-Frau"

Meine Damen und Herren,

wir gedenken in dieser Stunde einer Frau, die man heute eine "Power-Frau" nennen würde, die das Erscheinungsbild unseres Landes entscheidend mitgeprägt hat. Unter ihrer Führung hat Schleswig-Holstein einen großen Sprung nach vorne gemacht.

Es waren Zeiten des Strukturwandels, in denen Heide Simonis Weichen gestellt hat. Sie hat mutig neue Wege eingeschlagen – auch, wenn die wie im Falle der HSH Nordbank nicht immer von Erfolg gekrönt waren.

Pastor Engel hat es eben erwähnt, was Heide Simonis einmal prophezeit hat, was an ihrem Grab über das jähe Ende ihrer Amtszeit gesagt werden würde. Und wie Sie, Pastor Engel, bereits festgestellt haben: Unsere Ehrenbürgerin hat in vielem Recht behalten.

Aber hier irrte sie.

Der Tag des Scheiterns ihrer Wiederwahl hinterließ tiefe Verletzungen bei ihr. Er ist Teil ihrer Biografie, aber er ist nicht Teil ihres Vermächtnisses.

Das sind ihre Leistungen und Verdienste. Und ihre Verdienste als Ministerpräsidentin, ihre Verdienste um unser Land waren zahlreich.

Sie hat Schleswig-Holstein moderner und vielfältiger gemacht. Und sie hat auch für neues Selbstbewusstsein unter den Schleswig-Holsteinerinnen und Schleswig-Holsteinern gesorgt.

Heide Simonis kannte in Deutschland jede und jeder. Auf sie wurde man angesprochen. Wir waren stolz, die erste und einzige Ministerpräsidentin Deutschlands zu haben.

Wahl-Schleswig-Holsteinerin mit ganzem Herzen

Obwohl Heide Simonis gebürtig aus dem Rheinland kam, hat sie sich mit Land und Leuten identifiziert.

Und sie hat ja sogar kulinarische Entwicklungshilfe geleistet. Wenn sie anfangs irgendwo im Norden ein Glas Wein bestellt hat, konnte sie sich lediglich entscheiden zwischen "Sööt or suer"?

Das hat sich schnell gegeben. Inzwischen kommen aus Schleswig-Holstein sogar eigene Weine.

Heide Simonis hat immer an unser Land geglaubt. Sie hat die Menschen in Schleswig-Holstein immer wieder darin bestärkt, an sich und die Stärken dieses Landes zu glauben.

Mit der ihr eigenen Beharrlichkeit hat Simonis viel für Schleswig-Holstein erreicht. Das Ankommen im hohen Norden war für die Rheinländerin nach mehreren Jahren im Ausland nicht immer leicht.

Doch letztlich hat sich ihr rheinländisches Temperament mit der besonnenen Art mancher Schleswig-Holsteiner versöhnt und Schleswig-Holstein ist zur geliebten Heimat von Heide Simonis geworden. Sie liebte das Land und die Menschen – und die Menschen liebten sie.

Deshalb werden so viele Menschen Heide Simonis auch schmerzlich vermissen. Sie wird uns fehlen. Unsere Ehrenbürgerin, unsere erste Ministerpräsidentin.

Schleswig-Holstein verneigt sich vor der Lebensleistung von Heide Simonis. Wir werden ihr Andenken gut behüten.

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