Am 24. November 2018 öffnete das Archäologische Landesamt Schleswig-Holstein (ALSH) seine Türen für Sporttaucher aus ganz Schleswig-Holstein und von außerhalb. Der im Rahmen des BalticRIM--Baltic Sea Region Integrated Maritime Cultural Heritage Management-Projektes organisierte Workshop war mit dem Ziel initiiert worden, einerseits Sporttaucher für das Thema des Unterwasserkulturerbes und dessen Gefährdung zu sensibilisieren, andererseits, um auf die reiche Kenntnis von Sporttauchern mit Bezug auf mögliche Fundplätze zurückgreifen zu können, die dem ALSH noch unbekannt sind.
Da das ALSH selbst nur Unterwasser-Prospektionen im Rahmen von Umweltverträglichkeitsprüfungen zu geplanten wasserbaulichen Maßnahmen durchführt, wie zuletzt bei der Fehmarnbeltquerung, sind Informationen von Sporttauchern von herausragender Bedeutung. Zudem können sie auch umweltliche Veränderungen wahrnehmen, die mitunter Einflüsse auf archäologische Fundplätze haben, wie z. B. durch Stürme freierodierte Wracks. Ihre Beobachtungen sind also auch hinsichtlich des „site monitoring“ wertvoll.
Mit rund 70 Workshop-Anmeldungen stieß diese Initiative auf eine so große Resonanz, dass der Vortragssaal auf Annettenhöh, dem Sitz des ALSH, seine Kapazitätsgrenzen erreichte. Nach Begrüßung durch den BalticRIM--Baltic Sea Region Integrated Maritime Cultural Heritage Management-Projektleiter Matthias Maluck (ALSH) stellte Dr. Stefanie Klooß (ALSH) die Arbeit des Landesamtes vor, insbesondere den durch ihr Dezernat abgedeckten Zuständigkeitsbereich für die schleswig-holsteinischen Küstengewässer. Dr. Daniel Zwick (ALSH) referierte über den gesetzlichen Schutz des Unterwasserkulturerbes, das archäologische Potenzial von „Anomalien“ und die im Rahmen des BalticRIM--Baltic Sea Region Integrated Maritime Cultural Heritage Management-Projekts geplanten Maßnahmen.
Dr. Sönke Hartz (Museum für Archäologie Schloss Gottorf, Schleswig) berichtete von seiner jahrelangen guten Zusammenarbeit mit Sporttauchern zur Erforschung von submarinen prähistorischen Siedlungsplätzen und Elmar Klemm (Verband Deutscher Sporttaucher e.V.) zeigte anhand von Praxisbeispielen, wie sich auch interessierte Laien im Bereich der Unterwasserarchäologie und Ausbildung stark engagieren können. Abgerundet wurde das Programm von Gabriele Dederer (WWF--World Wide Fund For Nature - Geisternetze-Projekt), die Netzhaker-Positionen auf den Grund geht: Hierbei handelt es sich um Anomalien auf dem Meeresgrund, an denen Fischer ihre Netze verlieren. Während der WWF--World Wide Fund For Nature diese entfernen und entsorgen will, können diese Haker-Positionen auch archäologisch wichtige Fundplätze darstellen, v. a. Wrackfundstellen, weshalb ein gemeinsames Interesse an dessen Ortung und Betauchung besteht und bereits im Vorfelde zu einem Synergie-Effekt zwischen der archäologischen Denkmalpflege und dem Umweltschutz führte.
Den Abschluss des Vortragsprogrammes bildete eine große Diskussionsrunde, in dem sich v. a. der Wunsch vieler Sporttaucher niederschlug, in die Entdeckung, Erforschung und den Schutz des Unterwasserkulturerbes stärker involviert zu werden. Kritische Stimmen, welche eine Einschränkung der Betauchung an archäologischen Fundplätzen befürchteten, führten den Denkmalpflegern vor Augen, wie wichtig eine gute Außenkommunikation und Öffentlichkeitsarbeit sei, um das Gros dieser Befürchtungen auszuräumen. Auch wenn noch nicht alle Anliegen geklärt werden konnten, war dies ein erfolgreicher erster „Aufschlag“, bei dem in geselliger Runde bei Kaffee und Kuchen Kontakte geknüpft und Fragen diskutiert werden konnten, die weitere Themen, Projekte und Kooperationen für die Zukunft beinhalten.
Wissenschaftler aus dem gesamten Ostseeraum zu Gast in Schleswig
Im Rahmen des ersten Treffens der BalticRIM--Baltic Sea Region Integrated Maritime Cultural Heritage Management-Projektpartner, das am 10./11. Januar 2018 vom Archäologischen Landesamt in Schleswig ausgerichtet wurde, trafen sich Denkmalpfleger und Raumplaner aus Dänemark, Deutschland, Estland, Finnland, Litauen, Polen und Russland, um sich auf eine gemeinsame Strategie zur Umsetzung des Projekts zu verständigen. Gegenwärtig wird der Versuch unternommen, die unterschiedlichen landestypischen Vorgehensweisen in der Kategorisierung und Bewertung des Unterwasserkulturerbes auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen.
Erste Beispiele für eine Zonierung von weiträumigen unterwasserarchäologischen Fundplätzen wurden in Vorträgen vorgestellt, wie z. B. das Svensksunder Gebiet bei der finnischen Stadt Kotka, wo 1790 die größte Seeschlacht Skandinaviens zwischen der schwedischen und russischen Marine stattgefunden hat. Von dieser Schlacht sind noch zahlreiche gut erhaltene Wracks erhalten, die aber unmittelbar im Bereich des Containerhafens und moderner Wasserstraßen liegen, sodass der Erhaltungszustand der Wracks zunehmend durch Schiffspropeller-Verwirbelungen bedroht wird.
Ähnliche Beispiele liegen aus dem gesamten Ostseeraum vor. Dies verdeutlicht die Notwendigkeit der Einbeziehung des Unterwasserkulturerbes in die Maritime Raumplanung, um einen nachhaltigen Schutz sicherzustellen, aber gleichzeitig auch Chancen zur touristischen und musealen Erschließung aufzuzeigen.
Die Raumplaner kommentierten die denkmalpflegerischen Ansätze aus planerischer Sicht und lieferten Hinweise, welche Informationen zur Umsetzung benötigt werden.
Das nächste Treffen ist für Juni 2018 in Kopenhagen angesetzt.
Das BalticRIM-Projekt zeige eindrucksvoll den hohen Nutzwert, wenn unterschiedliche Kompetenzen gebündelt und gemeinsam weiterentwickelt werden, sagte der Europaminister Claus Christian Claussen anlässlich seiner Bootsfahrt mit der Wikingerschiffsrekonstruktion „Sigyn“ auf der Schlei. "Wir legen damit einen Grundstein für den nachhaltigen Schutz archäologischer Kulturgüter und unseres gemeinsamen kulturellen Erbes in der Ostsee."
Besonderes Kulturerbe
Sie ist wohl eines der einzigartigsten Gewässer der Erde – die Ostsee. Da das Gewässer gezeitenlos ist und daher der Wasseraustausch im Gebiet der dänischen Belte zwischen der salzigen Nordsee und der brackigen Ostsee gering ist, bildet letztere keinen optimalen Lebensraum für die Schiffbohrmuschel (Teredo navalis), die unter Seeleuten als "Zerstörer" gefürchtet ist, da sie Holz zersetzt. Allerdings ist der Salzgehalt in der westlichen Ostsee noch hoch genug, um Schiffbohrmuscheln einen Lebensraum zu bieten. Daher ist Schleswig-Holsteins Unterwasserkulturerbe wie Holzwracks oder andere archäologische Fundplätze mit Artefakten und Bauwerken aus Holz akut gefährdet, sofern es nicht von einer schützenden Sedimentschicht bedeckt ist oder in einem Binnengewässer oder einer tiefen Meeresbucht wie der Schlei mit niedrigerem Salzgehalt liegt.
Schutz der Ostsee
Durch u. a. Schiffsverkehr und Tunnelbauten ist die Ostsee Veränderungen ausgesetzt. Um die Kulturgüter der Ostsee weiter zu schützen, startete 2017 das Projekt "Baltic Sea Region Integrated Maritime Cultural Heritage Management" (kurz: BalticRIM). Ziel der Forscher:innen ist es, Gebiete zu identifizieren, die archäologisches Potenzial haben und deshalb geschützt werden sollen. So wird sichergestellt, dass archäologisch wichtige Gebiete erstmals mit in die Raumordnung einbezogen werden können.
Während der Bootstour ließ der Minister eine Spezialboje auf Höhe des unter Wasser befindlichen frühmittelalterlichen Seesperrwerks des Danewerks vor der Halbinsel Reesholm zu Wasser. Mit den an der Boje angehängten Hölzern kontrollieren die Wissenschaftler:innen, ob ein Befall durch die Schiffsbohrmuschel durch saisonal-bedingte Schwankungen im Salzgehalt stattfindet. "Mit dieser Bojen-Markierung setzen wir ein sichtbares Zeichen zum Schutz des maritimen Kulturerbes unseres Landes", betonte der Minister.
Mit an Bord waren auch der Leiter des Archäologischen Landesamtes Schleswig-Holstein, Dr. Ulf Ickerodt, und die Projektkoordinatoren Matthias Maluck und Dr. Daniel Zwick.
Hintergrund
Das Archäologische Landesamt Schleswig-Holstein (ALSH) ist Träger des INTERREG -finanzierten Projekts. Dieses bringt erstmals Denkmalschützer:innen und Raumplaner:innen aus fast allen Ostseeanrainerstaaten zusammen, um künftig das maritime Kulturerbe in die Raumordnung der Ostsee einzubeziehen und dadurch nachhaltig zu schützen. Neben Deutschland beteiligen sich auch Polen, Finnland, Estland, Litauen, Dänemark und Russland.
Insgesamt stehen für die Projektdauer von 2017 bis 2020 gut 2,62 Millionen Euro zur Verfügung. Davon erhält Schleswig-Holstein einen Anteil von 500.000 Euro. Minister Claussen betonte, dass sich Schleswig-Holstein auch in Zukunft für ein finanziell gut ausgestattetes und strategisch optimal aufgestelltes neues INTERREG-Ostseeprogramm nach 2020 einsetzen werde
Das BalticRIM Projekt hat 2020 seinen Abschluss gefunden
Informieren Sie sich über die Ergebnisse in dem Handbuch und dem Final Report!
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