Eine Frau befuhr in Gesellschaft ihres Ehemannes mit ihrem Motorboot die Schlei, einen schmalen Meeresarm der Ostsee, bei Kappeln. Die Frau hat den Sportbootführerschein See. Ihr Ehemann hat keinen Sportbootführerschein. Das Ehepaar traf auf ein auf Grund gelaufenes Segelboot und wollte der anderen Besatzung zu Hilfe kommen. Dabei lief das Motorboot, mit dem Ehemann am Steuer, selbst auf Grund auf und wurde beschädigt. Die Eheleute befreiten ihr Motorboot und schleppten den Segler erfolgreich frei. Die Frau wandte sich an ihre Versicherung, um die Schäden an ihrem Motorboot ersetzt zu bekommen. Erfolglos. Ihre Versicherung lehnte die Regulierung des Schadens mit der Begründung, die Frau habe die Schäden vorsätzlich oder wenigstens grob fahrlässig verschuldet, ab. Insbesondere warf die Versicherung der Frau vor, dass ihr Ehemann das Motorboot gesteuert hatte. Auch hätten sie sich dem auf Grund gelaufenen Segelboot nur unter ständiger Prüfung der Wassertiefe mittels einer Stocherstange („Loten und Staken“) annähern dürfen. Der Frau verklagte daraufhin ihre Versicherung auf Regulierung der Schäden an ihrem Motorboot.
Die Versicherungsbedingungen:
Die Klägerin unterhielt bei der Beklagten eine Wassersportkaskoversicherung für das Boot. Vereinbart waren die Allgemeinen Bedingungen für die Kasko-Versicherung von Wassersportfahrzeugen. Ausgeschlossen von der Versicherung waren danach Schäden, die vorsätzlich von dem Fahrzeugführer herbeigeführt wurden. Zudem war der Versicherer berechtigt, seine Leistungen in einem der Schwere des Verschuldens des Versicherungsnehmers entsprechenden Verhältnis zu kürzen, wenn der Versicherungsnehmer den Versicherungsfall grob fahrlässig herbeiführt.
Die Entscheidung:
Das Amtsgericht verurteilte die Versicherung. Sie musste der Frau den entstandenen Schaden ersetzen. Nach Auffassung des Gerichts habe die Frau bei der Annäherung an das havarierte Boot fahrlässig gehandelt, da sie hierbei nicht die Wassertiefe ausreichend kontrolliert habe. Eine grobe Fahrlässigkeit sei der Frau hingegen nicht vorzuwerfen. Entgegen der Ansicht der Versicherung habe sie ihrem Ehemann das Steuer überlassen dürfen, auch wenn dieser selbst keinen Sportbootführerschein hatte. Denn er steuerte das Boot nicht in eigener Verantwortung, sondern unter ständiger Aufsicht seiner Frau. Im Übrigen dürfe man die Sorgfaltspflichtverletzung der Frau bei der Annäherung an das andere Boot vor dem Hintergrund der geleisteten Hilfe, die auch den Versicherern zu Gute kommt, nicht zu streng beurteilen. Das Gericht führte hierzu aus,
„dass Hilfeleistung für Havaristen unter Sportbootführern üblich ist und nach den Erfahrungen des Gerichts jedenfalls als sittliche Verpflichtung angesehen wird, selbst wenn keine Gefahr für Leib oder Leben des Havaristen besteht. Es liegt auf der Hand, dass Schleppmanöver mit erhöhten Risiken verbunden sind. Es ist nicht unentschuldbar, diese Risiken bei der Hilfeleistung für andere einzugehen, da jeder Sportbootführer selbst einmal auf fremde Hilfe angewiesen sein kann. Uneigennützige gegenseitige Hilfeleistung ist nicht nur im Interesse aller Schiffseigner, sondern auch der Versicherer, da dadurch Schäden an Booten durch Strandung, Kollision und Materialbruch verhindert werden können, Aufwendungen für Schleppen und Bergen werden vermieden. Die Bereitschaft zu diesen mitunter komplexen Manövern würde sinken, würden einfache, alltägliche Fehler den Versicherungsschutz gefährden.“.
Die Versicherung war daher nach Auffassung des Gerichts zur Schadensregulierung verpflichtet.
Das Urteil vom 24.11.2023 (Az.: 2 C 6/23) ist rechtskräftig. Es ist hier kostenfrei abrufbar über die Landesrechtsprechungsdatenbank Schleswig-Holstein.
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