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Landesarbeitsgericht
Schleswig-Holstein
und Arbeitsgerichte
: Thema: Gerichte & Justizbehörden

Keine Inflationsausgleichsprämie für Leiharbeitnehmerin

Wie in der Pressemitteilung 2/2024 ausgeführt, erhält ein Leiharbeitnehmer nicht ohne weiteres eine Inflationsausgleichsprämie, die im Entleiherbetrieb den dort Beschäftigten gezahlt wird. Das Landesarbeitsgericht (5 Sa 222 d/24) hat mit Urteil vom 6. März 2025 die erstinstanzliche Entscheidung bestätigt.

Letzte Aktualisierung: 09.07.2025

Die Klägerin wurde von ihrer Arbeitgeberin, einem Arbeitnehmerüberlassungsunternehmen - der Beklagten -, in einem Unternehmen der Metall- und Elektroindustrie („Entleiherin“) eingesetzt. Das Arbeitsverhältnis endete zum 31. Juli 2023. Der Arbeitsvertrag der Parteien verwies u.a. auf die für Leiharbeitnehmer geltenden Tarifverträge über Branchenzuschläge für die Metall- und Elektroindustrie („TV BZ ME“) sowie Inflationsausgleichsprämie („TV IAP ME“). Die Entleiherin füllte der Beklagten einen „Fragebogen zur Ermittlung von Equal Pay sowie des Branchenzuschlags ab dem 16. Einsatzmonat“ aus. Die Mitarbeiter im Betrieb der Entleiherin erhielten im Juni 2023 eine Inflationsausgleichsprämie i.H.v. EUR 1.000,00, die Klägerin dagegen nicht. Sie macht nun gerichtlich diese EUR 1.000,00 sowie weitere EUR 1.200,00  geltend. Für die erste Zahlung bestehe durch den Fragebogen eine

 

 

Equal-pay-Vereinbarung zwischen der Klägerin und ihrer Arbeitgeberin, der Beklagten. Im Übrigen sei die Gleichstellung nicht per Tarifvertrag ausgeschlossen worden. Hinsichtlich der zweiten Zahlung könne die Inflationsausgleichsprämie nach dem TV IAP ME bereits dann verlangt werden, wenn deren Voraussetzungen nach Inkrafttreten des Tarifvertrages, aber vor dem ersten Auszahlungszeitpunkt im Januar 2024 erfüllt gewesen seien. Damit sei die Prämie auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses auszuzahlen.

 

Das Landesarbeitsgericht entschied, dass der von der Entleiherin ausgefüllte Fragenbogen der Beklagten keine Equal-pay-Vereinbarung mit deren Arbeitnehmern darstellt. Die Klägerin hat auch nicht die Voraussetzungen für eine Gleichstellung mit den Mitarbeitern der Entleiherin i.S.d. § 8 Abs. 1 Satz 1 AÜG vorgetragen. Dazu muss sie als darlegungs- und beweisbelaste Klägerin einen Gesamtvergleich der Entgelte im Überlassungszeitraum vornehmen. Dem wird sie nicht gerecht: Der Verweis, der Klägerin müsse die Inflationsausgleichsprämie schon deshalb gezahlt werden, weil die Stammarbeitnehmer der Entleiherin diese erhalten hätten, reicht dafür nicht aus. Die Klägerin kann die Inflationsausgleichsprämien auch nicht aus dem TV IAP ME beanspruchen: Die Auslegung des Tarifvertrags ergibt, dass im jeweiligen Auszahlungsmonat (Januar – November 2024) der tariflichen Inflationsausgleichsprämien– anders als die Klägerin meint – noch ein Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien bestanden haben muss. Hier endete das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin aber bereits in 2023.

 

Die Entscheidung ist rechtskräftig.

 

Diese Pressemitteilung finden Sie demnächst im Internet auf unserer Homepage unter

www.schleswig-holstein.de/LAG

 

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AÜG § 8

 

(1) Der Verleiher ist verpflichtet, dem Leiharbeitnehmer für die Zeit der Überlassung an den Entleiher die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts zu gewähren (Gleichstellungsgrundsatz). …

(2) Ein Tarifvertrag kann vom Gleichstellungsgrundsatz abweichen, soweit er nicht die in einer Rechtsverordnung nach § 3a Absatz 2 festgesetzten Mindeststundenentgelte unterschreitet. Soweit ein solcher Tarifvertrag vom Gleichstellungsgrundsatz abweicht, hat der Verleiher dem Leiharbeitnehmer die nach diesem Tarifvertrag geschuldeten Arbeitsbedingungen zu gewähren. Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung des Tarifvertrages vereinbaren. …

(4) Ein Tarifvertrag im Sinne des Absatzes 2 kann hinsichtlich des Arbeitsentgelts vom Gleichstellungsgrundsatz für die ersten neun Monate einer Überlassung an einen Entleiher abweichen. Eine längere Abweichung durch Tarifvertrag ist nur zulässig, wenn

  1. nach spätestens 15 Monaten einer Überlassung an einen Entleiher mindestens ein Arbeitsentgelt erreicht wird, das in dem Tarifvertrag als gleichwertig mit dem tarifvertraglichen Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer in der Einsatzbranche festgelegt ist, und
  2. nach einer Einarbeitungszeit von längstens sechs Wochen eine stufenweise Heranführung an dieses Arbeitsentgelt erfolgt.

Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung der tariflichen Regelungen vereinbaren. …

 

TV BZ ME § 2 Branchenzuschlag

 

(1) Arbeitnehmer erhalten bei Vorliegen der Voraussetzungen für die Dauer ihres jeweiligen Einsatzes im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung in einen Kundenbetrieb der Metall- und Elektroindustrie einen Branchenzuschlag. …

(4) Mit der letzten Stufe der Branchenzuschläge nach dem fünfzehnten vollendeten Monat wird ein gleichwertiges Arbeitsentgelt gemäß § 8 Absatz 4 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes in der ab dem 1. April 2017 gültigen Fassung erreicht.

  • 6 Fortführung des Tarifvertrages

(2) Der Tarifvertrag Inflationsausgleichsprämie vom 16. Juni 2023 wird für die Dauer seiner Laufzeit Bestandteil dieses Tarifvertrages über Branchenzuschläge für Arbeitnehmerüberlassungen in der Metall- und Elektroindustrie.

 

TV IAP ME § 2

 

(1) Zur Abmilderung steigender Verbraucherpreise vereinbaren die Tarifvertragsparteien zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn die Zahlung einer Inflationsausgleichsprämie gemäß § 3 Nr. 11c EStG nach Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen.

(2) Vollzeitbeschäftigte erhalten für Zeiten des Einsatzes in einem Kundenbetrieb der Metall- und Elektroindustrie gemäß § 1 TV BZ ME eine Inflationsausgleichsprämie bis zu 2.300 Euro. Der Anspruch beträgt im Januar 2024 300 Euro, in den Monaten Februar bis November 2024 jeweils 200 Euro, zahlbar mit den jeweiligen Monatsabrechnungen.

(4) Die Höhe des maximalen Anspruchs von 2.300 Euro kann begrenzt werden auf den Anspruch eines vergleichbaren Arbeitnehmers des Kundenbetriebes auf eine im Zeitraum Dezember 2022 bis zum Ablauf des Kalenderjahres 2024 geleistete bzw. zu leistende Inflationsausgleichsprämie. …

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