Die Klägerin war bei der Beklagten vom 1. April 2022 bis zum 31. Juli 2023 als Leiharbeitnehmerin beschäftigt. Auf die vorgenannten Tarifverträge wurde einzelvertraglich Bezug genommen. Sie wurde in einem Betrieb der Metall- und Elektroindustrie eingesetzt.
Die Mitarbeiter im Entleiherbetrieb erhielten im Juni 2023 eine Inflationsausgleichsprämie i.H.v. EUR 1.000,00, die Klägerin dagegen nicht. Sie macht nun gerichtlich diese EUR 1.000,00 sowie weitere EUR 1.200,00 geltend. Für die erste Zahlung sei die Gleichstellung nicht tariflich abbedungen. Hinsichtlich der zweiten Zahlung könne die Prämie nach dem TV IAP ME bereits dann verlangt werden, wenn deren Voraussetzungen nach Inkrafttreten des Tarifvertrages, aber vor dem ersten Auszahlungszeitpunkt im Januar 2024 erfüllt gewesen seien.
Dem ist das Arbeitsgericht in seiner Entscheidung nicht gefolgt. Der Grundsatz der Gleichstellung in § 8 Abs. 1 AÜG wurde bereits durch den zuvor in Kraft getretenen TV BZ ME in vollem Umfang wirksam abbedungen. Dies hing nicht vom Zeitpunkt der Einbeziehung des TV IAP ME ab. Im Übrigen kann eine Prämie nach dem TV IAP ME nur verlangt werden, wenn zum tariflich vorgesehenen Auszahlungszeitpunkt (hier ab Januar 2024) ein Arbeitsverhältnis bestanden hat. Es ist nicht erkennbar, dass die Tarifparteien im Juni 2023 Ansprüche ab Januar 2024 unabhängig vom Fortbestand eines Arbeitsverhältnisses hätten regeln wollen. Der zeitliche Vorlauf spricht dafür, dass die Tarifparteien bei Abschluss des TV IAP ME den Zeitarbeitsunternehmen eine Umsetzungsfrist einräumen wollten, um deren zusätzliche Belastung durch die Inflationsausgleichsprämie in die Verhandlungen mit den Kunden einfließen zu lassen.
Gegen die Entscheidung ist Berufung vor dem Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein eingelegt worden (5 Sa 222 d/24).
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(1) 1Der Verleiher ist verpflichtet, dem Leiharbeitnehmer für die Zeit der Überlassung an den Entleiher die im Betrieb des Entleihers für einen vergleichbaren Arbeitnehmer des Entleihers geltenden wesentlichen Arbeitsbedingungen einschließlich des Arbeitsentgelts zu gewähren (Gleichstellungsgrundsatz). …
(2) 1Ein Tarifvertrag kann vom Gleichstellungsgrundsatz abweichen, soweit er nicht die in einer Rechtsverordnung nach § 3a Absatz 2 festgesetzten Mindeststundenentgelte unterschreitet. 2Soweit ein solcher Tarifvertrag vom Gleichstellungsgrundsatz abweicht, hat der Verleiher dem Leiharbeitnehmer die nach diesem Tarifvertrag geschuldeten Arbeitsbedingungen zu gewähren. 3Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und Arbeitnehmer die Anwendung des Tarifvertrages vereinbaren. …
(4) 1Ein Tarifvertrag im Sinne des Absatzes 2 kann hinsichtlich des Arbeitsentgelts vom Gleichstellungsgrundsatz für die ersten neun Monate einer Überlassung an einen Entleiher abweichen. 2Eine längere Abweichung durch Tarifvertrag ist nur zulässig, wenn
- nach spätestens 15 Monaten einer Überlassung an einen Entleiher mindestens ein Arbeitsentgelt erreicht wird, das in dem Tarifvertrag als gleichwertig mit dem tarifvertraglichen Arbeitsentgelt vergleichbarer Arbeitnehmer in der Einsatzbranche festgelegt ist, und
- nach einer Einarbeitungszeit von längstens sechs Wochen eine stufenweise Heranführung an dieses Arbeitsentgelt erfolgt.
- Im Geltungsbereich eines solchen Tarifvertrages können nicht tarifgebundene Arbeitgeber und
Arbeitnhmer die Anwendung der tariflichen Regelungen vereinbaren. …
TV BZ ME
(1) Arbeitnehmer erhalten bei Vorliegen der Voraussetzungen für die Dauer ihres jeweiligen Einsatzes im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung in einen Kundenbetrieb der Metall- und Elektroindustrie einen Branchenzuschlag. …
(4) Mit der letzten Stufe der Branchenzuschläge nach dem fünfzehnten vollendeten Monat wird ein gleichwertiges Arbeitsentgelt gemäß § 8 Absatz 4 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes in der ab dem 1. April 2017 gültigen Fassung erreicht.
- 6 Fortführung des Tarifvertrages
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(2) Der Tarifvertrag Inflationsausgleichsprämie vom 16. Juni 2023 wird für die Dauer seiner Laufzeit Bestandteil dieses Tarifvertrages über Branchenzuschläge für Arbeitnehmerüberlassungen in der Metall- und Elektroindustrie.
TV IAP ME
(1) Zur Abmilderung steigender Verbraucherpreise vereinbaren die Tarifvertragsparteien zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn die Zahlung einer Inflationsausgleichsprämie gemäß § 3 Nr. 11c EStG nach Maßgabe der nachfolgenden Bestimmungen.
(2) Vollzeitbeschäftigte erhalten für Zeiten des Einsatzes in einem Kundenbetrieb der Metall- und Elektroindustrie gemäß § 1 TV BZ ME eine Inflationsausgleichsprämie bis zu 2.300 Euro. Der Anspruch beträgt im Januar 2024 300 Euro, in den Monaten Februar bis November 2024 jeweils 200 Euro, zahlbar mit den jeweiligen Monatsabrechnungen.
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(4) Die Höhe des maximalen Anspruchs von 2.300 Euro kann begrenzt werden auf den Anspruch eines vergleichbaren Arbeitnehmers des Kundenbetriebes auf eine im Zeitraum Dezember 2022 bis zum Ablauf des Kalenderjahres 2024 geleistete bzw. zu leistende Inflationsausgleichsprämie. …