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Amtsgericht Lübeck : Thema: Gerichte & Justizbehörden

Urteil: Alter schützt vor Strafe nicht!

Weder das Erreichen des Rentenalters, noch der Umstand, dass es sich beim Diebesgut „nur“ um Fisch im Wert von 3,49 € handelt, schützt vor Strafe. Insbesondere dann nicht, wenn die Tat kein Einzelfall ist.

Letzte Aktualisierung: 16.07.2024

Saal im Gerichtshaus Lübeck. Darauf folgender Schriftzug: Entscheidung.
Saal im Gerichtshaus Lübeck

Was ist passiert?

September 2023 in einem Supermarkt in Lübeck: Eine 66-jährige Frau schiebt ihren Einkaufswagen durch die Gänge des Einkaufsmarktes. In einem unbemerkten Moment nimmt sie sich eine Packung Stremellachs aus dem Kühlregal und steckt sie in ihre Handtasche. An der Kasse bezahlt sie nur für ein Baguette und einen Salat. Den Fisch im Wert von 3,49 € lässt sie unerwähnt. An der Eingangstür fliegt der Diebstahl allerdings auf, da ein akustisches Alarmsignal ertönt. Es kommt zu einem Handgemenge, im Zuge dessen die Frau eine Mitarbeiterin des Supermarktes unsanft zu Boden stößt.

Einige Monate später steht die Frau vor dem Amtsgericht Lübeck. Es kommt heraus, dass es sich bei dem „Lachsdiebstahl“ nicht um einen Einzelfall gehandelt hat. Schon in den vergangenen Jahren hatte die Frau immer wieder Lebensmittel in geringem Wert entwendet. Erst im Januar 2023 war sie wegen des Diebstahls von einer Packung Süßstoff und zwei Packungen Fertigsoße im Gesamtwert von 5,53 € verurteilt worden.

Wie ist die Rechtslage?

Die strafrechtliche Behandlung eines Diebstahls ist in § 242 des Strafgesetzbuches (StGB) geregelt. Wer einem anderen eine Sache wegnimmt um sie für sich zu behalten oder einem Dritten zu geben, wird mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Eine Einschränkung gibt es für Dinge, die einen geringen Wert aufweisen: Der Diebstahl von geringwertigen Sachen (die Grenze liegt bei etwa 25 €) wird nur auf besonderen Antrag oder bei „besonderem öffentlichen Interesse“ verfolgt (§ 248a StGB).

Und was ist mit „Mundraub“?

"Mundraub" war im deutschen Strafgesetzbuch ein Begriff, der das Stehlen von geringwertigen Lebensmitteln zum sofortigen Verzehr bezeichnete. Dieser Tatbestand wurde jedoch bereits 1975 abgeschafft. Seitdem wird der Diebstahl von Lebensmitteln nach den allgemeinen Regeln des Diebstahls gemäß § 242 StGB geahndet. Dabei spielt es keine Rolle, ob die Lebensmittel sofort verzehrt werden oder nicht. Übrigens: Anders als allgemein angenommen blieb Mundraub auch früher keineswegs generell straffrei, sondern nur unter Eheleuten und nahen Verwandten.

Wie hat das Gericht entschieden?

Das Gericht verurteilte die Frau wegen Diebstahls und Körperverletzung zu einer Geldstrafe in Höhe von 120 Tagessätzen zu je 10 € (zur Bemessung der Höhe einer Geldstrafe siehe auch unseren Infotext). Das Gericht bezog bei der Festsetzung der Strafe auch die vorherige Verurteilung mit ein.

Im Rahmen der Strafzumessung berücksichtigte das Gericht, dass die Frau „in ihrem gehobenen Alter offensichtlich systematisch begonnen hat, ohne erkennbare Not verzichtbare Lebensmittel zu klauen.“ Die Frau weise eine enorme Rückfallgeschwindigkeit auf und habe sich von den schon zuvor gegen sie ergangenen Verurteilungen nicht ansatzweise beeindruckt gezeigt.

Das Urteil vom 12.03.2024 (Az. 70 Ds 711 Js 58010/23) ist rechtskräftig.

Es ist in Kürze kostenfrei abrufbar über die Landesrechtsprechungsdatenbank Schleswig-Holstein.

Ansprechpartner: Online-Redaktion@justiz.landsh.de

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