Zivilcourage im Bus: Helfer wird angegriffen, Täter erhält Freiheitsstrafe
Ein 46-jähriger Mann wurde nach einem tätlichen Angriff und rassistischen Beleidigungen im öffentlichen Nahverkehr zu einer Freiheitsstrafe verurteilt.
Im März 2024 fuhr der Angeklagte in einem Linienbus in Lübeck. Er begann, eine Frau anzupöbeln, die ihm gegenübersaß. Er verlangte wiederholt, dass sie ihn nicht anschauen solle, er hasse Frauen. Als ein 42-jähriger dunkelhäutiger Fahrgast versuchte, die Situation zu beruhigen, wurde er vom Angeklagten zunächst rassistisch beleidigt. Der Angeklagte versuchte dann, den Helfer mit einem Kopfstoß und Faustschlägen zu treffen. Der Angegriffene, ein ehemaliger Boxer, wich den Schlägen weitgehend aus, für jeden Schlag bekam der Täter aber einen zurück. Hierbei ließ er trotz seiner boxerischen Fähigkeiten jedoch Milde walten: Es blieb auf beiden Seiten bei leichten Blessuren. Der Helfer erlitt aber Schmerzen und eine Zerrung in der Hüfte.
Wie hat das Gericht entschieden?
Das Amtsgericht Lübeck hat den Angeklagten wegen vorsätzlicher Körperverletzung in Tateinheit mit Beleidigung zu einer Freiheitsstrafe von fünf Monaten verurteilt.
Das Gericht begründete die Verhängung der Freiheitsstrafe mit mehreren erschwerenden Faktoren, etwa den Vorstrafen des Angeklagten (18 Eintragungen im Bundeszentralregister), der Tatbegehung unter laufender Bewährung und der kurzen Zeit seit der letzten Verurteilung. Besonders betonte das Gericht, dass die Tat im öffentlichen Personennahverkehr stattfand und es der Rechtsordnung ein Anliegen sein müsse, das Vertrauen der Bürger in die Sicherheit dieses öffentlichen Raums zu schützen.
Zivilcourage - Wie ist die Rechtslage?
Wer Zivilcourage zeigt, genießt verschiedene rechtliche Schutzmechanismen:
Notwehr und Nothilfe (§ 32 StGB): Das Recht erlaubt die Verteidigung gegen rechtswidrige Angriffe – nicht nur für sich selbst (Notwehr), sondern auch für andere (Nothilfe). Die Verteidigung muss jedoch erforderlich und angemessen sein.
Rechtfertigender Notstand (§ 34 StGB): In Situationen, in denen ein Rechtsgut (z.B. körperliche Unversehrtheit) nur durch Verletzung eines anderen Rechtsguts geschützt werden kann, kann dies gerechtfertigt sein, wenn das geschützte Interesse das beeinträchtigte wesentlich überwiegt.
Jedermannsrechte: In bestimmten Situationen gibt es sogenannte "Jedermannsrechte", etwa das vorläufige Festnahmerecht bei frischer Tat (§ 127 StPO).
Die Rechtsordnung setzt jedoch auch Grenzen für zivilcouragiertes Handeln:
Erforderlichkeit: Das Einschreiten muss erforderlich sein, um eine Gefahr abzuwenden. Das heißt, es muss das mildeste Mitteln sein, wenn mehrere gleich wirksame Mittel zur Verfügung stehen.
Verhältnismäßigkeit: Die Maßnahmen dürfen nicht völlig außer Verhältnis zu dem verfolgten Zweck sein. Hier sind alle Vor- und Nachteile der Maßnahme gegeneinander abzuwägen.
Keine Selbstjustiz: Das Recht zur Selbsthilfe ist eng begrenzt und darf nicht zur Selbstjustiz ausarten.
Amtsgericht Lübeck, Urteil vom 24. November 2024, Az.: 91 Ls 710 Js 13325/24
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