Auch wenn sich die Anzahl der Rinder in Schleswig-Holstein seit 1979 um 400.000 verringert hat, so nimmt die Rinderhaltung weiterhin eine bedeutsame Rolle in der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung ein. Dabei hat die Milchviehhaltung den größten Anteil.
Der landwirtschaftliche Strukturwandel wird in der Rinderhaltung erkennbar: So sank der Bestand der Rinder von 1999 bis 2010 um 15 Prozent, während die Anzahl der Rinderhalter um 33 Prozent zurückging. Auch die Bestandsgrößen pro Betrieb haben sich entsprechend entwickelt, so dass 2010 88 Prozent aller Rinder in Betrieben mit Bestandsgrößen von über 100 Rindern gehalten wurden. Dieser Trend zeigt sich so auch in der Milchviehhaltung. Hier reduzierte sich die Gesamtzahl der Tiere in Betrieben mit einem Bestand von weniger als 49 Tieren in der Zeit von 1999 bis 2010 von über 400.000 Tieren auf 47.860.
In Schleswig-Holstein dominieren die für die Milchviehhaltung bedeutsamen Rassen Deutsche Holstein Schwarzbunte (608.000 Tiere) und Deutsche Rotbunte (182.500). Als Doppelnutzungsrasse (Nutzung von Milch und Fleisch) mit Fleischbetonung hat gerade in Schleswig-Holstein die alte Rasse Deutsche Rotbunte Doppelnutzung DN noch Bedeutung (124.500).
Entsprechend dem Haltungsanteil bildet die Milchviehzucht in Schleswig-Holstein einen besonderen Schwerpunkt neben der Zucht von Rindern mit ausgeprägten Mast- und Fleischeigenschaften. Heute spielen dabei sogenannte funktionelle Merkmale rund um die Gesundheit und Vitalität, wie z.B. die Fruchtbarkeit, die Eutergesundheit oder die Kalbeeigenschaften eine immer größere Rolle und finden so auch Eingang in den sogenannten Gesamtzuchtwert des Zuchttieres. Bei der Züchtung ist zu beobachten, dass die neue innovative - gentechnische - Methode der genomischen Selektion immer mehr verwand wird.
In der Rinderhaltung wird hauptsächlich zwischen den Haltungsverfahren Anbindestall (2010: 11 Prozent) und Laufstall (2010: 86 Prozent)unterschieden. Bei der Laufstall-Haltung haben die Tiere zudem je nach Verfügbarkeit von Grünlandflächen direkt am Stall oder in der näheren Umgebung auch die Möglichkeit, auf der Weide zu grasen (Weidegang). Diese Möglichkeit war den Tieren 2009 in 90 Prozent der Betriebe gegeben. Als Weidegang werden die Zeiten betrachtet, an denen die Tiere mindestens zwei Stunden am Tag auf der Weide verbracht haben.
Die klassische Weidemast ist in Schleswig-Holstein nicht mehr von Bedeutung.
Es gibt einige Zoonosen, die sowohl für die Tiere, als auch für den Menschen eine große Gefahr darstellen und ausschließlich in der Rinderhaltung auftreten. Hierzu zählen u.a. die Bovine Spongiforme Enzephalopathie (BSE) und die Bovine Herpesvirus 1-Infektion (BHV1-Infektion). Beide werden derzeit mit dem Ziel der Tilgung bekämpft. Der letzte BSE-Fall wurde in Deutschland im Februar 2014 in Brandenburg registriert (letzter Fall in Schleswig-Holstein: 2005). Bei der Bekämpfung der BHV1-Infektion nimmt Schleswig-Holstein mit einer Infektionsquote von 15 Prozent die Rolle des Schlusslichtes in der Bekämpfung ein. Deshalb plant die Landesregierung 2014 die BHV-1 Landesverordnung zu ändern, um 2017 die Anerkennung als "BHV1-freie Region" beantragen zu können.
Für die in Schleswig-Holstein bedeutsame Milchviehhaltung spielt die Eutergesundheit der Kühe eine wichtige Rolle. Entscheidender Indikator für die Eutergesundheit ist der sogenannte somatische Zellgehalt (körpereigene Zellen in der Milch). Ein somatischer Zellgehalt von mehr als 100.000 Zellen/ml Milch wird als Indiz für Eutererkrankung angesehen. Spätestens ab 400.000 Zellen/ml Milch werden die Krankheitserscheinungen offensichtlich. 45 Prozent der schleswig-holsteinischen Betriebe wiesen 2013 bei mindestens einer Prüfung in der Herdensammelmilch Zellgehalte von 400.000 Zellen/ml oder darüber auf (2012: 50 Prozent). Das Herdenmittel betrug in Schleswig-Holstein im Jahre 2012 ca. 270.000 Zellen/ml und hat sich 2013 auf ca. 260.000 Zellen/ml verringert.