Die Wirksamkeit der vorhandenen und möglichen zukünftigen Küstenschutzmaßnahmen wird anhand der zu erreichenden Teilziele zu bewerten sein.
Wie stark Sturmfluten den Halligen zusetzen können, hat unter anderem die Sturmflut am 16/17. Februar 1962 gezeigt. Die Warften wurden komplett überflutet; die Bewohner haben in Dachgeschossen, teilweise auf den Dächern Zuflucht suchen müssen. Diese Katastrophe war Anlass für die Durchführung eines umfangreichen Verstärkungsprogrammes. Bis 2007 wurden fast alle Warften auf der Basis einer verwaltungsinternen Warftrichtlinie verstärkt.
In Anbetracht der aktuellen Projektionen über Meeresspiegelanstieg und Sturmflutwasserstände sowie der damit verbundenen zunehmenden Hochwassergefahr stellt sich die Frage nach der künftigen Sicherheit der Halligbewohner. Die Sturmflut Xaver vom Dezember 2013 hat das Erfordernis von weiteren Anpassungsmaßnahmen nochmals klar aufgezeigt. Obwohl Xaver im Bereich der Halligen im langjährigen Vergleich „nur“ etwa auf Platz 10 rangiert, stand das Wasser auf einigen Warften bereits vor der Haustür. Eine ausreichende Sicherheit vor Sturmfluten ist eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass die Halligen langfristig bewohnbar und in Zeiten des demographischen Wandels auch bewohnt bleiben. Ziel der Landesregierung (2012-2017) ist die langfristige Erhaltung der Halligen und der Schutz ihrer Bewohner vor den Angriffen des Meeres. Um dies zu gewährleisten wurden in den letzten Jahren verschiedene Aktivitäten entfaltet:
Im Jahre 2007 wurde eine Arbeitsgruppe „Halligen 2050“ mit der Aufgabe gegründet, innovative und nachhaltige Konzepte zur Sicherung der Halligen und zum Schutz der Halligbewohner bei geänderten Klimabedingungen zu diskutieren.
Im Rahmen der AG wurde ein Ideenwettbewerb unter Architekten und Ingenieuren durchgeführt. Der Wettbewerb sollte innovative und nachhaltige Schutzmethoden für Warften und Warfthäuser aufzeigen, die einen angemessenen und nachhaltigen Schutz der Halligbewohner bei geänderten Klimabedingungen gewährleisten.
Verschiedene Forschungsprojekte zu den Themen Akkumulation von Sedimenten auf Halligen und Optimierung des Küstenschutzes auf den Halligen wurden durchgeführt.
In einer Kooperation zwischen dem LKN-SH und der RWTH Aachen wurde eine Überprüfungsmethoden entwickelt, um die Hochwassersicherheiten der Warft zu bestimmen.
4.1 Instandhaltung
Die Unterhaltung bestehender Anlagen in Form einer planmäßigen Instandhaltung gewährleistet die Nutzung der Anlagen während des jeweiligen Abschreibungszeitraumes. Dabei wird zwischen Deichen und Verwallungen, Dämmen, Vorlandarbeiten, Längswerken (Deckwerke, Ufermauern, Geotextilien) und Querwerken (Buhnen) unterschieden.
Weitere Informationen zum Fachplan Regiebetrieb Küstenschutz finden sie hier:
Die Bewertung des Sicherheitszustandes der Halligen beinhaltet sowohl den Instandhaltungszustand der Küstenschutzanlagen, der Halligkanten, als auch den der Hochwasserschutzanlagen und der einzelnen Warften. Der Zustand wird bei Begehungen – sogenannten Warftschauen - begutachtet und in Protokollen festgehalten.
Die Zustandsüberprüfung der Regionaldeiche, zu denen auch die Deiche auf den Halligen gehören, erfolgt gem. LWG § 71 einmal jährlich. Bei den Frühjahrsdeich- und Warftschauen werden der Instandhaltungszustand und die Wehrhaftigkeit der Küstenschutzanlagen geprüft.
4.2.0 Vorgehen bei der Bewertung der Warften
In einer Kooperation zwischen dem LKN.SH und der RWTH Aachen wurde zur Bestimmung der Hochwassersicherheit von Warften eine allgemeingültige Überprüfungsmethode entwickelt. Mit dieser Methode kann für jede Warft sowohl die aktuelle Hochwassersicherheit als auch der Sicherheitsgrad nach eventuellen Schutzmaßnahmen ermittelt werden. Im Gegensatz zu früheren Verfahren werden dabei Wasserstand und Seegang integrativ berücksichtigt.
Um die Wirkung der Maßnahmen langfristig dokumentieren zu können, bedarf es eines Mess- und Beobachtungskonzeptes. Darin werden die notwendigen Mess- und Auswerteaktivitäten erläutert.
4.3.1 Vermessungskonzept
Das Vermessungskonzept soll sicherstellen, dass die natürlichen und künstlichen Veränderungen erkannt werden, so dass eine Bewertung des Zustandes der Küste möglich ist.
Gemäß einem von Bundes- und Landesbehörden abgestimmten Rahmenvermessungskonzept für die gesamte deutsche Nordseeküste erfolgt eine flächendeckende Erfassung des gesamten Wattenmeeres innerhalb von 6 Jahren. Dabei werden die trockenfallenden Wattflächen einschließlich der Außensände, Halligen und der Küstenbereiche der Inseln durch Laser erfasst, die dauerhaft wasserführenden Priele durch hydrographische Vermessungen. Aus den Ergebnissen werden digitale Geländemodelle abgeleitet und morphologische Veränderungen analysiert.
Durch das LVermGeo werden alle 3 Jahre Bildflüge des gesamten sh-Wattenmeeres durchgeführt, um aktuelle Orthofotos zu erhalten.
Für das Gebiet der Halligen erfolgt die Vermessung 2018/2019, 2024/2025, ff. Orthofotos werden 2020, 2023, 2026, ff erfasst.
4.3.2 Hydrologisches Messkonzept
Im Rahmen des hydrologischen Messkonzeptes werden Wasserstand und Seegang erfasst. Diese Größen werden über Jahrzehnte gemessen, um Mittelwerte und Extremwerte zu ermitteln sowie langfristige Änderungen zu dokumentieren.
Das bestehende gewässerkundliche Mess- und Beobachtungsprogramm auf den Halligen wurde 2010 um Pegel auf Langeneß (2 Stück), Hooge, Oland und Nordstrandischmoor erweitert. Diese zeichnen die Landunter auf. Des Weiteren wird der Seegang direkt auf den Halligen gemessen.
Näheres zum hydrologischen Messkonzept findet sich unter:
Auf den Halligen werden im Rahmen des Trilateralen Monitoring und Assessmentprogrammes (TMAP) insgesamt drei verschiedene Dauerbeobachtungsprogramme durchgeführt.
In den letzten Jahren wurden umfangreiche Untersuchungen auf den Halligen durchgeführt
In zwei Kooperationsvorhaben mit dem MELUND im Zeitraum 2007 bis 2012 hat die Universität Göttingen Untersuchungen zur Sedimentakkumulation auf den Halligen durchgeführt. Die Endberichte hierzu (SAHALL I und II) sind unter Downloads im Kapitel 6.2. Es wurde unter anderem festgestellt, dass die Halligen schon seit Jahrzehnten nicht in der Lage sind, den beobachteten regionalen Anstieg des mittleren Tidehochwassers durch Akkumulation in der Höhe auszugleichen. Deshalb wurden in Praxisversuchen Maßnahmen untersucht, die die Akkumulation auf den Halligen fördern, zum Beispiel durch das Zurückhalten des abfließenden Wassers nach Land-Unter-Ereignissen.
Im BMBF-Forschungsprojekt Zukunft Hallig haben mehrere Universitäten zwischen 2010 und 2014 Untersuchungen mit dem Ziel der Entwicklung von nachhaltigen Küstenschutz- und Bewirtschaftungsstrategien für die Halligen unter Berücksichtigung des Klimawandels durchgeführt. Die Untersuchungen fanden exemplarisch auf den Halligen Langeneß, Nordstrandischmoor und Hooge statt. Dabei wurde unter anderem die Methodik entwickelt, mit der der aktuelle Sicherheitsstandard der Halligwarften aus Kapitel 4.2 ermittelt wurde. Die Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift Die Küste, Heft 84 (2016), EAK, 2002 veröffentlicht worden. Seit 2017 läuft das Nachfolgeprojekt LivingCoastLab (Praxisnahes Küstenlabor zur Entwicklung von kurz- und langfristigen Strategien zum Schutz und zur Bewahrung der schleswig-holsteinischen Halligen) in dem die Untersuchungen mit neuen Schwerpunkten weitergeführt werden.
Forschungs- und Entwicklungsbedarf (F&E Bedarf) besteht nach wie vor. Insbesondere in der Bewertung von und den Umgang mit den Konsequenzen des Klimawandels für die langfristige Bewohnbarkeit der Halligen. Voraussetzungen dafür sind die langfristige Erhaltung der Halligen in Fläche und Höhe (relativ zum Meeresspiegel) sowie die Gewährleistung des Hochwasserschutzes auf den Halligwarften vor dem Hintergrund einer Beschleunigung des Meeresspiegelanstieges und der dadurch bedingten Erhöhung der Sturmflutwasserstände.
4.4.1 Erhalt der Halligen
Nach ihrer Entstehung im Mittelalter nahm die Fläche der Halligen durch Kantenerosion während Sturmfluten kontinuierlich bis Anfang des 20. Jahrhunderts auf nur noch etwa 20 km2 ab. Bis auf Norderoog wurden sie dann mittels Deckwerke und Buhnen in ihrer Lage festgelegt. Seitdem sind sie in ihrer Fläche weitgehend stabil geblieben. Ohne Sicherungsmaßnahmen wären die Halligen, bei gleichbleibenden Rückgangsraten, vermutlich zu Ende des letzten Jahrhunderts verschwunden. So halbierte sich die Fläche der Hallig Norderoog zwischen 1909 und 1947 von 21 auf 11 ha, bevor sie durch Lahnungen gesichert wurde. Nach knapp einem Jahrhundert werden die Deckwerke derzeit dem angestiegenen Meeresspiegel und der zunehmenden Geländehöhe der Halligen angepasst, wobei der künftige Meeresspiegelanstieg zu berücksichtigen ist. Wenn die Deckwerke allerdings zu hoch bemessen werden, nehmen die Überflutungshäufigkeit und damit das bereits heute zu geringe Höhenwachstum der Halligen ab. Auch der Salzgehalt der Böden und damit die typisierende Vegetation der überwiegend als NATURA2000-Gebiete eingestuften Halligen wären beeinträchtigt. Im Auftrag des Landes Schleswig-Holstein haben die Universitäten Hamburg (Wasserbau) und Oldenburg (Biologie) in den letzten Jahren Studien über eine optimale Form und Ausgestaltung der erforderlichen Deckwerksanpassungen erstellt. Die Ergebnisse fließen unmittelbar in die Planung ein. Weiterer Forschungsbedarf besteht hinsichtlich alternativer und umweltschonender Möglichkeiten einer den lokalen hydrologischen Verhältnissen angepassten Kantensicherung.
Die oben genannten Untersuchungen der Universität Göttingen im Auftrag des Landes Schleswig-Holstein (SAHALL I und II) sowie im Rahmen der KFKI-Forschungsprojekte Zukunft Hallig (s.a. Dissertation Schindler) und LivingCoastLab zeigen auf, dass das natürliche Höhenwachstum auf den Halligen bereits seit Jahrzehnten nicht ausreicht, um den gleichzeitig erfolgten Anstieg des mittleren Tidehochwassers auszugleichen. Die Dissertation von Herrn Schindler ist unter Downloads im Kapitel 6.2.
Ursache ist die zu geringe natürliche Sedimentation auf den Halligen, die durch Regionaldeiche und Deckwerke verringert wird. In der Folge gerät die Hallig-Oberfläche relativ zum Meeresspiegel immer tiefer und würde, ohne Deckwerke und Deiche, immer häufiger unter Wasser stehen. Um dieser Entwicklung, die sich bei verstärkt ansteigendem Meeresspiegel noch intensivieren wird, zu begegnen, sind Untersuchungen zur Förderung des Sedimenteintrages und seiner dauerhaften Ablagerung auf den Halligen durchzuführen.
4.4.2 Gewährleistung des Hochwasserschutzes auf den Halligen
Die gewässerkundliche Sicherheitsüberprüfung der Halligwarften (u.a. auf Grundlage der im KFKI-Projekt ZukunftHallig entwickelten Verfahren, siehe Kap. 4.2.0) hat für 23 Warften erhebliche Sicherheitsdefizite aufgezeigt (davon sind sechs unbewohnt). Für 8 Warften wurde ggf. lokaler Anpassungsbedarf festgestellt und 8 Warften wurden als sicher eingestuft. Grundsätze für die Verstärkung von Warften sind in Kap. 4.5 enthalten. Alternative Möglichkeiten zur Gewährleistung des Hochwasserschutzes auf den Halligwarften werden im KFKI-Projekt LivingCoastlab (siehe Kap. 4.2.0) untersucht. Weiterer Forschungsbedarf besteht insbesondere dazu, wie das im Extremfall auf die durch Ringdeiche geschützten Halligwarften überlaufende Wasser schadlos wieder von der Warft abgeführt werden kann sowie zu den Themen vertikale Evakuierung und private Hochwasservorsorge (Bemessung von Schutzräumen, hochwassersicheren Hallig-Gebäuden, usw.).
4.5 Grundsätze für Warftverstärkungen
Das Sturmflutrisiko auf Warften setzt sich zusammen aus der Wahrscheinlichkeit des schädigenden Ereignisses (Wasserstand, Wellenbelastung) und den zu erwartenden Schäden an Leib und Gut (Schadenserwartungen). Beide Aspekte sind im Rahmen der Bemessung von Warftverstärkungen zu betrachten. Im Rahmen des letzten Warftverstärkungsprogrammes wurden die meisten Warften mit einem Ringdeich versehen. Die Häuser verblieben auf dem alten Niveau innerhalb der Ringdeiche. Eine Erhöhung dieser Ringdeiche ist bei dauerhaft steigenden Sturmflutwasserständen infolge des menschgemachten Klimawandels nicht nachhaltig bzw. würde langfristig zu zunehmenden Hochwasserrisiken für die Halligbevölkerung führen. Aus diesem Grund sind Ringdeicherhöhungen möglichst zu vermeiden. Nur in begründeten Ausnahmefällen sind sie als Übergangslösung förderfähig; auf die Vorgaben zur Bauleitplanung wird explizit hingewiesen.
4.5.1 Warftbestick
Wichtigstes Kriterium für die Sicherheit auf Warften (ohne Ringdeich) ist die Wellenbelastung, die während einer Sturmflut auf die Gebäude einwirkt (siehe Kap. 4.2.0). Sie hängt von der Ausgangswellenhöhe am Warftfuß, der Warfthöhe in Relation zum Wasserstand, der Neigung und Gestaltung der Außenböschung sowie vom Abstand der Bebauung von der oberen Böschungskante ab. Nachfolgend werden Grundsätze für ein nachhaltiges förderfähiges Bestick dargestellt, dass auch vorhandenen Unsicherheiten bei Ermittlung der Wellenhöhen Rechnung trägt. Im Einzelfall kann es – bedingt durch lokale Besonderheiten – angebracht sein, von diesen Grundsätzen abzuweichen.
Die erforderliche Höhe des Warftplateaus (Bestickhöhe) ergibt sich aus dem örtlichen maßgebenden Sturmflutwasserstand, dem ein Klimazuschlag in Höhe von 0,5 m und ein Wellenauflauf in Höhe von 0,5 m hinzugerechnet werden. Als förderfähiger maßgebender Sturmflutwasserstand wird das HW100 (Sturmflutwasserstand, der statistisch einmal in hundert Jahren zu erwarten ist) festgelegt. In Tabelle 1 sind die der Bemessung zugrunde zu legenden maßgebenden Sturmflutwasserstände für die dauerhaft bewohnten Halligen aufgelistet.
Maßgebende Sturmflutwasserstände
Hallig
HW100 [m ü NHN]
Hooge
4,8
Langeneß West (Nordmarsch)
4,9
Langeneß Mitte und Ost
5,1
Oland
5,1
Gröde
5,2
Nordstrandischmoor
5,4
Süderoog
5,0
4.5.3 Warft-Außenböschung
Zur ausreichenden Umwandlung der im Sturmseegang enthaltenen Energie an der Außenböschung ist die Warft-Außenböschung bei den Hauptwindrichtungen (Hauptangriffsrichtung der Wellen), wie in der Abbildung dargestellt, bis zu einer Höhe von HW100 – 0,5 m mit einer durchgehenden Neigung von 1:8 zu planen. Ab HW100 - 0,5 m aufwärts ist die Böschung mit einer Neigung von 1:12 vorzusehen. Die Abflachung der oberen Warftböschung dient zum einen zur Berücksichtigung von Unsicherheiten bei der Modellierung des Sturmseeganges infolge fehlender Naturdaten. Gleichzeitig wird somit – wie bei Landesschutzdeichen – eine Baureserve für spätere Anpassungen realisiert, wenn der Meeresspiegelanstieg mehr als 0,5 m erreicht. Die in den Leebereichen der Warften liegenden Warftböschungen können in Abhängigkeit von den örtlichen Verhältnissen auch steiler ausgeführt werden. Sie sollen nicht steiler als 1:8 ausgeführt werden.
Die konkrete Bemessung der einzelnen Warften ist an die örtlichen Gegebenheiten anzupassen. Die örtlichen Kenntnisse und Erfahrungen der Halligbewohner sind einzubeziehen. Der Sicherung der vorhandenen Bausubstanz ist Rechnung zu tragen.
4.5.4 Warft-Schutzstreifen
Gemäß § 75 LWG (Halligwarften) ist bei Warftverstärkungen ein 7 m breiter Schutzstreifen am Rande des Warftplateaus von jeder Bebauung, Bepflanzung und schädigenden Nutzung freizuhalten. Untersuchungen haben bestätigt, dass – bei Einhaltung der Vorgaben aus Kap. 4.2.0 – ein Schutzstreifen von 7 m ausreicht, um eine die Standsicherheit gefährdende Wellenbelastung an Gebäudewänden beim maßgebenden Sturmflutwasserstand (HW100) auszuschließen.
4.5.5 Erhöhung des Warftplateaus, Warfterweiterung
Ein wesentliches Ziel des Regierungsprogrammes ist die Erhaltung von Entwicklungsperspektiven auf den Halligen, um somit die wirtschaftlichen Grundlagen als Voraussetzung für deren Bewohnbarkeit langfristig zu sichern. Dies lässt sich nur realisieren, wenn im Rahmen des Programmes zusätzlicher Platz für Nutzungen geschaffen wird. Bei einer Erweiterung des Warftplateaus wird den Unsicherheiten bei der Modellierung des Sturmseegangs u. a. dadurch Rechnung getragen, dass in die Festlegung der Höhe des Warftplateaus ein Zuschlag von 0,5 m für den Wellenauflauf eingerechnet wird. Dies gilt in gleicher Weise für die durchgehende bzw. überwiegende Erhöhung des Warftplateaus. Mit der an den Bestand sichelförmig angrenzenden und vordringlich auf die Hauptwindrichtungen auszurichtenden Warfterweiterung wird auch für die Bestandsgebäude eine zusätzliche Sicherheit geschaffen.
Warfterweiterungen sind förderfähig, soweit ihnen vom MELUND / LKN vorher zugestimmt wurde. Wenn eine Erweiterung erfolgt, ist im Rahmen einer Bauleitplanung festzulegen, dass auch neue Gebäude im ggf. nicht-verstärkten Warftbereich auf einer diesen Vorgaben entsprechenden sicheren Höhe zu errichten sind (siehe Kap. 4.5.8).
4.5.6 Anpassung von Ringdeichen
Falls zur Verbesserung einer signifikanten Unterbemessung eine (teilweise) Anpassung von vorhandenen Ringdeichen unumgänglich ist, ist die Bestickhöhe des Ringdeiches gemäß Kap. 4.5.1 festzulegen. Ein Zuschlag für den Wellenauflauf ist nicht zu berücksichtigen, da sich dadurch die Wassertiefen auf der Warft infolge von Wellenüberlauf erhöhen würden. Die Gesamtsicherheit der Bestandsgebäude wäre entsprechend eingeschränkt. Die Außenböschung ist entsprechend der Abbildung aus Kap. 4.5.1 zu planen, ein Zuschlag für Wellenauflauf aber nicht einzurechnen. Eine ausreichende Entwässerung der Warft im Sturmflutfall ist zu gewährleisten. Auf die Vorgaben zur Bauleitplanung wird explizit hingewiesen (siehe Kap. 4.5.8).
4.5.7 Sonstige Vorgaben
Für Warftverstärkungen werden Boden für den Warftkern und Klei als Abdeckboden benötigt. Zusätzlich erforderlicher Kleiboden für die Abdeckung des Sandkernes ist aus dem Verbreiterungsstreifen entlang des unteren Böschungsfußes zu entnehmen. Gemäß Strategie Wattenmeer 2100 sind Küstenschutzmaßnahmen künftig so auszuführen, dass sie das infolge des beschleunigten Meeresspiegelanstieges zu erwartende Sedimentdefizit im Wattenmeer verringern bzw. nicht zusätzlich vergrößern. Auf dieser Grundlage hat der LKN.SH mögliche Sandquellen untersucht. Demnach ist für Warftverstärkungen auf Hooge, Langeneß, Nordstrandischmoor und Süderoog die Nutzung von Sand aus der Entnahmestelle Westerland III denkbar. Für Gröde kann die Entnahme von Sand aus ortsnahen tieferen Prielen sinnvoll sein, wobei eine solche lokale Entnahme mittels (überproportionaler) Sandzugabe im Ebb-Delta der Süderaue aus Westerland III zu kompensieren wäre. Auf Oland sollte der Sand im Bedarfsfall mit der Lore vom Festland geholt werden. Im Einzelfall kommt auch die Verwendung des bei Fahrrinnen- und Hafenbaggerungen in der Region anfallenden Materials in Betracht, soweit dieses geeignet ist.
Grundsätzlich ist bei jeder Warftverstärkung eine warftspezifische Bestimmung der Sandentnahme durchzuführen, wobei auch weitere Alternativen zum Tragen kommen können. Es gibt derzeit einige lokale Unternehmer, die das Recht haben, Sand in der Größenordnung von insgesamt ca. 20.000 m3/Jahr im nordfriesischen Wattenmeer kommerziell zu gewinnen. Es steht diesen Bietern frei, ihren Vorteil bei einer Ausschreibung über ein Nebenangebot einzubringen.
4.5.8 Vorgaben zur Reduzierung der Schadenserwartungen
Zur Gewährleistung einer der Hochwassergefahr angepassten Bebauung auf Warften werden Warftverstärkungen nur dann gefördert, wenn vorab eine Bauleitplanung für die betroffene Warft durchgeführt wird. In den Plänen sind zumindest folgende Vorgaben für hochwasserangepasstes Bauen aufzunehmen.
Als Mindesthöhe für neue Gebäude ist grundsätzlich die Bestickhöhe gemäß Kap. 4.5.1 zuzüglich einer Sockelhöhe festzuschreiben. Empfohlen wird eine Sockelhöhe von 0,5 m, in Ausnahmefällen mindestens 0,3 m.
An Fenster und Türen sind Verschottungen anzubringen und/oder im ordnungsgemäßen Zustand zu erhalten.
Es ist ausreichend Schutzraum für die Bewohner und Gäste zu schaffen bzw. vorzuhalten und im ordnungsgemäßen Zustand zu erhalten.
Darüber hinaus ist der Schutzstreifen gemäß § 75 LWG in den Plänen aufzunehmen und bildlich darzustellen.
4.6 Träger und Finanzierung
Auch auf den Halligen gilt der Grundsatz: Der Küstenschutz ist eine Aufgabe derjenigen, die davon Vorteil haben (§ 62 Abs. 3 LWG).
Von diesem Grundsatz gibt es Ausnahmen (§ 63 LWG), die nachfolgend näher beschrieben werden.
Die Vorteilhabenden müssen für ihre Küstenschutzmaßnahmen in der Regel selbst aufkommen, sie können jedoch für die Realisierung erhebliche Zuwendungen seitens des Landes Schleswig-Holstein erhalten. Für die Küstenschutzmaßnahmen, die ausnahmsweise vom Land zu leisten sind, kommt das Land selbst auf.
4.6.1 Maßnahmen des Landes
Gemäß § 63 Abs. 1 LWG ist der Bau und die Unterhaltung von Deichen, Sicherungsdämmen und Dämmen, die im Interesse des Wohls der Allgemeinheit erforderlich sind, eine öffentliche Aufgabe. Sie obliegt hinsichtlich der Regionaldeiche auf den Halligen und Inseln und der Sicherungsdämme zu den Halligen und Inseln, mit Ausnahme des Hindenburgdammes, dem Land.
Gemäß § 63 Abs. 5 LWG ist die Sicherung der Inseln und Halligen sowie der Wattflächen und Wattrinnen im Sinne eines flächenhaften Küstenschutzes Aufgabe des Landes. Küstensicherungsmaßnahmen sind so zu treffen, wie es im Interesse des Wohls der Allgemeinheit und des Küstenschutzes erforderlich ist. Ansprüche Dritter ergeben sich nicht. Bestehende Verpflichtungen anderer bleiben unberührt.
Im Rahmen dieser gesetzlichen Regelungen kümmert sich der Regiebetrieb des LKN.SH um den Erhalt, die Unterhaltung und die erforderliche Verstärkung der Verbindungsdämme, Regionaldeiche, Halligdeckwerke und Buhnen.
Der flächenhafte Küstenschutz wird durch die Küstenschutzbehörde im LKN.SH gewährleistet.
4.6.2 Maßnahmen von Kommunen
Die Kommunen sind auf den Halligen für den Schutz vor Hochwasser (Meeresüberflutungen) zuständig. Dieser Schutz wird dadurch gewährleistet, dass die Halligbewohner auf Warften siedeln und auf den Warften auch die wichtigen Infrastruktureinrichtungen hochwassersicher platziert werden.
Es gibt auf den Halligen Warften, die sich vollständig in Privatbesitz einer Person/Familie befinden. Auch auf solchen Warften kann der Hochwasserschutz eine öffentliche Aufgabe der Kommune sein, wenn das öffentliche Interesse daran überwiegt.
Damit die Warften den Sicherheitsanforderungen für einen sicheren Aufenthalt und ein sicheres Wirtschaften genügen, müssen sie an die hydrologischen Entwicklungen angepasst werden. Diese Warftverstärkungen sind Aufgaben der Kommunen.
Maßnahmen zur Verbesserung des Hochwasserschutzes auf den Halligen werden auf Grundlage der „Richtlinie zur Förderung von Küstenschutzmaßnahmen in Schleswig-Holstein“ gefördert. Die Förderung erfolgt im Rahmen der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK) nach den Bestimmungen des Gesetzes über die GAK.
Zuwendungsempfänger können die Gemeinden oder die Ämter sein, die die Maßnahmen planen und durchführen lassen.
Bewilligungsbehörde für Zuwendungen ist der LKN.SH. Der LKN.SH ist von Beginn an in die Vorüberlegungen und Planungen einzubeziehen.
Anträge auf Förderung sind rechtzeitig vor Beginn der Planungen mit dem LKN.SH abzustimmen. Der LKN.SH entscheidet ohne Rechtsanspruch auf Gewährung von Zuwendungen nach pflichtgemäßem Ermessen im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel über den Antrag. Die Höhe der förderungsfähigen Ausgaben wird vom LKN.SH ermittelt.
Der Zuwendungsempfänger hat einen Eigenanteil zu leisten, der auch unbar, zum Beispiel durch die Bereitstellung von Material, erfolgen kann.
Eine förderfähige Komponente des Hochwasserschutzes auf Halligwarften ist der Bau und Betrieb von speziellen Schutzräumen in den Gebäuden. Auf jeder Warft sind ausreichend Schutzräume vorzuhalten. Da Warften im Sturmflutfall nicht evakuiert werden können und wegen der besonders exponierten Lage der Warften wird das öffentliche Interesse an diesen Schutzräumen und damit die Förderfähigkeit anerkannt. Schutzräume dienen als Rückzugs- bzw. Evakuierungsraum bei einem Einsturz des Gebäudes. Sie müssen den im Extremfall zu erwartenden Belastungen aus Seegang und Wind durch entsprechende Gründung sowie durch Maßnahmen am Dach und an den Wänden einschl. Fenster und Türen standhalten. Die Größe des Schutzraumes bzw. der Schutzräume muss der Bewohnerzahl der Warft zzgl. Feriengäste angepasst sein. Neue wie bestehende Schutzräume sind durch die Gebäudeeigentümer in einem ordnungsgemäßen Zustand zu halten.
4.6.3 Maßnahmen Privater
Die Förderung von Hochwasserschutzmaßnahmen an und auf Halligwarften kann sinnvoll nur dann erfolgen, wenn gleichzeitig von den Bewohnern alle geeigneten Maßnahmen der Eigenvorsorge ergriffen werden. Trotz aller Hochwasserschutzmaßnahmen muss damit gerechnet werden, dass bei extremen Sturmfluten Wasser die Gebäude auf den Warften erreichen wird. Deshalb sind innerhalb des Wellenauflaufbereichs liegende Fenster und Türen an bestehenden und neuen Gebäuden mit Verschottungen ausgestattet bzw. auszustatten. Ihre Funktionsfähigkeit ist langfristig zu erhalten. Neue Gebäudewände sollten so ausgeführt werden, dass die Schutzwirkung vor Wasser verbessert wird. Dazu sollte der untere Bereich bis ca. 0,5 m über Gelände wasserundurchlässig und – in exponierter Lage – so stabil ausgeführt werden, dass er dem Wellenangriff standhält. Schließlich muss trotz aller Schutzvorkehrungen mit eindringendem Wasser in den Gebäuden gerechnet werden. Um die daraus resultierenden Schäden zu minimieren, sollten die Eigentümer bei der Ausrüstung und Einrichtung der Räume berücksichtigen, dass diese Gegenstände im Notfall in den Schutzraum verlagert werden können.
Mit Ausnahme der Schutzräume ist die private Eigenvorsorge nicht förderfähig.
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