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Thema : Kinder- und Jugendhilfe

Fragen und Antworten zur Frage der Altersfeststellung

Hier finden Sie Antworten auf häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Frage der Altersfeststellung

Letzte Aktualisierung: 19.05.2016

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Wie ist die Altersfeststellung in der jugendhilferechtlichen Praxis rechtlich einzuordnen? Inwiefern kann gegen das Verfahren oder Ergebnis der Alters-feststellung Widerspruch und Klage erhoben werden?

Das in § 42f geregelte behördliche Verfahren zur Altersfeststellung ist eine vorberei-tende Verwaltungshandlung für die Entscheidung über die Aufrechterhaltung oder den Abbruch der vorläufigen oder regulären Inobhutnahme und kein eigenständiger Verwaltungsakt.

Erst die Entscheidung über die Beendigung einer Inobhutnahme ist ein rechtsmittel-fähiger Verwaltungsakt. Zu beachten ist, dass § 42f Abs. 3 S. 1 regelt, dass Wider-spruch und Klage gegen die Entscheidung keine aufschiebende Wirkung haben. Des Weiteren sieht S. 2 der Vorschrift die Möglichkeit vor, durch Landesrecht zu be-stimmen, dass gegen die Entscheidung direkt Klage zu erheben ist, ohne Nachprü-fung in einem Vorverfahren nach § 68 VwGO. Hiervon hat das Land Schleswig-Holstein bisher jedoch keinen Gebrauch gemacht.

Wie zuverlässig sind medizinische Untersuchungen zur Altersfeststellung?

Das Jugendamt hat im Rahmen der vorläufigen Inobhutnahme gem. § 42a zunächst die Minderjährigkeit durch Einsichtnahme in die Ausweispapiere oder ähnliche Dokumente des UMA festzustellen. Falls entsprechende Unterlagen nicht vorliegen, hat das Jugendamt das Alter hilfsweise mittels einer qualifizierten Inaugenscheinnahme einzuschätzen und festzustellen (§ 42f Abs. 1 S. 1). Das Jugendamt bedient sich dabei der Beweismittel, die es nach pflichtgemäßem Ermessen zur Ermittlung des Sachverhaltes für erforderlich hält. Die Festsetzung des Alters hat unter Achtung der Menschenwürde und der körperlichen Integrität und auf der Grundlage von Standards zu erfolgen. Daneben kann zu einer qualifizierten Inaugenscheinnahme auch gehören, Auskünfte jeder Art einzuholen, Beteiligte anzuhören, Zeugen und Sachverständige zu vernehmen etc.

Der UMA ist in das Verfahren seinem Entwicklungsstand entsprechend einzubezie-hen. Hierzu gehört die umfassende Unterrichtung über die Vornahme der Altersfest-stellung, die Methode, über mögliche Folgen der Altersfeststellung und Folgen der Weigerung der Mitwirkung. Des Weiteren ist der UMA über seine Rechte aufzuklä-ren. Zudem ist ihm unverzüglich die Gelegenheit zu geben, eine Person seines Ver-trauens zu benachrichtigen (§ 42f Abs. 1 S. 2).

In Zweifelsfällen kann auf Antrag des UMA oder seines Vertreters oder von Amts wegen eine ärztliche Untersuchung veranlasst werden (§ 42f Abs. 2). Die Untersu-chung ist mit den schonendsten und soweit möglich zuverlässigsten Methoden von qualifizierten medizinischen Fachkräften durchzuführen. Auch hier muss eine um-fassende Aufklärung des UMA erfolgen. Die maßgeblichen Bestimmungen des SGB I zu den Mitwirkungspflichten werden nach § 42f Abs. 2 S. 4 für entsprechend an-wendbar erklärt (§§ 60, 62 und 65 bis 67 SGB I). Die Untersuchung darf nur nach Einwilligung des UMA und des gesetzlichen Vertreters erfolgen.

Eine wissenschaftliche Methode zur verlässlichen Bestimmung des Alters existiert nicht. Sowohl Inaugenscheinnahme als auch ärztliche Untersuchungen auf dem Ge-biet der Altersdiagnostik bleiben lediglich Schätzungen und können Abweichungen von 1 - 2 Jahren beinhalten.

Ist nur das Alter, nicht aber der genaue Geburtstag des UMA bekannt und bestehen keine ernsthaften Zweifel an der Altersangabe, so ist aus Gründen des Minderjähri-genschutzes vom günstigsten Datum, dem 31.12, auszugehen.

Ist die behördliche Altersfeststellung des Jugendamts, der Ausländerbehörde oder des Familiengerichts jeweils gegenüber den anderen Behörden verbindlich?

Nein. Sowohl die auf Grundlage des § 42f vorgenommene Alterseinschätzung als auch die Alterseinschätzung der Ausländerbehörden haben gegenüber Dritten keine Bindungswirkung.
Das Familiengericht prüft die Minderjährigkeit einer Person nur im Rahmen eines Verfahrens zur Anordnung der Vormundschaft. Die Alterseinschätzung des Famili-engerichts entfaltet nur für die Entscheidung, ob eine Vormundschaft einzurichten ist oder nicht, Bindungswirkung.

Es ist somit weder den Jugendämtern noch den Ausländerbehörden oder Familien-gerichten verwehrt, in ihren Verfahren jeweils zu anderen Alterseinschätzungen zu kommen.

Die Entscheidung des Familiengerichts hat jedoch Auswirkungen auf die „Argumen-tationslast“ der Jugendämter und Ausländerbehörden, wenn diese von abweichen-den Alterseinschätzungen ausgehen wollen. Um widersprüchliche Wertungen und „Argumentationslasten“ zu vermeiden, steht es den Jugendämtern grundsätzlich frei, Beschwerde gegen den Beschluss des Familiengerichts einzulegen.


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zu dem Begriff unbegleitete minderjährige Ausländer (UMA)

zur Zuständigkeit

zur vorläufigen Inobhutnahme

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