In der Bundesrepublik Deutschland sind ca. 8,2 Prozent der Bevölkerung, d.h. rund 5,7 Millionen Erwachsene, überschuldet. Eine wesentliche Besserung ist derzeit noch nicht absehbar. Um so wichtiger ist es, für die Betroffenen einen wirtschaftlichen Neubeginn zu ermöglichen. Es ist deshalb insbesondere auch Zweck der Durchführung eines Verbraucherinsolvenzverfahrens nach den Vorschriften der Insolvenzordnung (InsO), redlichen Schuldnern die Gelegenheit zu geben, sich von ihren Schulden zu befreien.
Kreditaufnahme und Verschuldung sind heute normale wirtschaftliche Vorgänge nicht nur im Bereich von Unternehmen, sondern auch für private Haushalte. Sie sind vertretbar, solange die fälligen Zahlungsverpflichtungen aus dem verfügbaren Einkommen bezahlt werden können. Die Probleme beginnen aber, wenn dies nicht oder nicht mehr möglich ist. Man spricht dann nicht mehr von "Ver"-schuldung, sondern von "Über"-schuldung. Die Grenzen zwischen Ver- und Überschuldung sind oftmals fließend.
Die Ursachen der Überschuldung sind vielfältiger Natur. Oftmals sind es unvorhersehbare Schicksalsschläge im privaten oder beruflichen Bereich, also bspw. Krankheit (in rund 18 Prozent der Fälle) oder Arbeitslosigkeit (in ca. 17 Prozent der Fälle), manchmal auch das Ergebnis von Unerfahrenheit oder Sorglosigkeit. Ebenso zählen Trennungen, gescheitere unternehmerische Tätigkeiten und steigende Lebenshaltungskosten heute zu wesentlichen Faktoren, die viele Menschen in eine finanzielle Schieflage bringen können. Die Folgen sind für die Betroffenen in vielen Fällen einschneidend. Überschuldung kann zu wirtschaftlichen, sozialen und psychischen Schwierigkeiten führen, aus denen sich die Betroffenen aus eigener Kraft oftmals kaum wieder befreien können. Betroffen sind aber nicht nur die Schuldner, sondern auch die Gläubiger, die ihr Geld nicht wiederbekommen oder auf ihren Rechnungen sitzen bleiben.
Überschuldung wird damit häufig zum sozialen und wirtschaftlichen Problem, mit dem sich der Gesetzgeber beschäftigen muss. Die seit dem 1. Januar 1999 geltende Insolvenzordnung sieht mit dem Verbraucherinsolvenzverfahren ein Regelungsinstrumentarium vor, das es redlichen Schuldnern - Verbrauchern und Kleingewerbetreibenden - ermöglicht, unter Befreiung von ihren Verbindlichkeiten einen wirtschaftlichen Neuanfang zu starten, ohne die berechtigten Interessen der Gläubiger zu vernachlässigen.
Seit dem 1. Oktober 2020 ist die sogenannte Restschuldbefreiung grundsätzlich bereits nach drei Jahren erreichbar. Damit wurde eine wesentliche Verkürzung der Verfahrensdauer umgesetzt, die einen schnellen wirtschaftlichen Neuanfang erleichtert. Zuvor dauerte der Weg zur Restschuldbefreiung bis zu sechs Jahre. Heute können Betroffene bereits nach drei Jahren schuldenfrei sein, sofern sie alle gesetzlichen Mitwirkungspflichten erfüllen.
Die Insolvenzordnung enthält zudem eine eigenständige Verfahrenskostenhilfe, die bewirkt, dass keinem Schuldner der Weg zur Restschuldbefreiung versperrt ist, weil er die Kosten des Verfahrens nicht aufbringen kann. So wird auch völlig mittellosen Schuldnern der Zugang zum Verbraucherinsolvenzverfahren eröffnet. Die Kosten des Verfahrens werden dabei gestundet und können nach Erteilung der Restschuldbefreiung ganz oder teilweise erlassen werden.
Das Bundesministerium der Justiz hat eine Broschüre zu diesem Thema herausgegeben, die insbesondere auch für rechtsunkundige Verbraucherinnen und Verbraucher einen ersten Überblick über die wichtigsten Regelungen des Verbraucherinsolvenzverfahrens und der Restschuldbefreiung gibt.
Weitere Informationen:
Broschüre des Bundesministeriums der Justiz