Obwohl die Kommunen und das Land Schleswig-Holstein in den vergangenen Jahrzehnten erhebliche finanzielle Anstrengungen (seit 1991 rd. 1,7 Mrd. €) auf sich genommen haben, um das Abwasser ihrer Bürger zentral in kommunalen Kläranlagen behandeln zu können, müssen weiterhin rund 5,4 % der schleswig-holsteinischen Bevölkerung, das sind rd. 154.000 Einwohner, auf Dauer ihr Abwasser dezentral in ca. 57.000 Kleinkläranlagen behandeln.
Diese Kleinkläranlagen werden immer dort betrieben, wo ein Anschluss an die öffentliche Schmutzwasserkanalisation technisch oder wegen unverhältnismäßig hoher Kosten nicht möglich ist. Diese Voraussetzungen liegen häufig bei abseits gelegenen Häusern bzw. kleinen Ortschaften und Streusiedlungen vor. Insbesondere in Gemeinden mit weniger als 300 Einwohnern liegt der Anschlussgrad in Schleswig-Holstein an eine öffentliche Kanalisation bei gerade 50% aller Haushalte, obwohl das Land mit 9 m Kanalisationsnetz pro angeschlossenem Einwohner das längste der bundesdeutschen Flächenländer betreibt.
Die Behandlung hat nach dem Stand der Technik zu erfolgen, wobei mindestens die Anforderungen der Abwasserverordnung (Anhang 1) eingehalten werden müssen.
Abwasserbeseitigungspflicht
Für die dezentrale Schmutzwasserbeseitigung können die Träger der Abwasserbeseitigungspflicht für einzelne Grundstücke oder für bestimmte Teile ihres Gebietes in ihrem Abwasserbeseitigungskonzept vorschreiben, dass die Nutzungsberechtigten der Grundstücke häusliches Abwasser durch Kleinkläranlagen beseitigen müssen.
Mit der Übertragung der Abwasserbeseitigungspflicht nach § 31 Abs. 4 Landeswassergesetz auf den Nutzungsberechtigten des Grundstücks geht die straf- und haftungsrechtliche Verantwortung für eine ordnungsgemäße Abwasserbeseitigung auf diesen über.
(mehr lesen im Merkblatt, Seite 7)
DIN 4261 "Kleinkläranlagen"
Im April 2008 wurde die DIN 4261 "Kleinkläranlagen" mit Änderungen und Ergänzungen in Schleswig-Holstein als allgemein anerkannte Regel der Technik eingeführt und veröffentlicht.
Diese Schleswig-Holstein spezifischen Regeln waren erforderlich, damit die bundesweit nicht mehr zugelassen technisch unbelüfteten Behandlungsanlagen wie z. B. Filtergräben, Nachklärteiche, Pflanzenbeete und Untergrundverrieselungsanlagen weiterhin hier betrieben werden können und nicht durch technische belüfteten Systeme (bauartzugelassene Anlagen) ersetzt werden müssen.
Diese von einer Expertenarbeitsgruppe des Landes erarbeiteten Regeln, die die spezifischen Randbedingungen des Landes berücksichtigen, ergänzen die bundesweit gültigen Regeln um die technisch unbelüfteten Nachbehandlungsanlagen.
Einführung der DIN 4261 "Kleinkläranlagen" als allgemein anerkannte Regeln der Technik und Landesrechtliche Regelung gemäß Anhang 1, Teil C, Absatz 4 und 5 der Abwasserverordnung
Merkblatt
Da diese neuen landesspezifischen Regelungen derzeit nur in Schleswig-Holstein zur Anwendung kommen, war es der Arbeitsgruppe wichtig, diese kompakt und leicht verständlich in einem Merkblatt zusammenzufassen. Dieses Merkblatt "Kleinkläranlagen in Schleswig-Holstein" (Errichtung, Betrieb und Wartung) liegt nun in überarbeiteter Fassung (Anpassungen aufgrund rechtlicher Änderungen) vor und soll Betreibern, Planern, Entsorgungs- und Überwachungspflichtigen von Kleinkläranlagen helfen, Fragen rund um die Kleinkläranlage zu beantworten.
Merkblatt "Kleinkläranlagen in Schleswig-Holstein" Errichtung, Betrieb und Wartung
(PDF, 600KB, Datei ist nicht barrierefrei)
Förderung
Seit 1987 förderte das Land Schleswig-Holstein den technischen Ausbau von Kleinkläranlagen mit maximal 1.500 DM bzw. 770 € je Wohneinheit. In dieser Zeit wurden den Kleinkläranlagenbetreibern Zuschüsse von rd. 42,5 Mio. € (bei rd. 170,3 Mio. € Gesamtinvestitionen) für die Nachrüstung bewilligt. Das Förderprogramm war danach ausgerichtet, die Kleinkläranlagenbetreiber bei der Nachrüstung zu unterstützen. Das Förderprogramm ist Ende 2013 ausgelaufen.
Technik
Die Bandbreite möglicher technischer Lösungen reicht von der biologischen Stufe für Einzelkläranlagen über gemeinschaftliche Nachrüstungen mehrerer Anlagen bis hin zum freiwilligen Anschluss an vorhandene öffentliche zentrale Abwasseranlagen.
Kleinkläranlagen bestehen in der Regel aus einer Vorreinigungsstufe (Ausfaul- oder Absetzgrube), in der feste Abwasserinhaltsstoffe abgetrennt werden und einer biologischen Nachreinigungsstufe, in der ein biologischer Abbau der gelösten Abwasserinhaltsstoffe stattfindet.
(mehr lesen im Merkblatt, Seite 11)
Wartung
Im Rahmen der Wartung wird sowohl die Vorklärung (Mehrkammergrube) als auch die biologische Nachreinigungseinrichtung auf deren Funktionsfähigkeit überprüft. Bei den biologischen Nachreinigungseinrichtungen wird generell zwischen den bauaufsichtlich zugelassenen Anlagen (Deutschen Institut für Bautechnik-DIBt-Anlagen) und den landesrechtlich zugelassenen Anlagen (Filtergraben / Filterbeete, Untergrundverrieselung, Pflanzenbeete, Filterschacht, Abwasserteiche) unterschieden. Die sog. DIBt-Anlagen sind entsprechend den Anforderungen (Häufigkeit und Umfang), die in der Zulassung festgelegt sind, zu warten. Für die landesrechtlich zugelassenen Anlagen hat das Land Schleswig-Holstein in der landesrechtlich eingeführten DIN 4261 spezielle Regelungen an die Häufigkeit und den Umfang vorgegeben.
Um gegenüber der Gemeinde und der zuständigen unteren Wasserbehörde den einwandfreien Betrieb der Kleinkläranlage nachweisen zu können, hat der Fachkundige ein Wartungsprotokoll zu erstellen und den zuständigen Behörden zuzusenden.
(mehr lesen im Merkblatt, Seite 16)
In der Vergangenheit wurden die Anforderungen, die das Land Schleswig-Holstein an die Wartung von Kleinkläranlagen mit Untergrundverrieselung gelegt hat, unterschiedlich ausgelegt. Damit diese Anlagen jedoch einheitlich und fachgerecht gewartet werden, wurde hierzu ein Hinweispapier erstellt.
(mehr lesen im Hinweispapier)
Elektronische Datenübertragung "Wartung"
Die landesrechtliche eingeführte DIN 4261 legt im Abschnitt 7.1.5 fest, dass der Fachkundige den zuständigen Behörden in standardisierter Form einen digitalen Bericht über die von ihm untersuchten und gewarteten Anlagen innerhalb eines Monats nach der Wartung, bei erforderlicher vorzeitiger Schlammentnahme umgehend nach der Untersuchung, vorzulegen hat.
Mit der Bekanntmachung eines einheitlichen elektronischen Datenverarbeitungsverfahrens legte das Umweltministerium fest, dass die Fachkundigen den unteren Wasserbehörden diese Daten digital zu übermitteln und hierfür eine von Seiten des Landes vorgegebene Schnittstelle zu verwenden haben (siehe weiterführende Links).
Die hierfür erforderliche Schnittstellenbeschreibung „Digitales Wartungsprotokoll“ steht in der jeweils aktuellen Fassung auf dieser Seite zur Verfügung
(siehe zum Herunterladen).
Bekanntmachung zur Festlegung eines einheitlichen elektronischen Datenverarbeitungsverfahrens (EDV-Verfahren) für die Übermittlung des digitalen Wartungsberichts "Kleinkläranlagen"
Entsorgung
Bei der Behandlung des Abwassers fällt neben dem gereinigten Abwasser, das in ein Gewässer eingeleitet wird, auch Schlamm (Fäkalschlamm) an, der sich in der Vorreinigungsstufe ansammelt und regelmäßig zu entsorgen ist.
(mehr lesen im Merkblatt, Seite 17)
Hinweise zur bedarfsgerechten Fäkalschlammentsorgung
Seit Einführung der bedarfsgerechten Fäkalschlammentsorgung kommt diese in Schleswig-Holstein nur äußerst selten zur Anwendung. Laut Rückfragen bei den Trägern der Abwasserbeseitigungspflicht ist dies der Tatsache geschuldet, dass es recht kompliziert sei, die bedarfsgerechte Fäkalschlammentsorgung fach- und rechtskonform auszuschreiben und ordnungsgemäß durchzuführen. Das derzeitig in Bearbeitung befindliche Hinweispapier "Bedarfsgerechte Fäkalschlammentsorgung" soll hierfür zukünftig die notwendigen Hilfestellungen bieten.
Bürgermeisterkanal
Seit der Änderung der Einführung der DIN 4261 "Kleinkläranlagen" im Juni 2008 ist gemäß Ziffer 1.4 die gemeinsame Ableitung von Regenwasser und nach den allgemein anerkannten Regeln der Technik gereinigtem Schmutzwasser aus bestehenden Kleinkläranlagen in einem bestehenden Kanal dauerhaft zulässig, sofern die Gemeinde die Abwasserbeseitigungspflicht wieder übernimmt und die Nutzungsberechtigten der Grundstücke das nach dem Stand der Technik gereinigte Abwasser als Indirekteinleiter in den Regenwasserkanal einleiten.
Hierbei sind folgende Randbedingungen zu beachten:
- Die Voraussetzungen, dass das Abwasser durch Kleinkläranlagen gereinigt werden darf, muss vorliegen (§ 31 Abs. 3 LWG).
- Bei geplanten wesentlichen Änderungen (z.B. weitere Anschlüsse) in einem bestehenden Bürgermeisterkanalsystem müssen die Voraussetzungen des § 31 Abs. 3 LWG erneut überprüft werden.
- Der Anschluss eines weiteren Hauses an den vorhandenen Bürgermeisterkanal stellt die im Vorwege durchgeführte Wirtschaftlichkeitsuntersuchung nicht in Frage.
- Sollte der bestehende Bürgermeisterkanal schadhaft sein und sich die grabenlose Sanierung als das geeignete Verfahren herausstellen, handelt es sich beim sanierten Kanal weiterhin um einen "bestehenden Kanal" im Sinne der Einführung.
- Sollten Teilstrecken des Bürgermeisterkanalsystems in offener Bauweise saniert werden müssen, entscheidet die zuständige Untere Wasserbehörde im Rahmen der Einzelfallentscheidung, ob es sich hierbei um einen wesentlichen oder unwesentlichen Anteil handelt. Bei einem unwesentlichen Anteil darf diese durchgeführt werden und beim sanierten Kanal handelt es sich weiterhin um einen "bestehenden Kanal" im Sinne der Einführung. Bei einem wesentlichen Anteil würde es sich um einen unerlaubten Neubau handeln. Dann müsste eine erneute Überprüfung nach § 31 Abs. 3 LWG mit dem Ergebnis zentrales oder dezentrales System (zwei Kanäle) durchgeführt werden.
- Sollte der Bürgermeisterkanal so schadhaft sein, dass er erneuert werden müsste, kommen die Regelungen im vorherigen Aufzählungszeichen für den wesentlichen Anteil zum Tragen.