Beim Süderoogsand wurde ein neu entdecktes Wrack aus dem 17. Jahrhundert untersucht
Die Bauweise entspricht einer Sonderform des Kraweelschiffbaus.
Letzte Aktualisierung: 08.05.2020
Von einem der entlegensten Außenposten Schleswig-Holsteins erhielt das Archäologische Landesamt vor rund zwei Jahren eine ungewöhnliche Fundmeldung: Aus dem Blaubach-Priel östlich des Süderoogsandes ragte 2018 ein Spant aus dem Sediment, der von Holger Spreer entdeckt wurde. Als Pächter der Hallig Süderoog und Ranger des Nationalparks Wattenmeer ist er einer der wenigen Menschen, die in diesem Gebiet unterwegs sind. Mittlerweile ist der Spant beprobt und datiert. Die dendrochronologische Untersuchung ergab ein Datum von ca. 1640.
Bei einem weiteren Besuch im März 2020 war das Wrackteil mittlerweile vollständig frei erodiert. Da aufgrund der Tidenströmungen und der exponierten Lage zu befürchten war, dass das Wrack binnen kurzer Zeit zerfällt, galt es so viele Informationen wie möglich zu erhalten. Die archäologische „Erstversorgung“ erfolgte Ende März von der benachbarten Hallig Süderoog aus. Holger Spreer und Paul Rusch führten eine erstklassige Fotodokumentation und Beprobung in direkter Abstimmung mit dem ALSH durch. Diese Aktion stieß auf mediales Interesse und wurde von RTL-Nord in einem am 2. April gesendeten Kurzbeitrag ausgestrahlt. Ende April konnte das Wrack schließlich von einem Spezialisten des ALSH dank der exzellenten Kooperation mit dem Finder in Augenschein genommen werden.
Durch die Untersuchung des Wrackteils konnten bereits viele bauliche Details abgelesen werden, die einen Aufschluss über die mögliche Herkunft des Schiffes geben. Die Bauweise entspricht einer in den Niederlanden des 17. Jahrhunderts praktizierten Sonderform des Kraweelschiffbaus. Zudem weist das Wrack eine doppelte Außenbeplankung auf und ist somit nach dem Hörnum Odde Wrack (um 1690) nun schon das zweite Wrack dieser Art in Schleswig-Holstein. Weltweit sind rund 12 Wrackfunde dieser Art bekannt, von denen die meisten nachweislich Schiffe der Niederländischen Ostindienkompanie waren, wie z. B. die berühmte 1629 vor Australien gesunkene „Batavia“. Aber auch andere Schiffe erhielten zu der Zeit eine doppelte Beplankung, wie z. B. Walfangschiffe oder die sogenannten „Sandskuder“ aus Dänemark.
In unmittelbarer Umgebung zum Wrack fanden sich eine Tonpfeife und eine Scherbe einer altniederländischen Fayence mit blauer Pinselbemalung. Derartiges Tischgeschirr war den Wohlhabenden vorbehalten und wurde in den Niederlanden hergestellt und von dort exportiert. Diese Fayencen waren dem chinesischen Porzellan nachempfunden.
Weitere Ergebnisse werden unter anderem mit der Untersuchung zusätzlicher Holzproben und einer archivalischen Recherche der Strandungslisten erwartet. Neben dem Wrack der 1870 gestrandeten spanischen Bark „Ulpiano“ und einem weiteren noch nicht identifizierten Holzwrack liegt mit diesem Wrackfund nun das dritte historische Wrack vom Süderoogsand vor. Aufgrund der starken Küstenerosion sind in den letzten Jahren vermehrt Wrackfunde im Nordfriesischen Wattenmeer zutage gekommen, wie zuletzt 2017 auf dem Japsand bei Hallig Hooge und 2016 auf Hörnum Odde, Sylt.
Erfahren Sie mehr über Schleswig-Holsteins Wracks!
Cookies erleichtern die Bereitstellung unserer Dienste. Mit der Nutzung unserer Dienste erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies verwenden. Weitere Informationen zum Datenschutz erhalten Sie über den folgenden Link: