Bis 2030 will Schleswig-Holstein seine Treibhausgasemissionen nahezu halbieren – wie das funktionieren kann, steht im neuen Klimaschutzprogramm, das Ministerpräsident Günther und Umweltminister Goldschmidt nun vorgestellt haben.
Letzte Aktualisierung: 03.12.2024
Mit klaren Schritten in Richtung Klimaneutralität: In Kiel hat das Kabinett am Dienstag das neue Klimaschutzprogramm 2030 verabschiedet. Darin legt die Landesregierung dar, wie sie den Ausstoß von klimaschädlichen Treibhausgasen innerhalb der nächsten fünf Jahre reduzieren will. Gemeinsam mit Umweltminister Tobias Goldschmidt stellte Ministerpräsident Daniel Günther das Programm nun vor. "Unsere Regierung hat einen konkreten Plan, um die Klimaschutzziele in den kommenden Jahren umzusetzen", sagte der Regierungschef. "Gleichzeitig werden wir den Standortvorteil von Schleswig-Holstein als grüne Energiedrehscheibe der Zukunft in Nordeuropa weiter ausbauen." Das Klimaschutzprogramm 2030 sei mehr als ein Paket aus Vorhaben, betonte Günther. "Es ist ein klimapolitisches Auftragsbuch der Landesregierung, das die Ministerien mit voller Kraft umsetzen werden."
Breite Beteiligung
Das mehr als 100-seitige Dokument definiert klare Schritte auf dem Weg zum klimaneutralen Industrieland und umfasst zahlreiche Sektoren, darunter Energiewirtschaft, Industrie, Gebäude, Verkehr und Landwirtschaft. In den vergangenen zwei Jahren hatten alle Ministerien der Landesregierung, Wirtschafts-, Sozial- und Umweltverbände, Experten aus der Wissenschaft sowie die Zivilgesellschaft über ein Bürgerforum daran mitgewirkt. An der Kabinettsberatung nahmen auch Bischöfin Nora Steen, Professor Dr. Olav Hohmeyer (Europa-Universität Flensburg), Franziska Leupelt (Vizepräsidentin der Industrie- und Handelskammer Schleswig-Holstein) und Jörg Asmussen (Hauptgeschäftsführer Gesamtverband der Versicherer) teil, die ihre Einschätzungen zum Klimaschutzprogramm darstellten.
Gemeinsam in die Klimaneutralität
"Wir nehmen die Gesellschaft auf diesem Weg mit, indem wir ihre Ideen einfließen lassen und in klare Maßnahmen umsetzen", sagte Günther. Schleswig-Holstein sei sich seiner großen Verantwortung gegenüber den kommenden Generationen bewusst, beim Klimaschutz weiter engagiert voranzugehen. "Wir wollen unseren Teil dazu beitragen, die Erderwärmung auf 1,5 Grad zu begrenzen. Klimaschutz bekommt mit unserem Programm den Stellenwert, den er mit Blick auf den ökologischen Zustand unseres Planeten verdient."
Klimaschutzminister Tobias Goldschmidt betonte, mit Überschwemmungen, Sommersturmfluten und viel zu warmen Meeren habe das vergangene Jahr erneut gezeigt, dass Schleswig-Holstein nicht nur vom steigenden Meeresspiegel betroffen sei. "Damit diese Gefahren nicht immer weiter eskalieren, machen wir Klimaschutz – für eine gute Zukunft der Menschen in unserem Land." Besonders hob der Minister die Entstehung des Klimaschutzprogramms als gesamtgesellschaftliches Projekt hervor: "Insgesamt hat dieser Prozess unsere Klimaschutzpolitik enorm bereichert. Die Debatten und Empfehlungen aus dem Bürgerforum und unserer Klimakonferenz haben das Klimaschutzprogramm eindeutig stärker gemacht. Das ist nicht nur gut für den Klimaschutz, sondern auch für die Demokratie."
Deutliche Verringerung des CO2-Ausstoßes
Das Klimaschutzprogramm verpflichtet die Ministerien, in ihrem Verantwortungsbereich die Treibhausgasemissionen mithilfe der vereinbarten Vorhaben zu senken. Schleswig-Holstein hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2030 seine Emissionen gegenüber dem Durchschnitt der Jahre 2017 bis 2019 um 43 Prozent auf höchstens 14,4 Millionen Tonnen CO2-Äquivalente im Jahr 2030 zu reduzieren. Am stärksten müssen dem Klimaschutzprogramm zufolge die Energiewirtschaft und die Sektoren Gebäude und Verkehr ihre Emissionen senken.
"Das Klimaschutzprogramm zeigt gleichzeitig unseren Wettbewerbsvorteil, denn kein Land ist für eine reiche erneuerbare Energieernte schon so breit aufgestellt wie Schleswig-Holstein", sagte Goldschmidt. "Das Klimaschutzprogramm 2030 leitet einen Paradigmenwechsel in der schleswig-holsteinischen Klimapolitik ein. Wir haben damit die nötigen Leitplanken auf Landesebene etabliert und stellen klare Forderungen an den Bund, um das Etappenziel 2030 zu erreichen. Denn das ist klar: Schleswig-Holstein wird seine Klimaziele nicht im Alleingang erreichen können. Wir sind auch auf wirksame Maßnahmen auf EU- und Bundesebene angewiesen", sagte Goldschmidt. Dazu zähle auch, die infrastrukturellen Voraussetzungen zu schaffen. "Bis 2030 brauchen wir noch mehr Investitionen, etwa in Energienetze, Ladesäulen und Windparks, damit die Emissionen in den Dreißigerjahren entsprechend schneller sinken."
Vorhaben für die einzelnen Sektoren
Das Klimaschutzprogramm beschreibt nicht nur, was die einzelnen Ressorts planen oder bereits umsetzen, um den Ausstoß von Treibhausgasen zu verringern, sondern zeigt auch weitergehende Möglichkeiten auf, um dies zu erreichen.
Energiewirtschaft
Der Großteil der Emissionseinsparungen wird dadurch möglich, dass die Kohlekraftwerke in Flensburg und Wedel vom Netz gehen. Darüber hinaus sollen die noch laufenden Heizölblöcke nach und nach außer Betrieb gehen.
Gebäude
In Schleswig-Holstein liegen neue detaillierte Erkenntnisse über den Wohngebäudebestand vor. Demnach könnten in rund 80 Prozent der Bestandsgebäude auch ohne aufwendige Sanierungen moderne Wärmepumpen installiert werden. Dies betrifft vor allem die Ein- und Zweifamilienhäuser.
Darüber hinaus will das Land ein neues Programm zur Gebäudeeffizienzberatung auflegen und sich auf Bundesebene dafür einsetzen, dass der Bund die Wärmewende langfristig mit ausreichenden Mitteln unterstützt. Ein wesentlicher Hebel kommt zudem der kommunalen Wärmeplanung zu, etwa um Wärmenetze aufzubauen sowie ein geplantes "Kompetenzzentrum Wärmewende" einzurichten.
Verkehr
Im Verkehrssektor treibt Schleswig-Holstein den Ausbau der Elektromobilität, des öffentlichen Personennahverkehrs und des Radverkehrs sowie die Umstellung auf CO2-freie Antriebe entschieden voran. So nimmt die Zahl an Ladesäulen für Elektrofahrzeuge überall im Land stetig zu. Aktuell sind bereits 5.760 öffentliche Ladepunkte in Betrieb, davon 1.281 Schnellladepunkte. Es ist jedoch notwendig, dass der Ausbau der E-Mobilität auf Bundesebene noch deutlich beschleunigt wird.
Industrie
Die größten industriellen Emittenten Schleswig-Holsteins verursachten 2021 rund 3,1 Millionen Tonnen CO2-Emissionen. In einer Realisierungsvereinbarung haben Industrie und Landesregierung die notwendigen Schritte auf dem Weg zur Klimaneutralität festgehalten. Darüber hinaus fördert das Land mit seiner Wasserstoffstrategie Initiativen für das Wasserstoff-Kernnetz in Schleswig-Holstein.
Abfallwirtschaft
Dieser Sektor ist der kleinste aller Sektoren. Die angestrebte Minderungsmenge bis 2030 ist mit 0,09 Millionen Tonnen sehr gering und wird durch die bereits eingeleiteten Projekte erreicht.
Landwirtschaft
Der Sektor Landwirtschaft stellt sich derzeit mit einer Vielzahl von Vorhaben auf eine klimaeffiziente Wirtschaftsweise um. Mit dem im Juni 2023 eingerichteten "Kompetenzzentrum Klimaeffiziente Landwirtschaft" unterstützt Schleswig-Holstein durch Forschungs- und Demonstrationsvorhaben, Vernetzung und Wissenstransfer dabei, tragfähige Lösungen für eine nachhaltige und effiziente Landbewirtschaftung zu entwickeln. Schwerpunkte liegen dabei unter anderem in der Verknüpfung von Land- und Forstwirtschaft, angepassten Fütterungsstrategien, um den Methanausstoß bei Nutztieren zu reduzieren, einem Wirtschaftsdüngermanagement sowie einem optimierten Weidemanagement.
Senken
Die natürlichen CO2-Senken wie Wälder und Moore sind in Schleswig-Holstein derzeit vor allem Quellen von Treibhausgasen. Deshalb will die Landesregierung Moorflächen wieder vernässen, die Waldfläche von elf auf zwölf Prozent vergrößern und Kohlenstoff in Seegraswiesen in der Ostsee speichern.
Querschnitt
Zu den Vorhaben dieses Sektors zählen unter anderem die Sanierung von Schulen, Krankenhäusern und Landesliegenschaften sowie der Aktionsplan Kreislaufwirtschaft. Sie haben Einsparwirkung in verschiedenen Sektoren.
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