Schon in wenigen Monaten soll in Brunsbüttel ein schwimmendes Flüssiggasterminal entstehen. Energieminister Goldschmidt stellte den ehrgeizigen Zeitplan nun vor.
Bereits Anfang 2023 sollen hier bis zu 3,5 Milliarden Kubikmeter verflüssigtes Erdgas ankommen, ein Jahr später sollen es sogar bis zu fünf Milliarden sein: In Brunsbüttel laufen die Vorbereitungen für die Einrichtung eines schwimmenden Flüssiggasterminals auf Hochtouren. Bis zum Jahreswechsel sollen dafür nun die Zulassungsverfahren für den Terminal-Anleger sowie für den Betrieb der Anlage unter Dach und Fach gebracht werden. Auch der Bau zusätzlicher Gas- und Warmwasserleitungen sowie Landstromanschlüsse steht an.
Wichtiger Beitrag zur Versorgungssicherheit
"In dieser schwierigen Phase rücken der Bund und das Land Schleswig-Holstein noch enger zusammen", sagte Energiewendeminister Tobias Goldschmidt. "Die LNG-Infrastruktur in Brunsbüttel wird einen wichtigen Beitrag leisten, künftig ohne russisches Gas auszukommen." Mit dem LNG-Beschleunigungsgesetz hatte der Bund erst vor wenigen Wochen kürzere Genehmigungsverfahren für Flüssiggasterminals beschlossen. Das soll es nun ermöglichen, die sogenannte FSRU ("Floating Storage and Regasification Unit", deutsch: "Schwimmende Speicher- und Regasifizierungseinheit") zum Jahreswechsel 2022/2023 in Betrieb zu nehmen.
Die FSRU selbst kann ein Volumen von etwa fünf Milliarden Kubikmetern Flüssiggas pro Jahr aufnehmen und regasifizieren. Aufgrund der Netzkapazitäten werden in der ersten Projektphase im Durchschnitt jedoch erstmal nur bis zu 3,5 Milliarden Kubikmeter erreicht. Ab Ende 2023 soll das Terminal dann sein volles Potenzial ausschöpfen – dank einer neuen 55 Kilometer langen Gasleitung.
Umfangreiches Bauprojekt
"Es ist ein komplexes Unterfangen, bei dem wir mehrere Bauprojekte parallel planen – von Terminals bis hin zum gleichzeitigen Bau von zwei Gasleitungen", sagte Goldschmidt. "Wir wollen schon kurzfristig LNG ins deutsche Gasnetz einspeisen und mittelfristig die Kapazitäten aus dem FSRU mehr als verdoppeln." Vor diesem Hintergrund dankte der Minister den Verantwortlichen des Brunsbütteler Hafens für ihre Unterstützung. "Wir wissen, dass der mehrstufige Realisierungsprozess mit seinen Übergangslösungen ebenfalls mit Zumutungen für die Kunden des Hafens verbunden ist. Es macht Mut, zu sehen, wie Wirtschaft und Politik diese Kraftanstrengung gemeinsam angehen."
Mit Blick auf die Kritik von Umweltverbänden und lokalen Initiativen an den beschleunigten Planungs- und Genehmigungsprozessen betonte er: "Ich kann gut nachvollziehen, dass weder das Projekt an sich noch die Verfahrensverkürzungen Begeisterungsstürme auslösen. Aber die Energieversorgungslage ist nun einmal wie sie ist: bitterernst." Gleichzeitig verwies der Minister nochmals auf die Veröffentlichung der Planunterlagen für die Erdgastransportleitungen (ETL) 180 zwischen Brunsbüttel und Hetlingen sowie 185 zwischen Brunsbüttel und der geplanten FSRU, die seit dem 19. Juli öffentlich einsehbar seien.
Drei Projektphasen
Phase 1
Zurzeit steht im Hafen von Brunsbüttel kein freier Anleger für die FSRU zur Verfügung. Als Übergangslösung nutzen die Projektverantwortlichen deshalb dafür vorübergehend den bestehenden Gefahrstoffanleger. Die Umbauarbeiten sollen Anfang September beginnen, ab Oktober startet zudem der Bau der drei Kilometer langen Erdgastransportleitung (ETL) 185, die bis Anfang 2023 fertig sein soll. Über diese Leitung sollen dann pro Jahr im Durchschnitt 3,5 Milliarden Kubikmeter Flüssiggas transportiert werden können – das entspricht in etwa vier Prozent des deutschen Gasbedarfs.
Phase 2
Zwischen November 2022 und März 2023 soll dann eine neue Anlegestelle gebaut werden. Im Anschluss steht der Gefahrstoffanleger wieder für seine bisherigen Zwecke zur Verfügung, etwa für Ölanlieferungen.
Phase 3
Ebenfalls im November soll der Bau der 55 Kilometer langen Erdgastransportleitung 180 von Brunsbüttel nach Hetlingen/Stade beginnen. Sie soll das Flüssiggas-Terminal mit dem deutschen Gasfernleitungsnetz verbinden. Die Bauarbeiten sollen bis Ende 2023 dauern. Von diesem Zeitpunkt an kann die FSRU dann mit rund fünf Milliarden Kubikmeter Gas pro Jahr seine volle Kapazität ausnutzen. Das Besondere daran: Die neuen Gasleitungen können perspektivisch auch für den Transport von Wasserstoff und Wasserstoffderivaten genutzt werden.
Terminal an Land soll 2026 fertig werden
Parallel zu den Arbeiten für die Flüssiggasinfrastruktur läuft das Genehmigungsverfahren für ein LNG-Terminal an Land und die erforderliche Infrastruktur. Nach seiner Fertigstellung 2026 soll es die FSRU ersetzen. Über das neue Terminal sollen dann jährlich bis zu zehn Milliarden Kubikmeter Gas – und später auch klimaneutrale Energieträger wie Wasserstoff – importiert werden. "Viele Industrieunternehmen in Schleswig-Holstein, die noch fossil produzieren, haben bereits Pläne umzusteigen", betonte Goldschmidt. Durch den günstigen Zugang zu erneuerbaren Energien und der Hafenanbindung biete die Westküste ideale Bedingungen für die Weiterentwicklung vorhandener Unternehmen und die Ansiedlung neuer Produktionsbetriebe. Für den echten Norden böten sich hier enorme Chancen, sagte er. "Wir werden die LNG-Infrastruktur zu einem Multi-Energie-Terminal für erneuerbare Treibstoffe ausbauen."
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