KIEL. Der schleswig-holsteinische Landtag hat heute die umfangreiche Novellierung des Energiewende- und Klimaschutzgesetzes (EWKG) beschlossen. „Mit dem heute verabschiedeten Klimaschutzgesetz erreicht Schleswig-Holstein einen neuen Meilenstein beim Klimaschutz. Das ist gut für das Klima und für die Bürgerinnen und Bürger im Echten Norden. Das Herz der deutschen Energiewende schlägt in Schleswig-Holstein, wie man auch an diesem Gesetz wieder sehen kann“
, sagte Energie- und Klimaschutzminister Tobias Goldschmidt.
Durch das Gesetz werden zum einen umfangreiche Änderungen aus dem Bundesrecht bürokratiearm in Landesrecht umgesetzt, insbesondere aus dem Wärmeplanungsgesetz (WPG), dem Klimaanpassungsgesetz (KAnG) sowie dem Energieeffizienzgesetz EnEfG) und dem Gebäudeenergiegesetz (GEG). Zusätzlich werden aber auch die Anstrengungen für landesspezifische Klimaschutzmaßnahmen verstärkt. Das Energiewende- und Klimaschutzgesetz hält ein umfangreiches und sektorenübergreifendes Maßnahmenpaket bereit.
Das im Koalitionsvertrag vereinbarte Ziel der Klimaneutralität 2040 wird im neuen EWKG gesetzlich festgeschrieben. „Wir in Schleswig-Holstein halten Kurs und werden unserer Vorreiterrolle gerecht: Das Ziel der Klimaneutralität 2040 – und damit fünf Jahre vor dem Bund – ist nun Gesetz. Wer den Menschen eine sichere, unabhängige Zukunft geben will, muss sich entschieden für die klimaneutrale Transformation einsetzen. Genau das hat der Gesetzgeber heute getan“
, sagte Tobias Goldschmidt.
Auch beim Ausbauziel für Erneuerbare Energien geht Schleswig-Holstein weiter ambitioniert, aber mit Augenmaß voran: Das Ziel von mindestens 45 Terawattstunden (TWh) jährlicher Stromerzeugung aus Erneuerbare Energien an Land ab dem Jahr 2030 wird ebenfalls im EWKG gesetzlich festgeschrieben. Zum Vergleich: Im Jahr 2023 waren es 20,6 TWh; im Jahr 2012 nur 10,4 Twh.
Was sich für Bürgerinnen und Bürger und Kommunen mit diesem Gesetz ändert:
Photovoltaik (PV): Beim Neubau von Wohngebäuden, bei größeren Dachrenovierungen von Nichtwohngebäuden, bei Parkplatzneubauten, -erweiterungen und -sanierungen ab 70 Stellplätzen sind künftig PV-Anlagen vorgeschrieben. Diese Anlagen werden auf den jeweils geeigneten Dachflächen beziehungsweise über den Parkplätzen zu errichten sein, Befreiungen sind möglich. Ziel dieser Regelung ist, unversiegelte Flächen zu schonen und bereits versiegelte Flächen zu nutzen und durch die Installation von PV-Anlagen aufzuwerten. „So bewirken wir, dass Solaranlagen flächensparend errichtet werden und weniger Agrar- oder Naturfläche verbraucht wird
“, sagte Goldschmidt.
Verkehr: Damit der Verkehr klimaneutral wird, schreibt das Gesetz vor, dass der Schienennahverkehr – dies umfasst S-Bahnen oder Regionalbahnen – bis 2030 klimaneutral fährt. Ab 2040 fahren alle Fahrzeuge des ÖPNV klimaneutral – auch wenn Verkehrsdienstleistungen von Dritten erbracht werden. Ab dem Jahr 2035 werden Neugenehmigungen für Mietwagen, Taxis und andere Formen des Sammelverkehrs nur noch erteilt, wenn die Fahrzeuge emissionsfrei sind. „Die Zukunft des Verkehrs ist elektrisch – egal ob Bus, Bahn oder PKW“
, sagte Goldschmidt.
Heizen:
Fernwärme - mehr Transparenz und Preiskontrolle: Damit die Fernwärmeversorgung transparenter und fairer in ihrer Preisgestaltung wird, müssen Wärmenetzbetreiber künftig jede Preisänderung in ein Meldeportal eingeben – erstmalig ab dem 01.10.2025. Darüber hinaus müssen Fernwärmeunternehmen, die aufgrund überdurchschnittlich hoher Betriebskosten und ineffizient betriebener Netze hohe Preise nehmen, einen Sanierungsfahrplan für ihr Wärmenetz vorlegen, um die Ursachen für die hohen Kosten zu beseitigen. Hierdurch werden Verbraucher künftig nachhaltig vor überhöhten Fernwärmepreisen geschützt.
Zusätzlich zeigt ein neues Online-Portal den sukzessiven Ausbau der Wärmenetze an, um die Wärmewende öffentlich darzustellen. So wird die Dekarbonisierung der Wärmenetze transparent dargestellt und Verbraucher können sich frühzeitig über die Möglichkeiten der Wärmeversorgung in ihrem Gebiet informieren und entsprechend planen. „Fernwärme ist eine der Hauptsäulen der Wärmewende – wir sorgen für mehr Transparenz und Preiskontrolle“
, sagte Goldschmidt.
Heizungstausch: Klarheit und Orientierung für die Bürgerinnen und Bürger geben auch weiterhin die Regelungen für klimafreundliches Heizen in Gebäuden: Wird bei Gebäuden, die vor dem 1. Januar 2009 errichtet wurden, eine Heizungsanlage getauscht oder erstmalig eingebaut, müssen wie bisher 15 Prozent der Wärmeversorgung aus Erneuerbaren Energien stammen, bis die weitergehenden Verpflichtungen des GEG in den Jahren 2026 bzw. 2028 greifen. „Wir befreien uns schrittweise aus der Abhängigkeit von fossilen Energieträgern und machen das Heizen zukunftsfest
“, sagte Goldschmidt.
Wärmeplanung: Für die nach dem Wärmeplanungsgesetz des Bundes vorgeschriebene Wärmeplanung – ein entscheidender Baustein bei der Einleitung der Wärmewende - werden in Schleswig-Holstein künftig die Gemeinden verantwortlich sein. Dabei werden die Gemeinden von klaren und flexiblen Regelungen im Bereich der Wärmeplanung profitieren – bei der Umsetzung des Wärmeplanungsgesetzes wurden alle Spielräume für die Kommunen ausgenutzt. Die Kommunen erhalten über das Land Bundesmittel in Form eines finanziellen Ausgleichsbetrags von insgesamt rund 17 Millionen Euro.
Für die Umsetzung gilt das Zieljahr 2040: Wärmenetze müssen in Schleswig-Holstein – entsprechend des im Gesetz verankerten Klimaziels – spätestens ab dem Jahr 2040 klimaneutral betrieben werden, der Anteil der Erneuerbaren bei 100 Prozent liegen. Dabei bietet das Land vielfältige Unterstützungen und Förderungen an und sieht darüber hinaus für die Wärmeplanung besonders für kleine oder von Wärmenetzen abgeschnittene Kommunen Erleichterungen vor:
- Für Gemeinden, die wahrscheinlich keinen Anschluss an ein Wärme- oder Wasserstoffnetz erhalten, gibt es die Möglichkeit eines verkürzten Verfahrens für die Wärmeplanung;
- Gemeinden, die kleiner als 10.000 Einwohner sind (Stand 01.01.2024) können ein vereinfachtes Verfahren durchlaufen;
- Das vereinfachte Verfahren zur kommunalen Wärmeplanung ermöglicht es beispielsweise, die Öffentlichkeitsbeteiligung zu vereinfachen. Nicht mehr vorgeschrieben ist die Wärmeverbrauchsdatenerfassung, die Darstellung der Baualtersklasse der Gebäude und der Letztverbraucher.
- Mit der zweiten Kabinettsbefassung wurden die Möglichkeiten zum vereinfachten Verfahren besonders für kleinere Kommunen deutlich erweitert.
- Das Land schafft benachbarten Kommunen die Möglichkeit, eine gemeinsame Wärmeplanung durchzuführen (Konvoiverfahren). Dabei können die Gemeinden die Aufgabe an das zuständige Amt oder den Kreis übertragen;
- Bereits verpflichtete Kommunen erhalten ein Wahlrecht, ob sie nach dem bisherigen EWKG (Ende 2024 oder Ende 2027) ihre Wärmeplanung machen oder nach dem WPG (2025 bzw. 2028).
- Bereits vorgelegte Wärmepläne haben Bestandsschutz.
Goldschmidt dazu: „Die Kommunen tragen große Verantwortung bei der Wärmeplanung – mit diesem Gesetz stellen wir sicher, dass wir sie nicht überlasten.“
Klimawandelanpassung: Leider sind Extremwetterereignisse inzwischen Realität. Um hier Vorsorge zu treffen, müssen Kreise und kreisfreie Städte bis zum 30.9.2029 Klimaanpassungskonzepte erstellen. Dafür erhalten sie eine einmalige Zahlung in Höhe von 150.000 Euro. Die zu erstellenden Klimaanpassungskonzepte müssen mindestens folgende Elemente enthalten:
- Eine Klimarisikoanalyse oder eine vergleichbare Entscheidungsgrundlage;
- Eine Darstellung der Handlungsfelder, in denen Anpassungsbedarf besteht;
- Einen Maßnahmenkatalog zur Umsetzung des Klimaanpassungskonzepts.
„Mit diesem Gesetz, das den Realitäten ins Auge schaut, schützen wir das Klima. Und wir schützen uns vor dem Klimawandel, indem wir uns vor zunehmenden Stürmen, Hitzewellen und anderen Herausforderungen wappnen. Gleichzeitig greifen wir den Bürgerinnen und Bürgern unter die Arme, damit die Transformation für alle zu stemmen ist. Es ist ein Gesetz mit Augenmaß und klarem Kurs“
, sagte Goldschmidt.
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