Landesamt für
Denkmalpflege: Thema: Ministerien & Behörden
"Steinerne Zeugen"
Ein wegweisendes Projekt macht jüdische Friedhöfe in Schleswig-Holstein besser sichtbar.
Letzte Aktualisierung: 01.10.2024
Über 2.000 jüdische Friedhöfe in Deutschland bilden ein reiches kulturelles und religiöses Erbe. "Um dieses wertvolle Erbe zu bewahren und sichtbarer zu machen, hat das Salomon Ludwig Steinheim-Institut für deutsch-jüdische Geschichte an der Universität Duisburg-Essen in Kooperation mit dem Landesamt für Denkmalpflege Schleswig-Holstein, den jüdischen Gemeinden und Landesverbänden, sowie den Kommunen mit jüdischen Friedhöfen ein gemeinsames Projekt ins Leben gerufen. Ziel ist es, alle 21 jüdischen Friedhöfe in Schleswig-Holstein mit Informationstafeln auszustatten", bekräftigen Dr. Helge-Fabien Hertz, wissenschaftlicher Mitarbeiter am Steinheim-Institut, sowie Lehrbeauftragter an der Universität Kiel, und Dr. Philip Seifert, Leiter des Landesamtes für Denkmalpflege Schleswig-Holstein, beim Auftakt in Kiel. Die Informationstafeln sollen im Frühjahr 2025 an allen Friedhöfen sichtbar angebracht werden. Rund 20 Kieler Studierende werden in dem Seminar "Steinerne Zeugen" die wissenschaftlichen Inhalte erarbeiten.
Begräbnisstätten haben im Judentum eine besondere Bedeutung: Sie sind Teil des Lebens und auf Dauer angelegt, bekannt als "Bet Olam" - Haus der Ewigkeit. "In kleinen Gemeinden sind sie oft die einzig sichtbare Erinnerung an die jüdische Geschichte des Ortes. Während der NS-Zeit wurden fast alle jüdischen Friedhöfe geschändet, aber oftmals nicht vollständig zerstört", betont Dr. Hertz. Für den Historiker ist es ein wichtiges Zeichen, dass sich alle 13 Kommunen mit jüdischen Friedhöfen sowie die Stiftung Diakoniewerk Kropp an dem Projekt beteiligen: "Damit wird aus Schleswig-Holstein ein starkes Signal für die Sichtbarkeit jüdischen Lebens und gegen Antisemitismus gesendet." Viktoria Ladyshenski, Jüdische Gemeinschaft Schleswig-Holstein, bekräftigt beim Auftakttermin: "Das Projekt unterstützt die Vermittlung von Wissen über die jüdische Kultur in Schleswig-Holstein. Gerade in der heutigen Zeit ist es wichtig, dass jüdisches Leben in unserem Bundesland auch auf diese Weise sichtbarer wird." Auf dem Alten Jüdischen Friedhof in Kiel zeigt sie den Studierenden die Besonderheiten der jüdischen Bestattungskultur auf.
In Deutschland gibt es aufgrund der Kulturhoheit der Länder große Unterschiede im Umgang mit diesem kostbaren kulturellen Erbe. In Schleswig-Holstein existieren vergleichsweise wenige jüdische Friedhöfe, die dennoch von einer langen und vielfältigen jüdischen Geschichte im nördlichsten Bundesland zeugen. Im Gegensatz zu vielen anderen Bundesländern sind die jüdischen Friedhöfe in Schleswig-Holstein kaum beschildert, und treten daher im Stadt- bzw. Landschaftsbild nicht als solche hervor. "Durch die Informationstafeln können sich künftig auch zufällig am Friedhof vorbeigehende Personen über jüdisches Leben vor Ort informieren", sagt Dr. Hertz. Da jüdische Friedhöfe oft Ziel von Vandalismus seien, habe man sich für widerstandsfähige Schilder entschieden, so der Experte, der das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung finanzierte Projekt "Net Olam" zu Schändungen jüdischer Friedhöfe in Deutschland seit 1945 leitet. Auch Dr. Margita M. Meyer vom Landesamt für Denkmalpflege unterstützt diesen Ansatz. "Die jüdischen Friedhöfe müssen stärker geschützt werden. Daher ist eine Einzäunung der denkmalgeschützten Areale sinnvoll, an der auch eine Beschilderung gut sichtbar wäre", so die Gartendenkmalpflegerin. Sie freue sich, dass diese grünen Kulturdenkmale als Zeugen der Vergangenheit nun von Studierenden erfasst und wissenschaftlich erkundet werden.
Die neuen Tafeln sollen visuell ansprechend über die Bedeutung der Friedhöfe und ihre Geschichte informieren. Zudem erläutern sie die Besuchsregeln eines jüdischen Friedhofs. Vertiefende Informationen zur jüdischen Bestattungskultur oder zur Geschichte der jeweiligen jüdischen Gemeinde werden per QR-Codes über die Homepages der jüdischen Landesverbände und Gemeinden bereitgestellt. Finanziert werden die Tafeln von den Kommunen bzw. der Stiftung Diakoniewerk Kropp. Außerdem wird das Projekt von der Sparkassenstiftung und dem Landesbeauftragten für politische Bildung bezuschusst.
"Dieses Leuchtturmprojekt besitzt auch über Schleswig-Holstein hinaus Strahlkraft", sind sich alle Beteiligten einig. Mit den Informationstafeln soll die Sichtbarkeit der Friedhöfe, und damit auch des jüdischen Lebens, als Teil der Geschichte und Gegenwart des Landes erhöht werden.
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