Dies hat das Schleswig-Holsteinische Landesverfassungsgericht mit seinem heute verkündeten Urteil entschieden. Das Urteil ist in einem Organstreitverfahren ergangen, in dem sich die Abgeordnete von Sayn-Wittgenstein gegen ihren Ausschluss aus der AfD-Fraktion im Schleswig-Holsteinischen Landtag gewandt hat.
Das Landesverfassungsgericht führt in seinem Urteil aus, das Ausschlussverfahren halte der verfassungsrechtlichen Überprüfung stand. Sowohl die verfahrensrechtlichen Anforderungen als auch die materiellen Voraussetzungen für einen Fraktionsausschluss seien eingehalten worden.
Insbesondere habe die AfD-Fraktion der Abgeordneten zuvor rechtliches Gehör gewährt. Denn die Abgeordnete habe hinreichend Gelegenheit gehabt, zum beabsichtigten Ausschluss Stellung zu nehmen, und die übrigen Fraktionsmitglieder seien rechtzeitig in die Lage versetzt worden, verantwortlich an der zu treffenden Entscheidung mitzuwirken. Auch Inhalt und Form der Ladung zur maßgeblichen Fraktionssitzung, in der der Ausschluss beschlossen worden sei, begegneten keinen verfassungsrechtlichen Bedenken.
Die AfD-Fraktion habe den Ausschluss der Abgeordneten auf einen wichtigen Grund gestützt. Der Fraktion stehe bei der Beurteilung, ob ein wichtiger Grund vorliege, ein Beurteilungsspielraum zu. Die verfassungsgerichtliche Überprüfung der Entscheidung über den Ausschluss sei materiell auf eine Willkürkontrolle beschränkt. Das heißt, die Entscheidung der Fraktion sei verfassungsgerichtlich nicht darauf zu überprüfen, ob sie politisch vertretbar sei, sondern in diesem Rahmen allein darauf, ob das Statusrecht der betroffenen Abgeordneten grundlegend verkannt worden sei.
Die Entscheidung der AfD-Fraktion, dass das Werben für den Verein Gedächtnisstätte e. V. in der konkreten Form, von dem sich die Abgeordnete zu keiner Zeit öffentlich distanziert habe, und dass ihr Verhalten in diesem Zusammenhang die weitere Zusammenarbeit in der Fraktion unzumutbar mache, sei nicht willkürlich. Auch die Einschätzung der AfD-Fraktion, dass das Verhalten der Abgeordneten das Ansehen der Fraktion in der Öffentlichkeit schädige und dies einen Fraktionsausschluss begründen könne, sei unter Berücksichtigung des erklärten Abgrenzungsbedürfnisses der Fraktion frei von Willkür. Die Annahmen der AfD-Fraktion, dass die Abgeordnete politisch mit den Zielen des Vereins Gedächtnisstätte e. V. übereinstimme und ihr die agierenden Personen und die Außenwirkung bewusst gewesen sein müssten, seien weder abwegig noch völlig unvertretbar.
Weiter führt das Verfassungsgericht aus:
„Eine verfassungsgerichtliche Kontrolle, ob und wie weit die Antragstellerin wirklich politisch „rechts“ von der Antragsgegnerin oder der AfD steht, findet von Rechts wegen nicht statt. Diese Frage mag die Parteigerichtsbarkeit klären. Insofern ist für dieses Verfahren weder der Umstand, dass die Antragstellerin nach ihrem Fraktionsausschluss wieder zur Landesvorsitzenden der AfD in Schleswig-Holstein gewählt worden ist, noch die Entscheidung des Bundesschiedsgerichts der AfD vom 28. August 2019 von Bedeutung.“
Das Urteil ist einstimmig ergangen.
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