Nach der „Richtlinie zur Förderung von Maßnahmen zur Erhaltung des schriftlichen Kulturgutes in den Archiven und Bibliotheken in Schleswig-Holstein“ können auch Digitalisierungsvorhaben gefördert werden, wenn auch nachrangig gegenüber anderen Maßnahmen der Bestandserhaltung. Denn auch die Digitalisierung von analogem Bibliotheks- oder Archivgut kann ein Mittel der Bestandserhaltung sein, wenn ihr Ziel die Schonung der Originale ist. Im Einzelfall kann die Erhaltungsprognose für ein Original derart schlecht sein, dass nur eine Reproduktion durch Digitalisierung eine dauerhafte Sicherung der Information möglich macht. Die Digitalisierung ermöglicht es aber auch, gemeinfreie Werke im Open Access anzubieten oder auch an PC-Arbeitsplätzen in der Bibliothek oder im Archiv, wenn die Medien noch nicht gemeinfrei sind. Der Zugriff auf die Inhalte ist einfacher, und die Bibliothek oder das Archiv können ihren Bestand weit verbreiten und damit mehr Aufmerksamkeit für ihre Angebote erwirken.
Bei einem Antrag zur Förderung einer Digitalisierungsmaßnahme muss aber der Aspekt der Bestandserhaltung, nicht der Verbesserung der Zugänglichkeit, im Vordergrund stehen. Die Richtlinie präzisiert: „Dabei geht es nicht in erster Linie um die bessere Benutzbarkeit. Vielmehr soll die langfristige Erhaltung der Objekte sichergestellt werden.“ Das Ziel der Digitalisierung muss daher aus dem Antrag deutlich hervorgehen. Zugleich setzt eine Förderung von Digitalisierungsvorhaben technische und organisatorische Vorarbeiten voraus. Die Richtlinie bestimmt: „Digitalisierungen können nur gefördert werden, wenn die freie Zugänglichkeit der Digitalisate über eine Internetplattform gesichert ist, sofern nicht rechtliche Hinderungsgründe bestehen. Ein dauerhaftes Sicherungskonzept ist darzustellen.“
A. Hinweise zur Digitalisierung
- Worin besteht die Herausforderung?
Die hergestellten Digitalisate sollen gewissen Standards genügen, um sicher zu stellen, dass die geförderten Projekte nachhaltig und zukunftsfähig bleiben, die Metadaten zu den digitalen Dokumenten und Objekten unproblematisch in zentrale Nachweissysteme für Bibliotheks- oder Archivgut überführt werden können und insgesamt die Nachnutzung auch in anderen inhaltlichen Zusammenhängen möglich ist. Insbesondere ist es wichtig, bereits bei der Erstellung der Scans die Erfordernisse der späteren digitalen Archivierung mit dem Landesarchiv Schleswig-Holstein abzustimmen.
Standards im engeren Sinne gibt es nicht, aber die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) hat Praxisregeln zur Digitalisierung von Bibliotheks- und Archivgut entwickelt, die sich etabliert haben. Für die Archive gibt es eine Empfehlung der Bundeskonferenz der Kommunalarchive beim Deutschen Städtetag „Handreichung zur Digitalisierung von Archivgut“, an die Sie sich anlehnen können. Allerdings sind die dort aufgeführten Hinweise für kleinere Einrichtungen ggf. nicht ohne weiteres umsetzbar. Hier wäre aber zumindest zu versuchen, sich an den dort genannten Empfehlungen zu orientieren.
In den Projektanträgen für das Förderprogramm „Erhalt schriftlichen Kulturgutes“ des Landes Schleswig-Holstein ist darzulegen, wie die beantragende Einrichtung Standards bei der Digitalisierung umsetzt und wie die Digitalisate publiziert und genutzt werden können.
Die Universitätsbibliothek Kiel betreibt mit den Goobi Systemen zur Erschließung (Goobi Workflow) und Präsentation (Goobi viewer) bereits eine Infrastruktur für Bibliotheksgut. Die Digitalisierungsplattform steht anderen Einrichtungen des Landes nach Rücksprache und Klärung der Konditionen zur Verfügung. - Wie können Sie vorgehen?
In diesem Merkblatt kann nur kurz beschrieben werden, worauf geachtet werden sollte. Lösungen werden dann doch immer auf die Situation der Einrichtung abzustimmen und individuell sein.
- Der Erhaltungszustand der Objekte, die digitalisiert werden sollen, spielt eine entscheidende Rolle. Ggf. sind vor der Digitalisierung aufwendige konservatorische und restauratorische Maßnahmen erforderlich. Diese Maßnahmen sind bei der Planung des Projekts als zeit- und kostenintensive vorbereitende Tätigkeiten zu berücksichtigen. Je komplexer ein Projekt wird, desto höher ist der Aufwand und desto zahlreicher sind Fehlermöglichkeiten. Auch das sollte bei der Projektplanung berücksichtigt werden.
- Wichtig ist es, einen digitalen Master zu erstellen, der sich für die Aufbewahrung in einem digitalen Archiv eignet. Aus ihm können z. B. Benutzungsderivate erstellt werden, die weniger Speicherplatz benötigen, und deren Aufruf nicht so zeitintensiv ist.
- Metadaten zu den digitalen Objekten sollen in einer von der Software unabhängigen und standardkonformen Form bereitgestellt werden. Anzustreben ist eine XML-Codierung.
- Die Digitalisate sollen mit einem persistenten Identifier im Nachweissystem verbunden werden.
- Wenn sinnvoll und möglich, sollte eine Volltexterkennung (OCR) durchgeführt werden, damit das digitale Dokument oder Objekt auch durchsucht werden kann.
- Die Digitalisate sollen – sofern es rechtlich möglich ist – im Open Access zur Verfügung gestellt werden. Der Zugang zu den Digitalisaten kann über Ihre Website, über Ihr Nachweissystem (Bibliothekskatalog, Archivportal), wenn möglich auch über den DFG-Viewer, über Internet Suchmaschinen und im günstigsten Fall über eine so genannte OAI-Schnittstelle erfolgen, die die automatisierte Datenübernahme in andere System erlaubt (z. B. in die Deutsche Digitale Bibliothek, das Zentrale Verzeichnis Digitalisierter Drucke, das Archivportal oder DigiCult).
- Die Digitalisate und die zugehörigen Metadaten sollten in einer Verzeichnis- und Ordnerstruktur übersichtlich abgelegt werden. Man kann auch (nur für die Recherche) eine chaotische Lagerung vornehmen und den Zugriff über eine Datenbank sicherstellen.
- Im Kontext der Nutzung wird das Angebot eines Feed-Back-Formulars erwartet.
- Bei der Vergabe der Digitalisierungsarbeiten an einen Dienstleister ist darauf zu achten, dass dieser spezialisiert ist und ggf. Referenzen für vergleichbare Projekte anderer Bibliotheken oder Archive vorweisen kann. Dies kann im Lastenheft gefordert werden.
- Anbieter von Digitalisierungssystemen können bei der Einrichtung eines eigenen Digitalisierungsarbeitsplatzes beraten.
Im ersten Schritt sollte geprüft werden, welche dieser Bedingungen das in der Bibliothek oder dem Archiv eingesetzte Informationssystem bereits erfüllen kann. Einzelne Bedingungen können auch dem ggf. gewählten Digitalisierungsdienstleister aufgetragen werden.
B. Hinweise zur digitalen Archivierung
- Worin besteht die Herausforderung?
Aufgrund des schnellen technischen Wandels verändern sich Dateiformate, Betriebssysteme, Software und Hardware laufend. Daher können digitale Objekte (auch Digitalisate) sehr schnell unbenutzbar werden. Aus diesem Grund ist es erforderlich, ein Konzept zur digitalen Archivierung vorzulegen, welches den Anträgen für die Fördermittel des Landes Schleswig-Holstein beigefügt wird. In diesem Merkblatt werden einige Hinweise darauf gegeben, wie Sie vorgehen könnten.
Bei der dauerhaften Sicherung digitaler Daten kommt es nicht nur darauf an, dass das Dokument in seinen Bit-Eigenschaften unverändert bleibt, sondern es soll dauerhaft nutzbar sein. Es reicht also nicht, die Datenträger regelmäßig auszutauschen und die Dokumente gegen Bit-Fehler zu sichern. Die dauerhafte Benutzbarkeit kann entweder durch eine Migration oder durch die Verwendung von Emulation sichergestellt werden. Migration sieht vor, die Daten in neue, dann zukunftsfähige Formate zu überführen, wenn sich abzeichnet, dass das Ursprungsformat obsolet wird. Mit einer Emulation schafft das digitale Archiv eine Möglichkeit, die Daten nutzbar zu halten, indem die alte Hard- und Softwareumgebung technisch imitiert wird und so eine Nutzung auf modernen Geräten möglich wird.
Beide Verfahren der digitalen Archivierung sind technisch und organisatorisch anspruchsvolle Themen. Kleinere Einrichtungen werden derzeit nicht in der Lage sein, die digitale Archivierung professionell allein vorzunehmen und sind auf Dienstleister angewiesen. Als Dienstleistung gibt es z. B. ein Angebot der Deutschen Nationalbibliothek (DNB), welches im Aufbau ist, oder der TIB Leibniz-Informationszentrum Technik und Naturwissenschaften – Universitätsbibliothek. Aber auch die Nutzung dieser Angebote setzt auf Seiten der Dienstleistungsnehmer einige Anstrengungen voraus, die kleinere Einrichtungen ggf. nicht leisten können.
Viele Informationen zum Thema „digitale Langzeitarchivierung“ finden Sie auf der Seite von nestor. nestor ist ein Kooperationsverbund mit Partnern aus verschiedenen Bereichen, die mit dem Thema "Digitale Langzeitarchivierung" zu tun haben.
Derzeit wird am Landesarchiv Schleswig-Holstein das Digitale Archiv Schleswig-Holstein eingerichtet, das später auch von kleinen Einrichtungen wie kommunalen und kirchlichen Archiven gegen Kostenbeteiligung genutzt werden kann. Es ist aber noch nicht abschließend geklärt, zu welchem Zeitpunkt und zu welchen Konditionen es zur Verfügung stehen wird. Aus diesem Grund enthält dieses Merkblatt einige Hinweise, wie Sie mit Ihren digitalen Objekten verfahren können, um die Zeit, bis das Digitale Archiv Schleswig-Holstein am Landesarchiv zur Verfügung steht, überbrücken zu können, ohne dass Ihr Material obsolet wird. Diese Verfahren sind aber keine Dauerlösung. - Wie können Sie vorgehen?
Wichtig ist, dass Sie gleich bei der Digitalisierung einen „digitalen Master“ erstellen lassen, der aus Dateien besteht, die offene oder offen gelegte Formate haben, die sich für die Langzeitarchivierung eignen. Für die Vorgaben dazu gibt es kaum Standards, aber die DFG gibt in ihren DFG-Praxisregeln „Digitalisierung“ Hinweise auf Formate und andere Eigenschaften des digitalen Masters, die die digitale Archivierung unterstützen:
- Eine Auflösung von 300 dpi bzw. eine Auflösung, die es ermöglicht, in dem Master die kleinsten relevanten Details gut sehen zu können, wenn die Datei auf ein Viertel der Ausgangsgröße verkleinert wird. So wird bei DIAs oder Negativen zwingend eine deutlich höhere Auflösung notwendig sein.
- Eine Farbtiefe von 8 BIT pro Kanal, das heißt 24 BIT ist für den digitalen Master ausreichend.
- Der Master soll in Form unkomprimierter Baseline-TIFF-Dateien erstellt werden. Extended TIFFs sollen nicht verwendet werden. Neben dem Baseline-TIFF werden auch TIFF-LZA und JPEG2000 in der verlustfreien Version vorgeschlagen. Beim Speichern der JPEG2000-Dateien dürfen nur die lizenzfreien Bereiche von JPEG 2000 verwendet werden.
- Hierbei ist zu berücksichtigen, dass der Speicherplatzbedarf mit zunehmender Größe von Dateien ein Kostenfaktor ist.
Aus diesen digitalen Mastern können Benutzungsderivate erstellt werden, z. B. JPEG oder PDF-Dateien, falls es sich um digitalisierte Texte handelt. Diese können, müssen aber nicht, in das digitale Archiv überführt werden. Es ist sinnvoll, das OCR-Ergebnis zu jedem Dokument ebenfalls aufzubewahren, weil OCR-Erkennung, insbesondere die Fraktur-Erkennung, relativ teuer ist.
Dieser digitale Master sollte, bis er ins digitale Archiv überführt worden ist, möglichst redundant auf mehreren unterschiedlichen Speichermedien und an unterschiedlichen Speicherorten aufbewahrt werden. Diese Speichersysteme sollen regelmäßig systematisch auf ihre Funktionsfähigkeit überprüft werden. Ggf. ist das System auszutauschen. Das so genannte 3-2-1-Prinzip umfasst idealerweise folgendes Vorgehen: es werden drei Kopien desselben Masters erstellt. Zwei der Kopien werden auf unterschiedlichen Arten von Speichermedien gespeichert und eine der Kopien wird an einem anderen Ort gelagert. Da dies viel Speicherplatz erfordert, kann man sich auch auf zwei Kopien beschränken. Wichtig ist auch, dass der Zugriff auf diese Speichermedien auf einen klar umrissenen Personenkreis beschränkt wird.
Auch der digitale Master selbst muss regelmäßig kontrolliert werden. Einmal im Jahr sollte geprüft werden, ob sich die Dateien noch öffnen lassen und vollständig vorliegen. Eine genauere Kontrolle kann mit Hilfe der sogenannten Prüfsummen erfolgen. Für jeden Master wird eine Prüfsumme berechnet und gespeichert. Diese wird einmal im Jahr neu berechnet und mit der gespeicherten früheren Summe verglichen. Wenn diese Summen nicht übereinstimmen, ist auf dem Speichermedium ein Fehler aufgetreten. Die Dateien sollten dann durch andere fehlerfreie Kopien ersetzt werden. Das Speichermedium sollte generell alle fünf Jahre gewechselt werden. Von den Herstellern wird zwar meist eine längere Haltbarkeit versprochen, aber das Umkopieren sollte erfolgen, bevor ein Schaden auftritt.
Neben dem digitalen Master sind auch die Metadaten, die ihn beschreiben, aufzubewahren. Dies können administrative, technische, deskriptive oder strukturelle Metadaten sein. Zum Teil sind diese schon in die oben genannten Dateiformate integriert, zum Teil aber müssen sie händisch erstellt werden und z. B. in kleinen Text-Dateien abgespeichert werden.
Als ersten Schritt sollten Archive und Bibliotheken mit den eigenen IT-Abteilungen bzw. -Strukturen abklären, wie dort Daten gesichert werden. Aus Gründen der Rechts- und Verwaltungssicherheit müssen öffentliche Körperschaften für eine gesicherte Datenspeicherung sorgen. Wenn Archive und Bibliotheken diese Infrastruktur nutzen können, sollten sie es bis zur Einführung digitaler Archive tun.