Die Ausbreitung von Seegang im Wattenmeer wurde mit Hilfe von Naturmessungen und mathematischen Modellen untersucht. Die Ergebnisse lassen erkennen, dass der Seegang im Wattgebiet eine starke regionale Prägung hat, die sich in unterschiedlichen Wechselwirkungsprozessen widerspiegelt.
Die Ausbreitung von Seegang im Wattenmeer wurde mit Hilfe von Naturmessungen und mathematischen Modellen untersucht (Schlussberichte zum BMFT-Forschungsvorhaben (MTK 464B) „Naturuntersuchungen von Wattseegang an der deutschen Nordseeküste“, „Registrierung, Analyse, Modellierung von Seegang und Strömung“, „Seegangsmessungen in der Elbe“, September Stand 1992). Die Ergebnisse lassen erkennen, dass der Seegang im Wattgebiet eine starke regionale Prägung hat, die sich in unterschiedlichen Wechselwirkungsprozessen widerspiegelt. Folgende Aussagen können aus den Untersuchungen zum Wattseegang im Einzugsgebiet des Norderneyer Seegats, im Wurster Watt, in der Eidermündung und im Einzugsgebiet des Heverstroms getroffen werden:
- oberhalb eines Schwellwertes der Windgeschwindigkeit erhöht sich der Seegang nicht mehr
- die Wellenbelastung im Windschatten der Inseln ist wesentlich geringer als auf der windzugewandten Festlandsseite
- der Seegang wird bei der Fortpflanzung in den Wattrinnen und auf den Watten so stark gedämpft, dass der Seegang nicht höher als bei der örtlich möglichen Windsee wird
- die Ausbreitung des Seeganges folgt den vorhandenen Tiefenlinien, so dass der Seegang z.T. gegen die vorherrschende Windrichtung läuft
- die Übertragung der Bemessungsansätze aus Wassertiefen - Wellenhöhen - Relationen gilt für alle untersuchten Gebiete
- zur Festlegung von Sicherheitsmargen müssen regionale Differenzierungen vorgenommen werden
Die in den o.g. bisherigen Untersuchungen gefundenen Verhältniswerte sind nachfolgend aufgeführt.
Verhältniswerte kennzeichnender Wellengrößen (aus: Niemeyer, Gärtner & Grüne, 1992)Messgebiet | Hmax/HS | HS/Hm | THS/Tm | Tmax/Tm | Hmax/h | HS/h | Hm/h |
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Norderney Seegat | 1,68 bis 1,65 | 1,65 bis 1,55 | 1,01 bis 1,00 | 2,12 bis 2,27 | 0,56 bis 0,36 | 0,34 bis 0,22 | 0,21 bis 0,14 |
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Wurster Watt | 1,61 bis 1,50 | 1,54 bis 1,50 | 1,00 | 1,98 bis 1,95 | 0,47 | 0,29 bis 0,31 | 0,21 bis 0,19 |
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Eider-
mündung
| 1,62 bis 1,47 | 1,47 bis 1,45 | 1,19 bis 1,04 | 3,23 bis 2,74 | 0,34 bis 0,32 | 0,22 bis 0,19 | 0,16 bis 0,13 |
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Heverstrom | 1,69 bis 1,55 | 1,60 bis 1,55 | 1,00 bis 0,70 | 2,15 bis 1,90 | 0,59 bis 0,27 | 0,38 bis 0,16 | 0,24 bis 0,10 |
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angenommenen Werte f+ür die Südküste Föhr |
Maximum | 1,69 | 1,65 | 1,19 | 3,23 | 0,59 | 0,38 | 0,24 |
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Minimum | 1,47 | 1,45 | 0,70 | 1,90 | 0,27 | 0,16 | 0,10 |
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Sturmflutwasserstand: NHN+4,75 m
Wassertiefe: h=3,75 m
Wellengeschwindigkeit: c=WURZEL(g . h) = 6,1 m/s
Wellenperiode: Tm = 2,8 s + 3,5 sm-1 . Hm
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| | THS | Tm | Tmax | Hmax | HS | Hm |
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Maximum | | 7,1 s | 6,0 s | 10,4 s | 2,2 m | 1,4 m | 0,9 m |
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Minimum | | 2,9 s | 4,2 s | 8,0 s | 1,0 m | 0,6 m | 0,4 m |
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Um für die Südküste von Föhr Bemessungsgrößen angeben zu können, wurden die in anderen Gebieten gefundenen Parameter übertragen. Dabei ergibt sich als mittlere Bemessungswelle für den Strandbereich (>NHN+1m) ein Wert von Hmax = 2,2 m.
In einer älteren Studie wurde die Seegangsbelastung für die Südküste Föhr auf theoretischem Wege bestimmt (ALW Husum 1989). Für die Berechnung des Seegangs gibt es eine Vielzahl von empirischen Wellenverfahren. Sie wurden meist für spezielle Seegangsgebiete entwickelt und sind daher nicht ohne Einschränkung auf andere Gebiete übertragbar. SCHÜTTRUMPF (1973) hat die zahlreichen Verfahren zur Wellenvorhersage im Hinblick auf eine Anwendung für die Verhältnisse in der südlichen Nordsee überprüft und dabei festgestellt, dass das Verfahren von BRETSCHNEIDER (SHORE PROTECTION MANUAL 1973) für veränderliche Wassertiefe (Flachwasserbereich) die beste Übereinstimmung mit vorliegenden Messwerten aus dem Gebiet der südlichen Nordsee liefert (STEPHAN 1978). Nachfolgend werden die Wellenkennwerte vor Utersum für Wind aus W und vor Nieblum für Wind aus SW nach den Verfahren
- Seegangsvorhersage nach BRETSCHNEIDER (Variante A)
- höchstmögliche mittlere Wellenhöhe Hm,max im Watt nach Naturmessungen von SIEFERT 1974 (Variante B)
angegeben.
Berechnete Seegangskennwerte nach BRETSCHNEIDER und SIEFERT (s. ALW Husum 1989) | | Utersum
Westwind
Var. A |
Utersum
Westwind
Var. B
(Watt)
|
Utersum
Westwind
Var. B
(Strand)
| Nieblum
Südwestwind
Var. A |
Nieblum
Südwestwind
Var. B
(Watt)
|
Nieblum
Südwestwind
Var. B
(Strand)
|
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Wind-
geschwindigkeit
| U | 40 m/s | 35 m/s |
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Wassertiefe | d | 5,5 m | 4,5 m |
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effektive Streichlänge | FE | 219 km | 46 km |
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mittlere Wellenhöhe | Hm | 1,3 m | 1,1 m | 0,9 m | 1,5 m | 1,4 m | 1,3 m |
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signifikante Wellenhöhe | H1/3 | 1,9 m | 1,5 m | 1,2 m | 2,2 m | 2,0 m | 1,8 m |
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Periode der signifikanten Wellenhöhe | TH1/3 | 7,6 s | 5,5 s | 6,7 s | 7,4 s | 6,5 s | 8,3 s |
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Länge der signifikanten Welle *) | LH1/3 | 52 m | 34 m | 38 m | 46 m | 43 m | 48 m |
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maximale Wellenhöhe | Hm,max | 2,4 m | 2,7 m | 2,1 m | 2,9 m | 3,5 m | 3,0 m |
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*) berechnet nach Theorie 1. Ordnung
Aufgrund der großen Bandbreite der Definitionen von Wellenkennwerten sind die Werte aus beiden o.g. Tabellen nicht direkt vergleichbar, so dass lediglich die Größenordnungen abgeleitet werden können.
Eine flächenhafte Beschreibung der Wellenbewegung kann mit Hilfe von mathematischen Modellen erfolgen. Läuft eine Welle in flaches Wasser, so verringert sich infolge Grundberührung die Geschwindigkeit und damit die Wellenlänge, wobei die Wellenfront zum Flachen hin gebeugt wird. Für Detailuntersuchungen sind die angegebenen Größen durch systematische Messungen und Luftbildauswertungen aus Sturmbefliegungen zu ergänzen.
Zusammenfassend kann festgestellt werden:
- Die Hauptfortschrittsrichtungen des Seegangs folgen den tiefen Rinnen (Norderaue, Amrumtief, Hörnumtief). Auf angrenzenden Watten und Stränden breiten sich nur energieärmere Teilsysteme aus.
- An der Westküste von Föhr laufen die Wellen für den Fall Wind aus W nahezu küstenparallel auf, so dass dort eine hohe Seegangsbelastung auftritt. Im südwestlichen Bereich von Föhr (BfA) tritt demzufolge ein Längstransport in östliche Richtung auf, die damit entgegengesetzt zur Richtung des Reststromes der Tideströmung verläuft.
- Der Nordmannsgrund besteht aus einem breiten, flachen Wattsockel, wodurch die von See her über die Norderaue einlaufenden Wellen auf dem Nordmannsgrund abgelenkt werden. Für den Fall Wind aus SW treffen die Wellen am Goting-Kliff aufgrund der exponierten Lage küstenparallel mit einer hohen Energiekonzentration auf. Östlich und westlich davon breiten sich nur durch Refraktion abgeschwächte Wellen aus. Bemerkenswert ist für den Fall Wind aus SW, dass sich infolge Refraktion westlich vom Goting-Kliff ein in westliche Richtung auftretender Längstransport einstellt, während östlich davon ein Längstransport in entgegengesetzter Richtung stattfindet.
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