Bis in den August hinein war es in großen Teilen Nordeuropas außergewöhnlich trocken. Für viele Landwirte bedeutete das große Ernteeinbußen. Am Dienstag (25. September) hat das Kabinett weitreichende Finanzhilfen für die Landwirte beschlossen. Landwirtschaftsminister Jan Philipp Albrecht begrüßte die Zustimmung: "Dieses Jahr stellt die Landwirtschaft auf eine echte Bewährungsprobe. Umso wichtiger ist es, dass wir jetzt die Hilfen für die Landwirte konkret auf den Weg bringen. Mit der gefundenen Vereinbarung bekommen die Landwirte Klarheit, was die Hilfen anbetrifft."
Aktuelle Vereinfachungen
Die Landesregierung hat am Dienstag (25. September) eine Beteiligung an der Dürrehilfe formal beschlossen. Schleswig-Holstein wird sich am Hilfsprogramm beteiligen. Die Bund-Länder-Vereinbarung wird in Kürze unterschrieben.
Gegenüber der ersten Veröffentlichung (21. September) gibt es nun folgende Vereinfachung: Es sind nicht mehr die letzten drei, sondern es ist nur noch der jüngste Steuerbescheid vorzulegen.
Im Hinblick auf die Voraussetzung „naturaler Schaden größer 30%“ werden aktuell für Mais und Grassilage Schätzwerte ermittelt, die auch an dieser Stelle rechtzeitig vor dem Start des Antragsverfahrens veröffentlicht werden.
Bei Fragen zur Berrechnung des naturalen Schadens können Sie eine beispielhafte Kalkulation einsehen.
Steuerliche Entlastungen
Bereits im Sommer hatte das Finanzministerium die Finanzämter gebeten, Ermessensspielräume bei der Steuer auszuschöpfen. Dazu zählten neben der Stundung auch beispielsweise die abweichende Festsetzung oder der Vollstreckungsaufschub. "Auch jetzt steht das Land zu seiner Verantwortung und stellt den Landwirten zehn Millionen Euro zur Verfügung", sagte Finanzministerin Monika Heinold im Anschluss an die Kabinettsitzung. "Nun ist es selbstverständlich, dass wir die notwendigen Mittel mobilisieren, um die betroffenen Landwirte zu unterstützen."
Bund und Länder Hand in Hand
Der Bund hatte zugesagt, finanzielle Mittel in Höhe von bis zu 170 Millionen Euro bereitzustellen. Es ist vereinbart, dass sich die betroffenen Länder insgesamt mit einer gleichhohen Summe beteiligen werden. Schleswig-Holstein hatte schon frühzeitig zugesagt, sich an an einem entsprechenden Hilfsprogramm zu beteiligen. Mit einer Verwaltungsvereinbarung soll nun die konkrete Ausgestaltung der Hilfen festgeschrieben werden.
Für Schleswig-Holstein ist ein Betrag von insgesamt 20 Millionen Euro vorgesehen. Hiervon werden Bund und Land jeweils zehn Millionen Euro tragen. Die Bundesmittel werden außerplanmäßig im Haushalt 2018 bereitgestellt und müssen aus haushaltrechtlichen Gründen noch in diesem Jahr ausgezahlt werden. Daher sollen auch in Schleswig-Holstein bereits in diesem Jahr Abschläge ausgezahlt werden.
Zahlreiche Anträge erwartet
Das Landwirtschaftsministerium bereitet derzeit das Antrags- und Auszahlungsverfahren vor. Es ist in Schleswig-Holstein mit mehr als 1.000 Anträgen zu rechnen. Die entsprechende Landes-Richtlinie wird sich eng an die Bund-Länder-Vereinbarung anlehnen. Das Landesamt für Landwirtschaft, Umwelt und ländliche Räume (LLUR) wird die Anträge prüfen und die Dürrehilfen auszahlen.
Kriterien für Dürrehilfen
Für die Dürrehilfe gibt es eine Untergrenze (2.500 Euro) und eine Obergrenze (500.000 Euro). Folgende Kriterein müssen erfüllt sein, um Dürrehilfe in Anspruch nehmen zu können:
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Kriterium 1: naturaler Schaden größer 30 Prozent
Der Naturalertrag auf Acker und Grünland muss in diesem Jahr (Ernte 2018) im Betriebsdurchschnitt um mehr als 30 Prozent geringer sein als im Schnitt der letzten drei Jahre. Es genügt also nicht, dass es aufgrund der Dürre bei einer Frucht (z.B. Wintergerste) zu einer katastrophalen Ernte gekommen ist, wenn z.B. die Maissilage nur relativ weniger schlecht als sonst ausfallen sollte.
Der Nachweis ist für viele Ackerfrüchte wie z.B. Getreide und Kartoffeln anhand der Ackerschlagkartei möglich, für den Futterbau (Mais- und Grassilage) sowie die Weidenutzung funktioniert dies auf vielen Betrieben jedoch nicht. Diese Betriebe müssen auf Schätzwerte zurückgreifen, die vom MELUND in Zusammenarbeit mit der Landwirtschaftskammer erarbeitet worden sind.
Kriterium 2: Die Prosperitätsgrenze 120.000 Euro / 90.000 Euro
Die Prosperität (das heißt: der Wohlstand) bezieht sich auf die Summe der positiven Einkünfte gemäß Steuerbescheid. Es zählt der letzte vorliegende Steuerbescheid. Eheleute, die über dieser Grenze von 120.000 Euro liegen, sind nicht hilfeberechtigt. Für Einzelpersonen beträgt die Grenze 90.000 Euro.
Kriterium 3: kein hohes außerlandwirtschaftliches Gewerbeeinkommen
Einkünfte aus gewerblichen nichtlandwirtschaftlichen Betriebszweigen dürfen nicht mehr als 35 Prozent der gesamten Einkünfte ausmachen. Anderenfalls ist das Unternehmen nicht hilfeberechtigt.
Kriterium 4: kein hohes Privatvermögen
Zum „anrechenbaren Privatvermögen“ zählen Bankkonten und Wertpapierdepots. Wertgegenstände, Immobilien und Unternehmensbeteiligungen zählen nicht zum „anrechenbaren Privatvermögen“. Im Antrag ist eine entsprechende Bankauskunft erforderlich.
Kriterium 5: durch die Dürre wirtschaftlich gefährdete Betriebe
Dieses Kriterium bezieht sich auf eine Kennziffer in der Buchführung, den sogenannten "Cash flow III" (im Wesentlichen der Gewinn in der Referenzperiode minus Entnahmen minus Tilgung plus Abschreibung). Die Kennziffer wird ins Verhältnis gesetzt zum Dürreschaden. Eine Existenzgefährdung und damit eine Förderfähigkeit liegt vor, wenn der Dürreschaden größer ist als der durchschnittliche Cash flow III.
Kriterium 6: kein auch ohne Dürre existenzgefährdeter Betrieb
Eine Dürrehilfe ist nur möglich, wenn der Betrieb ohne Dürre nicht existenzgefährdet wäre. Dieses Kriterium wird im Einzelfall unter Einbeziehung der Hausbank geprüft.
Selbstauskunft erforderlich im Antrag
Die Vielzahl der Voraussetzungen und Kriterien macht die Antragstellung sicherlich nicht einfach. Insbesondere liegen zurzeit auf den Betrieben viele Informationen noch gar nicht vor. Niemand weiß z.B., wie sich die Milchpreise und die Futterkosten bis zum Frühjahr entwickeln werden.
Es wird für einen Betrieb entscheidend vom Buchabschluss 2018/19 abhängen, wie hoch seine mögliche Dürrehilfe ausfallen wird. Deshalb kann und muss die ausführliche Ergänzung zum Antrag auch erst im nächsten Sommer abgegeben werden.
Das MELUND will jedoch bereits in 2018 Vorschusszahlungen auf die Dürrehilfe möglich machen. Deshalb müssen alle Betroffenen bereits bis zum 30. Oktober den Dürrehilfe-Antrag abgeben. Dabei sind jedoch nur wenige Informationen erforderlich, damit die grundsätzliche Hilfeberechtigung festgestellt werden kann. Bei einigen Informationen genügt vorerst eine Selbstauskunft, die dann in der ausführlichen Begründung später belegt werden muss.
Antrag im Oktober stellen
Das Antragsverfahren wird Anfang Oktober eröffnet. Dem Antrag auf Zahlung eines Vorschusses auf die Dürrebeihilfe ist der letzte vorliegende Einkommenssteuerbescheid beizufügen.
Der Steuerbescheid dient als Nachweis für zwei Kennzahlen, die für die Feststellung der Hilfebedürftigkeit wichtig sind. Erstens für den Nachweis, dass Einkünfte aus gewerblichen nichtlandwirtschaftlichen Betriebszweigen nicht mehr als 35 % der gesamten Einkünfte ausmachen. Zweitens für den Nachweis, dass die Summe der positiven Einkünfte bei Eheleuten die Grenze von 120.000 € (Ledige 90.000 €) nicht überschreitet. Es zählt dabei jeweils der letzte vorliegende Steuerbescheid.
Die Betroffenen sollten sich darüber hinaus aber bereits jetzt bestimmte Unterlagen bereitlegen, damit die Selbstauskünfte auf Nachfrage belegt bzw. erklärt werden können. Die Beispiele ergeben sich aus den oben genannten Kriterien. Es ist sicherlich auch empfehlenswert, bereits frühzeitig mit seinem Berater bzw. Buchführer und Steuerberater Kontakt aufzunehmen.
Die vorläufigen Unterlagen können in den folgenden Monaten geprüft werden (z.B. inkl. Rückfragen beim Finanzamt, Banken etc.). Sowohl die Landwirte als auch die Verwaltung sollten gemeinsam alles daran setzen, dass es nur in Ausnahmefällen zu Rückforderungen der Vorschüsse kommen muss! Nur Landwirte, die sich gut begründet für hilfebedürftig halten, sollten einen Antrag stellen.
Online-Antragsverfahen steht bald bereit
Das Online-Antragsverfahren wird zurzeit programmiert. Nach einer kurzen Testphase wird es in wenigen Tagen freigeschaltet. Die meisten Angaben beruhen zunächst auf den Selbstauskünften der Antragssteller. Die Verwaltung im Landesamt für ländliche Räume kann allerdings einige Angaben auch kurzfristig überprüfen, indem ein Vergleich mit dem Sammelantrag vorgenommen wird. Ziel ist es, dass hilfeberechtigte Antragsteller noch in diesem Jahr Vorschüsse auf die Schlusszahlung erhalten, die für Ende 2019 vorgesehen ist. Parallel zur Online-Antragstellung müssen die Antragsteller auf dem Postweg eine Kopie des Steuerbescheides an die zuständige Außenstelle des LLUR senden.
Die Antragsteller finden im Online-Antrag auch eine Kalkulationshilfe zur Berechnung des naturalen Dürreschadens. Das heißt: die Antragsteller geben für alle Feldfrüchte aus 2018 die Anzahl der Hektare sowie den jeweiligen durchschnittlichen Ertrag des Dreijahresschnitts 2015 bis 2017 ein. Wahlweise kann der Durchschnitt von 2013 bis 2017 unter Vernachlässigung des höchsten und niedrigsten Wertes angegeben werden.
Ausfälle werden vorerst geschätzt
Als erstes sollte jeder Betrieb für sich ausrechnen, wie hoch der Naturalschaden bzw. Ernterückgang durch die Dürre ist. Das ist im Futterbau auf vielen Betrieben noch nicht exakt möglich. Das MELUND hat deshalb die Landwirtschaftskammer gebeten, insbesondere für den Futterbau die Ernteschäden in den verschiedenen Naturräumen zu schätzen. Hierfür werden Daten von denjenigen Betrieben ausgewertet, in denen bereits exakte Messungen der Ernteerträge auch bei Maissilage und Grassilage vorgenommen werden.
Beispielhafte Kalkulation für Dürreschäden
Wie werden naturale Dürreschäden berechnet? Hier können Sie eine beispielhafte Kalkulation einsehen:
Ein beispielhafter Betrieb hat in 2018 insgesamt 130 ha mit Feldfrüchten (inkl. Gras und Weide) bestellt, wobei die Betriebsgröße laut Sammelantrag ggf. davon abweichen kann (z.B. wegen Ausweisung von Brache etc.).
Im Beispiel hat der Betrieb 50 ha Maissilage und nachweislich 400 dt/ha geerntet. Der Rückgang gegenüber den Dreijahresschnitt beträgt 25 Prozent (in der Tabelle in der vierten Spalte: -0,25). Falls der Betrieb keinen Nachweis erbringen kann, weil er keine genauen Verwiegungen vornimmt, kann er den veröffentlichten Schätzwert für seine Region einsetzen.
Die fünfte Spalte zeigt, dass die Maisfläche auf diesem Betrieb 38% ausmacht (50 von 130 Hektar). Daraus ergibt sich dann in der sechsten Spalte der gewichtete Dürreschaden von Mais auf diesem Betrieb.
Feldfrucht
Referenz
2018
Schaden
Gewichtung
Gewichteter Dürreschaden
Ertrag dt/ha
130 Hektar
Ertrag
Winterweizen
100
5
-0,25
0,04
-0,010
Sommerweizen
80
5
-0,50
0,04
-0,019
Kartoffeln
450
10
-0,33
0,08
-0,026
Ackerbohnen
45
5
-0,22
0,04
-0,009
Grassilage
100
35
-0,25
0,27
-0,067
Maissilage
400
50
-0,25
0,38
-0,096
Weidenutzung
100
20
-0,50
0,15
-0,077
Gesamt
130
1
-30,3%
Insgesamt hat dieser Beispielsbetrieb insbesondere bei der Weidenutzung und beim Sommerweisen erhebliche Dürreschäden. Die anderen Früchte liegen dagegen „nur“ bei einem Viertel. Insgesamt beträgt der naturale Dürreschaden jedoch bei 30,3%. Damit erfüllt der Betrieb diese eine (von insgesamt sechs) Voraussetzungen für einen Anspruch auf Dürrehilfe.
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