Hintergrund
Schleswig-Holstein ist in der Bundesrepublik das waldärmste Bundesland (abgesehen von den Stadtstaaten). Die Ergebnisse der letzten Bundeswaldinventurzeigen, dass etwas mehr als 11 Prozent, rund 173.000 Hektar mit Wald bedeckt sind. Die Landesregierung hat das Ziel, den Waldanteil zu erhöhen.
Die Verteilung des Waldes im Land weist ein starkes Süd-Nord-Gefälle auf: Während der Kreis Herzogtum Lauenburg zu einem Viertel bewaldet ist, ist der Waldanteil im nördlichen Teil des Landes, jenseits des Nord-Ostsee-Kanals und der Eider, sehr gering.
Der Wald erfüllt eine Vielzahl bedeutender Ökosystemleistungen, von denen die gesamte Gesellschaft profitiert. Angesichts wachsender Umweltbelastungen und der Auswirkungen des Klimawandels rücken diese vielfältigen Funktionen des Waldes zunehmend in den Fokus.
In Bezug auf die Anpassung an den Klimawandel sind die Wälder sowohl Opfer als auch Helfer. Als langfristige Ökosysteme, die stark von ihren Standort- und Umweltbedingungen abhängen, leiden sie besonders unter den Auswirkungen des Klimawandels:
- Höhere Temperaturen, vor allem im Sommer, führen zu Hitzestress und Wassermangel.
- Trockenperioden können die Gesundheit der Bäume erheblich beeinträchtigen.
- Starkregen, insbesondere im Winter, steht nicht als nachhaltige Wasserquelle zur Verfügung.
- Starke Stürme können ganze Waldgebiete bedrohen.
- In den durch Klimaänderungen geschwächten Beständen können sich Sekundärschädlinge, wie z. B. der Buchdrucker, leichter ausbreiten und profitieren u. U. direkt von geänderten Klimabedingungen.
- Die Waldbrandgefahr, die bisher in Schleswig-Holstein relativ gering war, wird zunehmen.
In Bezug auf den Klimaschutz spielen die Wälder in Schleswig-Holstein eine entscheidende Rolle.
Klimaschutz durch bewirtschaftete Wälder
Bäume spielen eine entscheidende Rolle bei der Reduzierung von Kohlendioxid (CO2) in der Atmosphäre, indem sie es während der Fotosynthese aufnehmen und einen Teil davon als Kohlenstoff in ihrer Biomasse speichern. Etwa 15 bis 30 % dieses Kohlenstoffs werden langfristig im Holz der Baumstämme gespeichert. Ebenso können die Böden in Wäldern CO2 langfristig binden, wenn der Kohlenstoffgehalt im Bodenhumus durch die Zufuhr von Blatt-, Nadel- und Wurzelstreu sowie Totholzresten erhöht wird. Allerdings kann das aufgenommene CO2 in Waldökosystemen wieder freigesetzt werden, sei es durch die Zersetzung von Totholz, die Mineralisierung des Bodenhumus oder durch Waldbrände.
Neben Mooren sind Wälder die bedeutendsten natürlichen Kohlenstoffsenken auf der Erdoberfläche und spielen eine enorm wichtige Rolle beim Klimaschutz. Durch die Nutzung von Holz wird das im Holz gebundene CO2 dem natürlichen Kreislauf von Bindung und Freisetzung im Wald entzogen.
Um die gesamte Klimaschutzleistung der bewirtschafteten Wälder in Deutschland zu bewerten, müssen wir die Menge der aus dem Holz hergestellten Produkte und ihre Nutzungsdauer berücksichtigen. Je mehr Holzprodukte aus dem geernteten Holz hergestellt werden und je länger diese Produkte genutzt werden, desto größer ist der Klimaschutzeffekt von bewirtschafteten Wäldern und den daraus hergestellten Produkten. Zusätzlich können mit Holz andere Materialien wie Stahl, Beton, Ziegel oder Kunststoffe, die bisher meist mit einem hohen Energieaufwand aus fossilen Quellen hergestellt wurden (stoffliche Substitution), sowie fossile Brennstoffe (energetische Substitution) ersetzt werden. Auf diese Weise kann die Freisetzung von CO2, das seit Millionen von Jahren als Kohlenstoff in fossilen Brennstoffen gebunden ist, reduziert werden.
Die Bewirtschaftung von Wäldern sowie die Bereitstellung und Verarbeitung von Holz sind jedoch nicht vollständig klimaneutral. Die dabei entstehenden CO2-Emissionen machen jedoch weniger als 10 % der Klimaschutzwirkung der Holznutzung aus und sind bereits in die Substitutionsberechnungen einbezogen. Daher ist die Klimaschutzwirkung bewirtschafteter Wälder eng mit dem Einsatz von Holz verbunden, was vom Weltklimarat als stoffliche Substitution anerkannt wird.
In ihrer Funktion als „Helfer“ gegen den Klimawandel binden Wälder bedeutende Mengen CO2 (rd. 10 t CO2/ha und Jahr), die damit der Atmosphäre entzogen werden. Im waldarmen Schleswig-Holstein kommt unter Klimaschutzgesichtspunkten nicht nur der Walderhaltung, sondern auch der langfristig angestrebten Neuwaldbildung hohe Bedeutung zu.
Klimaanpassung der Wälder
Auch wenn die Ergebnisse des letzten Waldzustandserhebungeine leichte Verbesserung des Zustandes des Gesamtwaldes gegenüber dem Vorjahr dokumentiert, müssen wir uns schon jetzt auf den Klimawandel und die unvermeidbaren Konsequenzen vorbereiten. Die Steigerung der Anpassungsfähigkeit der Wälder und die Anpassung ihrer Bewirtschaftung an die Auswirkungen des Klimawandels, wie zunehmende Durchschnittstemperaturen und häufigere extreme Wetterereignisse, sind entscheidende Herausforderungen, denen sich die Forstwirtschaft und alle Beteiligten rund um den Wald in den kommenden Jahrzehnten stellen müssen. Nur gesunde und intakte Waldökosysteme können auch weiterhin effektiv zum Klimaschutz beitragen, Holz als nachwachsenden Rohstoff liefern, die Existenz der Forstbetriebe sichern, zum Schutz von Boden und Wasser beitragen, die Biodiversität erhalten, als Erholungsgebiete dienen und zahlreiche weitere Ökosystemleistungen für unsere Gesellschaft gewährleisten.
Schleswig-Holstein ist 2011 über einen Staatsvertrag der Nordwestdeutschen Forstlichen Versuchsanstalt, die bisher von den Ländern Niedersachsen, Hessen und Sachsen-Anhalt getragen wurde, als Vollmitglied beigetreten. In Zusammenarbeit werden hier Fragen der Forstwirtschaft im Zusammenhang mit dem Klimawandel und Anpassungsstrategien wissenschaftlich fundiert und praxisnah zu erforschen und entsprechende Empfehlungen zu entwickeln.
Um unsere Wälder in all ihren Funktionen zu erhalten und zukunftssicher weiterzuentwickeln arbeitet das MLLEV derzeit an einer Waldstrategie. Als strategische Ausrichtung der Waldpolitik in Schleswig-Holstein werden die folgenden Ziele mit ihr verfolgt:
- Evaluation des Ist-Zustandes im Themenfeld Wald
- Schwerpunktsetzung zur zukunftsfähigen Entwicklung und Erhaltung des Waldes
- Entwicklung eines Leitbilds für die zukunftsfähige Entwicklung der schleswig-holsteinischen Wälder
- Ableitung von Verbesserungsmöglichkeiten und Handlungsbedarfen
Bild zum Download: Klimaschutzleistungen von Wald und Holz