KIEL. Schleswig-Holsteins Energiewendeminister Robert Habeck erklärt nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zur Beschwerde der Energiekonzerne gegen den Atomausstieg von 2011: "Es rächt sich jetzt, dass die damalige Bundesregierung den ersten Atomausstieg zurückgedreht hat. Mit der energiepolitisch ohnehin falschen Laufzeitverlängerung war der erste Atomkonsens aus dem Jahr 2002 gekippt. Das Urteil jetzt ist die Quittung dafür.
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Das Bundesverfassungsgericht hatte heute über die Beschwerden der Energiekonzerne E.ON, RWE und Vattenfall entschieden und den Atomausstieg im Wesentlichen bestätigt. Allerdings können der Gerichtsentscheidung zufolge den Konzernen zum Teil Entschädigungszahlungen des Staates zustehen. Dies bezieht sich konkret nur auf die Kernkraftwerke Krümmel des Betreibers Vattenfall und Mülheim-Kärlich von RWE.
Angesichts des laufenden Gesetzgebungsverfahrens zur Finanzierung des Atomausstiegs forderte Habeck vor diesem Hintergrund: "Die Entschädigungsfrage darf nicht den Kern des Kompromisses berühren. Er basiert auf einem Interessensausgleich: Die Konzerne zahlen so viel sie können, um die Steuerzahler zu schonen, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Im Gegenzug übernimmt der Staat Lasten bei Entsorgung und Endlagerung.
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Der Minister forderte zudem Vattenfall auf, seine Klage vor einem internationalen Schiedsgericht gegen den Atomausstieg fallen zu lassen. "Die BVerfG-Entscheidung zeigt, dass ein Investor aus dem europäischen Ausland in Deutschland nicht schlechter geschützt ist als die deutschen Unternehmen und dass Vattenfall als schwedischer Staatskonzern Entschädigungsansprüche in Deutschland geltend machen kann. Es darf aber nicht sein, dass der Konzern für das Gleiche jetzt doppelt profitiert. Undurchsichtiger Schiedsgerichtsverfahren in Übersee bedarf es also nicht. Zeit für Vattenfall, die Klage zurückzunehmen
", sagte Habeck.
Insgesamt begrüßte er, dass das Gericht die Rechtsmäßigkeit des Atomausstiegs klar bestätigt habe. "Der Gesetzgeber durfte angesichts solch überragender Gemeinwohlbelange wie dem Leben der Bevölkerung und dem Schutz der natürlichen Lebensgrundlagen auf das Unglück von Fukushima mit einer Neubewertung der Hochrisikotechnologie Kernenergienutzung reagieren.
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Hintergrund
Drei Energieversorgungsunternehmen hatten gegen die Atomgesetzänderung aus dem Jahr 2011 – nach Fukushima – Beschwerden erhoben. Sie hatten vorgetragen, die Gesetzesnovelle sei unverhältnismäßig bzw. beeinträchtige die Unternehmen in ihren Eigentumsrechten. Dieser Auffassung hat das Gericht nun im Grundsatz eine endgültige Absage erteilt, indem es die Beschleunigung des Atomgesetzes als "legitimes Regierungsziel
" bezeichnet hat. Der Gesetzgeber habe – so das Bundesverfassungsgericht – hierdurch "eine Risikominderung von ganz erheblichem Ausmaß erreicht."
Für die schleswig-holsteinischen Kernkraftwerke Brunsbüttel und Krümmel laufen die Stilllegungs- und Abbaugenehmigungsverfahren bereits. Brokdorf darf noch bis längstens Ende 2021 am Netz bleiben. Ein Bundesendlager für hochradioaktive Abfälle ist dagegen noch lange nicht in Sicht. Auswahl, Errichtung und Einlagerung werden sich hier vermutlich noch über viele Jahrzehnte erstrecken.
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