KIEL. Die Umlagerung der Brennelemente aus dem Reaktordruckbehälter in das Kernbrennstoffzwischenlager des Kernkraftwerks Brunsbüttel wäre nicht nur rechtlich möglich, sondern sie würde auch für zusätzliche Sicherheit sorgen. Voraussetzung ist allerdings, dass die Vattenfall-Betreibergesellschaft alle behördlichen Anforderungen erfüllt. Das ist das Ergebnis einer Prüfung der schleswig-holsteinischen Atomaufsichtsbehörde, wie Umweltminister Robert Habeck heute (18. Juli 2016) in Kiel mitteilte.
Der Kernkraftwerksbetreiber Vattenfall hatte Ende Mai der Atomaufsicht mitgeteilt, dass er die abgebrannten Brennelemente aus dem Reaktordruckbehälter entfernen und auf dem Betriebsgelände des Kernkraftwerks Brunsbüttel an einem anderen geeigneten Ort für die spätere Zwischenlagerung bereitstellen will. Die Atomaufsicht hat dieses Vorhaben unter anderem in einem Rechts- und einem Sicherheitsgutachten prüfen lassen. Die Gutachten ergaben grundsätzlich weder juristische noch technische Bedenken gegen das Vorhaben.
Sicherheitsgutachten empfiehlt Standortzwischenlager als geeigneten Ort für Bereitstellung Im Kern kommt die Atomaufsicht auf Grundlage des Sicherheitsgutachtens zu dem Schluss, dass der einzige für eine Bereitstellung der voraussichtlich 11 CASTOR-Behälter geeignete Ort das Gebäude des Standortzwischenlagers wäre. Dort soll sich nach den Vorstellungen Vattenfalls später die Zwischenlagerung bis zur Abgabe an ein Endlager anschließen. Hilfsweise, falls eine Neugenehmigung für das bestehende Zwischenlager in Brunsbüttel nicht erteilt wird, käme ein Transport zu einem anderen genehmigten Standortzwischenlager in Frage. Für beide Möglichkeiten ist die Beladung der CASTOR-Behälter, ihre Trocknung und Bereitstellung im Gebäude des Standortzwischenlagers eine sinnvolle Vorbereitung.
"Wenn alle Anforderungen eingehalten werden, ist die Trockenlagerung der Brennelemente im Kernbrennstoffzwischenlager ein Sicherheitsgewinn gegenüber einer weiteren Nasslagerung im Reaktordruckbehälter
", sagte Minister Robert Habeck. Dieses Mehr an Sicherheit bezieht sich ausdrücklich auch auf den Schutz des Gebäudes gegen Einwirkungen von außen (Angriffe von außen, terroristisch herbeigeführter Flugzeugabsturz). Ebenso gilt es für weitere Gesichtspunkte der Sicherheit: So wären die Brennelemente in den CASTOREN in einer solchen Weise zusammengesetzt, dass keine aktive Kühlung erforderlich ist (Kritische Anordnung/Unterkritikalität). Zudem bietet die trockene Bereitstellung der bestrahlten Brennelemente durch die zusätzliche Umschließung durch die CASTOR-Behälter weitergehende Sicherheit. Zusammenfassend kommt daher auch das Sicherheitsgutachten zu dem Ergebnis, dass zur bestmöglichen Schadensvorsorge unter den am Standort vorhandenen Gegebenheiten die Bereitstellung der Transport- und Lagerbehälter im Standortzwischenlager empfohlen werde.
Rechtsgutachten: Bereitstellung im Rahmen der Betriebsgenehmigung möglich Hintergrund für das angestrebte Vorgehen Vattenfalls ist, dass das Standortzwischenlager in Brunsbüttel gegenwärtig über keine atomrechtliche Genehmigung verfügt. Die Genehmigung des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS) ist im Januar 2015 rechtskräftig gerichtlich aufgehoben worden. Die Gerichte hatten dabei nicht entschieden, dass das Lager unsicher ist. Vielmehr bemängelten sie, dass der Terrorschutz in einzelnen Aspekten nicht ausreichend nachgewiesen sei. Seitdem werden die neun CASTOR-Behälter (mit insgesamt 468 Brennelementen), die sich bereits im Standortzwischenlager befinden, durch eine Verfügung der schleswig-holsteinischen Reaktorsicherheitsbehörde vorübergehend geduldet. Auf Antrag Vattenfalls läuft inzwischen beim BfS ein erneutes Genehmigungsverfahren. „Ich erwarte, dass die Nachweisdefizite in dem neuen Verfahren ausgeräumt werden“, sagte Minister Habeck.
Dieses Genehmigungsverfahren des BfS für das Zwischenlager ist von der jetzt geplanten Bereitstellung der CASTOREN unabhängig. Die von Vattenfall angestrebte Umlagerung der Brennelemente und die anschließende Bereitstellung sollen im Rahmen der bestehenden Betriebsgenehmigung des Kernkraftwerks erfolgen. Dort geregelt ist die Befugnis zur Handhabung von Kernbrennstoffen auf dem Betriebsgelände. Zu dem Schluss, dass diese Bereitstellung rechtlich – unabhängig von einer Genehmigung für das Standortzwischenlager – möglich ist, kommt auch das von der Atomaufsichtsbehörde beauftragte Rechtsgutachten.
Anforderungen der Atomaufsicht müssen einhalten werden Die Atomaufsichtsbehörde machte klar, dass das von Vattenfall angestrebte Vorgehen nur unter Einhaltung der Anforderungen der Atomaufsicht möglich ist. Damit soll unter anderem sichergestellt werden, dass die Behälter in ihrer konkreten Beladung später auch zwischengelagert werden können und nicht mehr geöffnet werden müssen. Vattenfall muss außerdem den Nachweis erbringen, dass genügend CASTOR-Behälter für die 517 Brennelemente aus dem Reaktordruckbehälter vorhanden sind. Derzeit verfügt Vattenfall über 11 dieser Behälter. Wie viele Brennelemente darin jeweils aufbewahrt werden dürfen, ergibt sich jeweils aus deren Anreicherung bzw. Abbrand.
Insgesamt befänden sich in dem für 80 Behälter konzipierten Massivgebäude dann voraussichtlich 20 CASTOR-Behälter. Der Zeitbedarf für das Umlagerungsvorhaben lässt sich noch nicht abschätzen. Er hängt wesentlich davon ab, wie zügig Vattenfall alle behördlichen Anforderungen erfüllen wird.
Hintergrund zum Kernkraftwerk:
Das Kernkraftwerk Brunsbüttel hat 2011 die Berechtigung zum Leistungsbetrieb verloren und befindet sich seitdem im Stillstandsbetrieb. Der Betreiber beantragte 2012 die Stilllegung und den Abbau. Im Antrag ist unter anderem die Brennelementfreiheit des Kernkraftwerks als Voraussetzung für den Beginn von Abbaumaßnahmen genannt. Auch nach Auffassung der Behörde ist das vorzugswürdig gegenüber einem Abbau des Kernkraftwerks "um die Brennelemente herum".
Das Sicherheitsgutachten, das Rechtsgutachten sowie das Schreiben an den Kernkraftwerksbetreiber finden Sie hier.
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