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Ministerium für Energie­wende, Klimaschutz, Umwelt und Natur : Thema: Ministerien & Behörden

Tobias Goldschmidt

Minister für Energiewende, Klimaschutz, Umwelt und Natur

Kernkraftwerk Brokdorf geht nach Jahresrevision und Brennelementwechsel wieder ans Netz

Letzte Aktualisierung: 23.10.2020

BROKDORF/KIEL. Die schleswig-holsteinische Atomaufsichtsbehörde hat gestern (22. Oktober) die Zustimmung zum Wiederanfahren des Kernkraftwerks Brokdorf erteilt. Die Anlage kann damit nach Abschluss des diesjährigen Brennelementwechsels und der damit verbundenen Jahresrevision zu ihrem 33. und letzten Betriebszyklus innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Restlaufzeit wieder ans Netz gehen. Das Kernkraftwerk Brokdorf darf noch bis Ende 2021 Strom produzieren.

„Die jetzt abgeschlossene Revision war die letzte ihrer Art im Kernkraftwerk Brokdorf. Ich danke allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die besonders verantwortungsvolle Arbeit in den vergangenen Jahren. Sie haben dazu beigetragen, die Sicherheit des Kraftwerks zu gewährleisten“, sagte Energiewendeminister Jan Philipp Albrecht. Ende 2021 wird das Kraftwerk den Leistungsbetrieb endgültig einstellen.

Das Kernkraftwerk wurde am 19. September 2020 zur jährlichen Revision vom Netz genommen. Bereits beim Abfahren der Anlage sowie während der anschließenden Stillstandzeit wurden zahlreiche wiederkehrende Prüfungen und Instandhaltungsmaßnahmen durchgeführt. Bei der während des Entladens des Reaktorkerns durchgeführten Dichtheitskontrolle der Brennelemente wurden drei undichte Brennelemente identifiziert. Bei zwei der Brennelemente konnten Schadstellen als sogenannte „Frettingstellen“ (hier: Reibungsstellen zwischen zwei benachbarten Brennelementen) lokalisiert werden, beim dritten Brennelement konnte die Defektstelle im Rahmen der visuellen Prüfung nicht identifiziert werden. Eine eingehende Inspektion ist erst im Rahmen einer Brennelementreparaturkampagne, bei der das Brennelement geöffnet wird, möglich. Alle drei Brennelemente werden im nächsten Zyklus nicht wiedereingesetzt und verbleiben im Brennelementlagerbecken. Schäden an einzelnen Brennstäben sind dem Normalbetrieb zuzuordnen und nicht meldepflichtig. Während des Betriebs werden Undichtigkeiten an Brennelementhüllrohren auf Grund von Edelgaseintrag in den Primärkreis erkannt und überwacht. Die Primärkreisaktivität ist über Grenzwerte limitiert, bei deren Erreichen die Anlage abzufahren ist.

Auffälligkeiten an Brennelementhüllrohren infolge eines erhöhten Korrosionsaufkommens wurden nicht festgestellt. Ungeachtet dessen hat die Betreibergesellschaft (PreussenElektra) für diesen Zyklus vollständig auf den Einsatz von Brennelementen aus dem im Brennelementwechsel 2017 durch erhöhte Korrosion auffällig gewordenen Werkstoff verzichtet. Damit hat sie die Voraussetzungen für die Aufhebung der wegen des korrosionsauffälligen Werkstoffs behördlich erlassenen Betriebsbeschränkungen geschaffen. Die Anlage kann im letzten Zyklus wieder mit der gemäß der Betriebsgenehmigung zulässigen Leistung betrieben werden. Die Atomaufsichtsbehörde hat sich davon überzeugt, dass alle für den sicheren Betrieb bei 100 Prozent Leistung erforderlichen Maßnahmen vor dem Wiederanfahren umgesetzt wurden und das hohe Sicherheitsniveau der Anlage erhalten bleibt.

Insgesamt wurden während des diesjährigen Anlagenstillstands 72 neue Brennelemente in den Reaktordruckbehälter geladen. Die Kernbeladung ist so ausgelegt, dass das Kernkraftwerk Brokdorf damit bis zum Ende der Restlaufzeit, Ende 2021, betrieben werden kann.

Die Grenzwerte für Ableitungen radioaktiver Stoffe in Luft und Wasser sowie für die durch die Arbeiten in der Anlage bedingte Strahlenexposition wurden eingehalten. Es wurden umfangreiche Arbeiten zur Sanierung des Kühlwasser-Auslaufbauwerks vorgenommen, die sich über die gesamte geplante Dauer der Revision erstreckten. Aufgrund von Befunden bei einer anderen deutschen Anlage wurden während der Revision auch Prüfungen am Generator vorgenommen. Dabei wurden Auffälligkeiten festgestellt, sodass die Betreiberin Instandsetzungsmaßnahmen durch den Komponentenhersteller veranlasste. Diese Arbeiten führten zu einer Verlängerung des Revisionszeitraumes um zwölf Tage.

Während der Revision 2020 wurden drei meldepflichtige Ereignisse gemeldet, die alle der Kategorie „N“ (Normalmeldung) zuzuordnen waren. Unzulässige Beeinträchtigungen des sicheren Betriebes der Anlage traten durch die Ereignisse nicht auf. Eine Gefahr der Freisetzung radioaktiver Stoffe bestand nicht.

Bei dem ersten Ereignis handelt es sich um eine fehlerhafte Lötverbindung auf Elektronikbaugruppen der Überspannungssicherungsanlage, die im Rahmen einer wiederkehrenden Prüfung aufgefallen ist. Bei der Überprüfung der weiteren vergleichbaren Lötverbindungen in der Anlage zeigte sich, dass mehrere Baugruppen von diesem Fehler betroffen sind. Damit ergeben sich Hinweise auf eine Systematik, die zur Meldung des Ereignisses am 13. Oktober führten. Vor dem Wiederanfahren wurden alle vergleichbaren Lötverbindungen überprüft und saniert.

Am 19. Oktober erfolgte die Meldung, dass eine nukleare Zwischenkühlpumpe von der Warte aus nicht abgeschaltet werden konnte. Bei der Kontrolle vor Ort wurde ein Defekt in der Schaltanlage festgestellt. Die betroffene Notstromschiene wurde von Hand außer Betrieb genommen und der defekte Leistungsschalter wurde getauscht. Die Ursachenklärung erfolgt in Zusammenarbeit mit dem Schaltanlagenhersteller.

Am 20. Oktober erfolgte eine Meldung über Undichtigkeiten an zwei Sicherheitsventilen im Zusatzboriersystem (Hochdruckeinspeisesystem für borhaltiges Kühlmittel in den Primärkreis), die im Rahmen einer wiederkehrenden Prüfung auf dem Prüfstand festgestellt wurden. Auf den Dichtflächen der Ventile wurden Druckstellen festgestellt. Die Sicherheitsventile wurden aufgearbeitet. Die festgestellten Mängel wurden vor dem Wiederanfahren behoben. Für die erforderlichen Prüfungen hat die Reaktorsicherheitsbehörde Sachverständige hinzugezogen.

Eine besondere Herausforderung bei der diesjährigen Revision stellte der Schutz der beteiligten Personen und der ortsansässigen Bevölkerung vor COVID-19 dar. Die Betreibergesellschaft hatte ein umfassendes Schutzkonzept zur Begrenzung des Infektionsrisikos erstellt und mit Gesundheitsbehörde, Arbeitsschutz und Aufsichtsbehörde abgestimmt. Die Arbeiten und Arbeitsabläufe wurden so organisiert, dass insbesondere der Richtwert von zeitgleich anwesenden 500 zusätzlichen Experten und Fachleuten eingehalten werden konnte. Darüber hinaus wurden umfangreiche Maßnahmen zur Entzerrung von Personenströmen und zur Einhaltung der Abstandsregelungen ergriffen. In der Revision sind keine COVID-19-Infektionen bei Eigen- oder Fremdpersonal festgestellt worden.

Nachdem die zum Wiederanfahren des Kernkraftwerkes Brokdorf erforderlichen Maßnahmen getroffen worden waren und die erforderliche Schadensvorsorge festgestellt wurde, wurde die Zustimmung zum Wiederanfahren des Kernkraftwerks Brokdorf von der Atomaufsicht erteilt.

Hintergrund:

Die gemäß der Betriebsgenehmigung des Kernkraftwerks Brokdorf nach einer Revision oder einem Brennelementwechsel erforderliche Zustimmung der Atomaufsicht zum Wiederanfahren der Anlage wird u.a. abhängig gemacht von der Behebung aufgetretener Mängel, der Erfüllung von Anordnungen und Auflagen und der Realisierung von Ertüchtigungsmaßnahmen.

Einteilung meldepflichtiger Ereignisse orientiert sich an ihrer sicherheitstechnischen Bedeutung und der Eilbedürftigkeit von Abhilfemaßnahmen. Danach werden Meldepflichtige Ereignisse in Deutschland in drei Kategorien eingeteilt: Normalmeldung (N) = Meldefrist fünf Arbeitstage, Eilmeldung (E) = Meldefrist 24 Stunden und Sofortmeldung (S).

Das Kernkraftwerk Brokdorf ist eines von drei Kernkraftwerken in Schleswig-Holstein. Während die Kernkraftwerke Krümmel und Brunsbüttel in Folge einer Atomgesetzänderung im Jahre 2011 keine Berechtigung zum Leistungsbetrieb mehr haben und sich das Kernkraftwerk Brunsbüttel bereits in Stilllegung befindet, darf in Brokdorf laut Gesetz noch bis längstens Ende 2021 Strom produziert werden.

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