Informieren Sie sich über ausgewählte Grabungen der letzten Jahre!
Letzte Aktualisierung: 12.07.2023
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Archäologie in Flintbek
Die westliche Ausdehnung einer bekannten Siedlung kann erforscht werden.
Am südlichen Ortsrand von Flintbek im Kreis Rendsburg-Eckernförde soll in den nächsten Jahren ein neues Wohngebiet entstehen. Der Ort Flintbek und seine Umgebung sind seit den 1970er Jahren für eine Vielzahl sehr gut erhaltener stein- und bronzezeitlicher Gräber bekannt.
Aus archäologischer Sicht ist die Umgebung von Flintbek vor allem durch die sogenannte „Flintbeker Sichel“ bekannt. Dabei handelt es sich um eine sichelförmige Fundstellenkette, die vor allem aus Gräbern der Jungsteinzeit (ca. 4100-1700 v. Chr.) und der Bronzezeit (ca. 1700-600 v. Chr.) besteht. Sie umfasste ehemals 80 Fundstellen, von denen 71 im Rahmen eines großen Grabungsprojektes des Landesamtes archäologisch erschlossen und untersucht wurden.
Die Grabhügelkette der „Flintbeker Sichel“ wird in ihrer räumlichen Ausprägung und ihrem Verlauf mit einer möglichen Hauptroute des regionalen Wegenetzes in Verbindung gebracht. Fundstellen jüngerer Perioden sind hier im Vergleich sehr spärlich belegt. Während aus der Vorrömischen Eisenzeit (ca. 600 v. Chr.-0) jegliche Siedlungsspuren fehlen, sind aus der Älteren Römischen Kaiserzeit (1. und 2. Jh. n. Chr.) einige Siedlungsplätze bekannt. In den jüngeren Perioden fehlen bisher Siedlungsnachweise aus der Jüngeren bis Späten Kaiserzeit (ca. 2.-4. Jh. n. Chr.) und der Völkerwanderungszeit (4.-6. Jh. n. Chr.).
In den Jahren 2020 und 2021 konnten durch Ausgrabungen des Archäologischen Landesamtes Schleswig-Holstein erstmals Siedlungsspuren der Völkerwanderungszeit im Raum Flintbek nachgewiesen werden. Die aus mehreren Gehöften bestehende Siedlung datiert in das 4./5. Jahrhundert n. Chr.. Die aktuellen Ausgrabungen bieten nun die einmalige Chance, die westliche Ausdehnung der Siedlung weiter zu erfassen. So konnten vier weitere Gebäude parallel zu den bereits bekannten dokumentiert werden.
Im Hangbereich einer natürlichen Geländekuppe wurden zudem kreisrunde, gepflasterte Gruben mit verbrannten Knochen und Keramikstreuungen entdeckt. Dieses Phänomen ist hier in Flintbek schon während der Grabungen 2020 und 2021 und auch im benachbarten Heikendorf aufgetreten. Ob es sich dabei um einen Bestattungs- oder Kultplatz handelt, ist noch nicht geklärt. Die gefundene Keramik weist die Fundstelle in die Bronze- oder Eisenzeit.
Mit jeder Ausgrabung werden Primärdaten für ein bestimmtes Gebiet erhoben, die dokumentiert werden und somit nicht für immer verloren sind. Zukünftige Forschungen können nun Stück für Stück das große Puzzle der Geschichte Schleswig-Holsteins, also unserer eigenen Geschichte, vervollständigen.
Die Ausgrabungen in Lohe-Rickelshof laufen auf vollen Touren. In der Nähe von Heide plant die Firma Northvolt den Bau einer großen Batteriezellfabrik. Nach dem Verursacherprinzip werden derzeit bauvorbereitende archäologische Untersuchungen durchgeführt. Die Untersuchungsflächen liegen überwiegend auf dem Geestrücken, streifen aber auch Teilflächen am Rande der Marsch. Zurzeit arbeiten mehrere Teams parallel auf der Fläche.
Seit März (Beginn der Ausgrabungen) wurden bisher etwas mehr als 40.000 m2 Fläche geöffnet und bereits über 4.000 archäologische Befunde freigelegt und dokumentiert. Darunter befinden sich Grundrisse von 141 Gebäuden (37 Grubenhäuser, 48 Langhäuser, 10 Neben- bzw. Wirtschaftsgebäude, 46 Speicherbauten), 11 Gräber, über 40 Öfen, über 100 verschiedene Gruben, 23 Brunnen und Wasserschöpfstellen, über 35 Grabenabschnitte, eine Steinkiste, drei Schlagplätze und ein eingezäunter Platz mit Gefäßdeponierungen und Tierleichenbrand, dazu kommt noch eine Wegestruktur in Richtung der Marsch – eben alles, was ein Archäologieherz höherschlagen lässt.
Eine derart hohe Siedlungsdichte und –kontinuität ist bisher – insbesondere auf dem schleswig-holsteinischen Festland – archäologisch nicht nachgewiesen. Die Ergebnisse von Lohe-Rickelshof werden den Forschungsstand zur Römischen Kaiserzeit und Völkerwanderungszeit in Schleswig-Holstein, aber auch darüber hinaus, nachhaltig verändern. Die noch ausstehenden naturwissenschaftlichen Untersuchungen des umfangreichen Probenmaterials lassen, nicht zuletzt aufgrund der sehr guten Erhaltungsbedingungen, weitreichende neue Erkenntnisse zu den Lebens- und Umweltbedingungen dieser Epochen erwarten.
Bei Ausgrabungen des zur Stiftung Schleswig-Holsteinische Landesmuseen Schloss Gottorf gehörenden Zentrums für Baltische und Skandinavische Archäologie in Lüchow, Kreis Herzogtum Lauenburg, wurde in der vergangenen Woche die bisher älteste Grabstätte Norddeutschlands entdeckt. Dabei handelt es sich um eine Brandbestattung, die von mittelsteinzeitlichen Jägern, Fischern und Sammlern vor ca. 10.500 Jahren am Rande des Duvenseer Moors angelegt wurde.
Zu dieser Zeit war die letzte Eiszeit bereits seit mehr als 1000 Jahren Vergangenheit. In der Landschaft hatten sich zunächst als Pioniervegetation Birken- und Kieferwälder ausgebreitet, die nun aber zunehmend durch die Hasel verdrängt wurden, welche großflächige Buschwaldbestände ausbildete. Vor allem in der Jungmoränenlandschaft entlang der heutigen Ostsee existierten zahlreiche Seen, deren flache Ufer zunehmend verlandeten. Diese Landschaft wurde von Jäger- und Sammler-Gruppen bewohnt, die von Süden herkommend der sich ausbreitenden Waldlandschaft gefolgt waren, während die zuvor ansässigen Rentierjäger der Späteiszeit nach Norden abgewandert waren. Die nachfolgenden Jäger-und-Sammler-Gruppen lebten von der Jagd auf das Wild des Waldes (Rothirsch, Reh, Wildschwein), vom Fischfang und vom Sammeln insbesondere der weit verbreiteten Haselnuss.
Eine der Schlüsselregionen zur Erforschung dieser Zeit ist das Duvenseer Moor im Kreis Herzogtum Lauenburg, Schleswig-Holstein, wo bereits vor knapp 100 Jahren die ersten Wohnplätze dieser steinzeitlichen Jäger und Sammler entdeckt wurden. Seit Mitte der 1960er Jahre bis zu seinem Ruhestand am Beginn der 2000er Jahre war es der Archäologe Klaus Bokelmann vom damaligen Archäologischen Landesmuseum in Schleswig, der die Forschungen entscheidend vorangetrieben hatte. Ihm ist die Entdeckung von weit mehr als 20 weiteren Fundstellen im Duvenseer Moor zu verdanken. Dazu gehört auch der Fundplatz Lüchow LA 11, auf dem jetzt die Brandbestattung gefunden wurde.
Seit 2010 hatte Dr. Harald Lübke im Zentrum für Baltische und Skandinavische Archäologie (ZBSA) die Aufgabe übernommen, diese erfolgreichen Forschungen fortzuführen. Durch die Digitalisierung aller Ausgrabungsdokumentationen zu den bis dahin bekannten Fundstellen war eine ausgezeichnete Grundlage für weitere Geländearbeiten geschaffen worden, die in enger Abstimmung und Unterstützung mit der zuständigen Genehmigungsbehörde, dem Archäologischen Landesamt Schleswig-Holstein (ALSH), durchgeführt wird. Diese wurde außerdem durch den an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel 2016 neu eingerichteten und von der Deutschen Forschungsgemeinschaft geförderten Sonderforschungsbereich 1266 „TransformationsDimensionen - Mensch-Umwelt Wechselwirkungen in Prähistorischen und Archaischen Gesellschaften“ ermöglicht, an dem das ZBSA mit insgesamt vier Teilprojekten beteiligt ist. Dabei ist das Projekt 1266-B2 „Transformationen spezialisierter holozäner Wildbeuter“ federführend bei den neuen Untersuchungen im Duvenseer Moor. In enger Zusammenarbeit mit den naturwissenschaftlichen Partnerdisziplinen wie der Geophysik oder der Paläobotanik konnten wichtige neue Erkenntnisse zur Geomorphologie und Entwicklung des Moores gewonnen werden. Die archäologischen Ausgrabungen, die mit Unterstützung des Archäologischen Landesamtes Schleswig-Holstein und des Museums für Archäologie durchgeführt werden, liefern neue Informationen zur Nutzung dieser Mikroregion durch die damaligen Menschengruppen. Während bei den altbekannten Wohnplätzen vor allem das saisonale Sammeln von Haselnüssen im Vordergrund stand, lassen sich auf den neu untersuchten Stationen in sehr viel stärkerem Umfang Jagd- und Fischfangaktivitäten nachweisen. Dies weist auf eine ganzheitliche und diversifizierte Landschaftsnutzung hin. Diese bisher schon ausgesprochen erfolgreichen Forschungsergebnisse werden jetzt aber noch einmal gesteigert durch die Entdeckung der Brandbestattung auf der Fundstelle Lüchow LA 11.
In Schleswig-Holstein ist es die erste mesolithische Bestattung, die bisher entdeckt wurde. Aus Südskandinavien und Mecklenburg-Vorpommern bekannte Gräber steinzeitlicher Jäger und Sammler sind dagegen sehr viel jünger und gehören bereits in das Spätmesolithikum nach 8000 vor heutiger Zeit. Lediglich bei Hammelev in Jütland, Dänemark, gibt es einen ähnlich alten Fund einer Grabstätte. Bezeichnenderweise handelt es sich auch hierbei um einen Leichenbrandfund. Somit deutet sich nunmehr an, dass eine Brandbestattung offenbar das vorherrschende Bestattungsritual der Jäger und Fischer zu Beginn unserer heutigen Warmzeit ist.
Im Rahmen einer Wiedervernässungsmaßnahme der Ausgleichsagentur Schleswig-Holstein erbrachten Erdeingriffe im Duvenseer Moor (Kreis Herzogtum Lauenburg) im Oktober 2021 den erneuten Beweis, dass die Erhaltungsbedingungen für organische Funde im Feuchtbodenumfeld sehr gut sein können. Um die Wiedervernässung des Moores zu erwirken, sollten die Drainagerohre entfernt werden. Dafür war eine archäologische Baubegleitung beauflagt worden, bei der eine geflochtene Matte zutage kam. Diese stellte sich nach der erfolgten Blockbergung als Überrest einer Fischreuse heraus. Eine Radiokarbondatierung ergab ein Alter von etwa 890 Jahren, das Objekt datiert also in die späte Slawenzeit. Vergleichbare Objekte sind sehr selten, daher wurde in Absprache mit dem Museum für Archäologie entschieden, die Reuse in der Restaurierungswerkstatt Schloss Gottorf nach der Konservierung zu restaurieren und gegebenenfalls später auch auszustellen.
Da die Blockbergung unter widrigen Bedingungen als Notbergung erfolgte, entschied sich das ALSH, eine Nachgrabung durchzuführen. Im nahen Umfeld der Reuse wurde dann in Zusammenarbeit mit dem Zentrum für Baltische und Skandinavische Archäologie (ZBSA, Dr. Harald Lübke) und ehrenamtlichen Helfern eine kleine Kampagne gestartet, um eventuelle weitere Reste der Reuse zu entdecken und gegebenenfalls Konstruktionsdetails dokumentieren zu können. Das im September 2022 geöffnete Feld von etwa 5 x 5 m erbrachte im Abstand von etwa 1,5 m zu dem Fund von 2021 drei weitere Teilstücke der Reuse und einen hölzernen Schwimmer, der wahrscheinlich zur Markierung der Reuse an der Wasseroberfläche diente. Der Fund passt gut in das bereits bekannte Bild der slawischen Besiedlung im Gebiet um den Duvensee und zeichnet ein eindrucksvolles Bild vom alltäglichen Leben der Bevölkerung, die neben Viehzucht und Ackerbau auch Fischfang betrieb.
Alle neuentdeckten Funde lagen in einer Tiefe von nur ca. 30 cm unterhalb der rezenten Wiesenoberfläche im Schilftorf. Dies verdeutlicht die große Gefährdung, die für archäologische Denkmale im Zusammenhang mit Erdarbeiten in Mooren herrscht. Gerade das Duvenseer Moor, das sich im Becken eines ca. 4,3 ha großen, ausgetrockneten Sees gebildet hat, ist ein kulturgeschichtlich außerordentlich wichtiges Bodenarchiv mit Funden aus dem Alltagsleben von vor etwa 10.000 Jahren.
Ein eisenzeitliches Verhüttungsareal bei Großenaspe LA 22
Die fortschreitenden Planungen eines Baugebiets erforderten eine archäologische Ausgrabung durch das Archäologische Landesamt Schleswig-Holstein im Nordwesten von Großenaspe, Kreis Segeberg. Zuerst wurden auf der Fläche im März 2022 in einer Voruntersuchung Bereiche mit Befunden identifiziert. Ende Mai bis Ende Juni erfolgte dann die Hauptuntersuchung eines ausgedehnten Werkareals, welches sich anhand von Keramik grob in die späte vorrömische Eisenzeit bis ältere römische Kaiserzeit (etwa 200 vor bis 200 nach Chr.) datieren lässt.
Von den insgesamt 194 archäologischen Befunden konnten über die Hälfte direkt oder indirekt mit der Eisenproduktion in Verbindung gebracht werden. Den Hauptteil bildeten die Reste von 73 festgestellten Rennfeueröfen, die zur Verarbeitung des Raseneisenerzes - das vor Ort abgebaut werden konnte - zu Roheisen dienten. Sehr gut nachvollzogen werden konnten die einzelnen Verarbeitungszonen, die Öfen lagen in Grüppchen beieinander, meist nahe den Zonen, in denen auch heute noch Raseneisenerz im Boden ansteht. Dort wurde es direkt abgebaut und weiterverarbeitet.
Neben den Rennfeueröfen liegende Gruben können als Relikte der Weiterverarbeitung von Erz und Schlacke interpretiert werden, worauf insbesondere einige Steinwerkzeuge (gefunden wurden Klopf- und Ambosssteine) hinweisen, andere können Grubenmeiler gewesen sein, einige Lehm- und Erzabbaustellen.
Das Fundspektrum setzt sich großteils aus Keramikscherben (überwiegende Gebrauchs- und wenig Feinware) zusammen, die nach erster Sichtung eine noch grobe Datierung in die späte vorrömische Eisenzeit bis in die römische Kaiserzeit erlauben. Ein Webgewichtfragment deutet auf weitere handwerkliche Tätigkeiten im untersuchten Areal. Zahlreiche Schlackereste und Bodenproben wurden aus den Befunden geborgen und können nun im Labor z. B. auf botanische Makroreste weiter untersucht und datiert werden.
Wenige Siedlungsspuren (einige Pfostengruben), stellenweise flächige Kulturschichten und die räumliche Anordnung der Eisenproduktionsöfen deuten auf eine Mehrphasigkeit der Anlagen, deren mögliche zeitliche und funktionale Relation noch herauszuarbeiten ist - wie auch der Bezug zu einer im Nordosten außerhalb der Grabungsflächen gelegenen eisenzeitlichen Siedlung, die teilweise vergleichbare Funde und Befunde lieferte.
Das Gelände konnte nun zur Bebauung freigegeben werden.
Auf einer insgesamt 155 Hektar großen Planfläche der Gemeinde Lohe-Rickelshof im westlichen Anschluss der Stadt Heide, Kreis Dithmarschen, soll im Verlauf der kommenden Jahre eine zukunftsweisende Batteriezellfabrik entstehen. Das archäologisch hochinteressante Gebiet liegt auf einem Geestrücken am Übergang zum westlich anschließenden Marschbereich. Bauvorgreifend erfolgte jetzt eine umfangreiche archäologische Voruntersuchung des Archäologischen Landesamtes Schleswig-Holstein, die durch zahlreiche bekannte Fundplätze im Planbereich begründet wurde. Als älteste Funde sind zwei sehr sorgfältig gearbeitete Flintartefakte zu nennen, darunter die sehr feine Spitze eines Fischschwanzdolches der älteren Bronzezeit sowie eine Flintsichel.
Zeitlich noch unbestimmt ist dagegen ein mehrere Meter langes Fragment eines hölzernen Flechtwegs („hurdle trackways“), welcher sich im Feuchtboden der Marsch stellenweise ausgezeichnet erhalten hatte. Der Weg scheint in westöstlicher Richtung auf den Siedlungsbereich des Geestrückens zuzulaufen und könnte einst eine Verbindung zu den westlich vorgelagerten, frühen Wurtensiedlungen gebildet haben. Vergleichbare Anlagen aus den Niederlanden und Irland stammen aus der Eisenzeit.
Aus der Zeit zwischen älterer und jüngerer Vorrömischer Eisenzeit stammen Brandgräber, darunter eine Steinkiste sowie Überreste eines vermutlichen Verbrennungsplatzes, der – im Feuchtbereich zwischen Marsch und Geest liegend – zahlreiche Keramikscherben sowie große Mengen von niedrig gebranntem, großteiligem Knochenmaterial von Mensch und Tier aufwies. Zum Scherbenmaterial gehörte auch ein außergewöhnliches Stück, vermutlich eine keltische Graphittonscherbe als ein Import aus dem Süden!
Auf dem östlich anschließenden, erhöhten Geestrücken ließen sich unter einer mächtigen Humusschicht von bis zu 1 m großflächig vorgeschichtliche Siedlungsreste nachweisen, wohl überwiegend aus der Römischen Kaiserzeit. Mehrere Langhäuser in Pfostenbauweise, darunter drei- und sogar vierschiffige Bauten sowie mehrere Grubenhäuser in West-Ost-Ausrichtung.
Eine Siedlungsgrube erbrachte zudem sehr großformatige und dickwandige Scherben eines Lochplattenofens, typisch für die kaiserzeitliche Küstenrandbesiedlung der Nordsee. Aus dem Kernbereich der Siedlung stammt eine bislang undatierte Grabanlage mit zentralem Körpergrab und einer eng umschließenden Einfassung aus Pfosten und winkligen Eckgrabenstücken, die das Befundensemble ergänzen. Die Voruntersuchung lieferte den Nachweis einer ausgedehnten eisen- bzw. kaiserzeitlichen Geestrandsiedlung mit zugehörigen Bestattungen. Mit Spannung kann die anschließend geplante Hauptuntersuchung auf der Fläche erwartet werden.
Führung zur Ausgrabung am 8. Juni 2022 um 16:30 Uhr
Ausgrabung einer wikingerzeitlichen Siedlung in Norderbrarup
Führung zur Ausgrabung
am 8. Juni 2022
um 16:30 Uhr
zwischen der St. Marienkirche und der Flaruper Straße
Der neue wikingerzeitliche Fundplatz in Norderbrarup liegt im Ortskern in exponierter Lage nahe der über 800 Jahre alten Kirche im nahen Umfeld weiterer bedeutender wikingerzeitlicher Fundorte. Er wurde im Zuge von Ausgrabungen des Archäologischen Landesamtes Schleswig-Holstein entdeckt, die im Vorfeld der Umsetzung eines hier geplanten Wohnbaugebietes durchgeführt werden.
Die bisherigen Untersuchungen erbrachten eine kleine Siedlung mit mindestens acht Grubenhäusern, die sich locker gestreut über den Fundplatz verteilen. Damit zählt die wikingerzeitliche Ansiedlung in Norderbrarup nach derzeitigen Kenntnissen zu den bedeutenderen bisher bekannten Siedlungen im Land Angeln.
Bei den Grubenhäusern handelt es sich um in den Boden eingetiefte, kleine rechteckige Bauten mit einem Giebeldach, welche hier mit rechteckig umlaufenden Wandgräbchen eingefasst und in welche die Bohlen für den Wandaufbau gesetzt worden waren. In der südöstlichen Ecke des ersten untersuchten Grubenhauses in Norderbrarup befand sich eine aus Steinen aufgebaute Feuerstelle zum Kochen und Heizen.
Die Grubenhäuser wurden in der Regel für handwerkliche Tätigkeiten genutzt, insbesondere zur Textilherstellung durch Weberei. Reste von Webstühlen in Form von Webgewichten wie auch Spinnwirtel als Teil von Spindeln, die zum Verspinnen eines Fadens aus Schafwolle dienten, fanden sich auch in Norderbrarup.
Bisher konnten aus den acht Grubenhäusern ungewöhnlich viele Funde aus Metall und anderen Materialien, darunter diverse Keramik, eine bronzene Gewandnadel, eine weitere Nadel einer verlorenen Fibel, zwei Eisenmesser, ein Kugelzonengewicht, das einen Hinweis auf den Handel gibt, sowie außerdem ein Bernsteinfragment geborgen werden. Ferner zählen ein eiserner Kesselhaken und ein eiserner Meißel zu den Funden.
Der Einzelfund einer großen ottonischen Buckel-Emaillescheibenfibel aus dem 10. Jahrhundert nach Christus mit einer eingeritzten Vogeldarstellung deutet schon in einen christlichen Kontext und stellt eine seltene Besonderheit dar, welche den außergewöhnlichen Charakter des Fundplatzes noch unterstreicht.
Im Vorfeld der Untersuchungen konnten auch der Knauf eines Wikingerschwertes und ein arabisches Silber-Dirham- (Münz-) Fragment geborgen werden. Außerdem lassen sich auf der östlichen Seite der Grabungsfläche nach bisherigem Kenntnisstand auch Reste eines großen Pfosten-Langhauses erkennen. Inwieweit die Grubenhaussiedlung und der Pfostenbau gleichzeitig nebeneinander bestanden oder die Siedlung mehrphasig ist, bedarf noch der Klärung.
Im letzten Jahr hat das Archäologische Landesamt bei einer Voruntersuchung zwischen Brebel und Süderbrarup eine Siedlung aus den Jahrhunderten um Christi Geburt entdeckt. Nun werden hier im Vorfeld der Erschließung eines großen Gewerbegebietes zahlreiche archäologische Befunde ausgegraben und dokumentiert.
Bisher wurden anhand von Pfostenverfärbungen drei Grundrisse von Langhäusern aufgedeckt, die auf eine Siedlung der späten Römischen Kaiserzeit (etwa 300-500 n. Chr.) hindeuten. Teile von Haushaltskeramiken und ein Webstuhlgewicht bilden bisher die Hinterlassenschaften der ländlichen Besiedlung. Weitere Hausgrundrisse, die sich bereits in den Schnitten der Voruntersuchung angedeutet haben, sollen in den kommenden Monaten freigelegt werden.
Außerdem wurde ein Urnengrab der gleichen Zeitstellung mit der Totenbeigabe einer Fibel (Gewandschließe) entdeckt. Das Spannende bei diesen Siedlungsbefunden ist, dass sie in die zweite Phase des berühmten Thorsberger Opfermoores zu datieren sind. Möglicherweise lebte hier ein Teil jener Menschen, die das Opfermoor für die Verehrung ihrer Götter nutzten.
Im Vorfeld der geplanten Errichtung eines neuen Wohngebietes in Taarstedt, Kreis Schleswig-Flensburg, führte das Archäologische Landesamt Schleswig-Holstein (ALSH) eine Voruntersuchung auf dem Gelände durch. Ziel dieser Voruntersuchung war die Klärung, ob bei den kommenden Bautätigkeiten archäologisch relevante Kulturgüter und Strukturen betroffen sind, die hier zu vermuten waren.
Im Zuge der Voruntersuchung zeigte sich anhand zahlreicher Verfärbungen im Boden und diverser Keramikfunde, dass im nordwestlichen Bereich der zu bebauenden Fläche Reste einer Siedlung aus der Zeit um 500 n. Chr. erhalten sind, woraufhin eine archäologische Untersuchung des Areals unumgänglich wurde, um diese Befunde nicht undokumentiert der Zerstörung Preis zu geben.
Nach Abtrag des Oberbodens konnten auf der zu untersuchenden Fläche etwas mehr als 800 Befunde dokumentiert und eingemessen werden, bei denen es sich zum überwiegenden Teil um Standspuren ehemaliger Pfosten handelt. Anhand dieser Pfostenstandspuren lässt sich in Taarstedt ein umfriedetes Gehöft mit mehreren Zaunanlagen sowie einem kompletten Langhaus nachweisen.
Neben Pfostenstandspuren fanden sich auch zahlreiche Gruben, welche eine ungewöhnlich große Menge an Funden, zumeist Keramikscherben, enthielten. Darüber hinaus wurden bisher Webgewichte, Mahlsteine sowie ein eiserner Bootsniet geborgen.
Da die Ortsnamenendung „–stedt“ auf eine vorwikingerzeitliche Besiedlung hindeutet, ist mit diesem Gehöft möglicherweise das alte Taarstedt nachgewiesen worden.
Mitarbeiter des Archäologischen Landesamtes Schleswig-Holstein (ALSH) haben in Zusammenarbeit mit zertifizierten Metallsondengängern mehrere Beile und Sicheln aus der Bronzezeit geborgen. Die vom ALSH zertifizierten Sondengänger Jan Juister und Andreas Nagel hatten am letzten Wochenende mehrere Bruchstücke von Bronzeobjekten auf einem Acker bei Fahrdorf gefunden und ihre Entdeckung sofort dem zuständigen Mitarbeiter des ALSH gemeldet. Nachdem sie schließlich an einer Stelle gleich auf zwei bronzene Beile stießen, unterbrachen sie die Bergung. „Das haben die beiden genau richtig gemacht“, sagt Jan Fischer, der die in ihrer Freizeit aktiven Sondengänger am ALSH mit ausbildet und betreut. Selbstverständlich sind die beiden mit einer denkmalrechtlichen Genehmigung und mit Absprache des Landeigentümers und Landwirtes unterwegs.
„Das ist das erste Mal seit Jahrzehnten, dass solch ein Hortfund der Bronzezeit in Schleswig-Holstein entdeckt wird“, sagt Grabungstechniker Jan Fischer vom ALSH begeistert, „und wir haben hier die seltene Gelegenheit, die Niederlegung genau zu untersuchen“. Die fachgerechte Freilegung, genaue Beobachtung und Dokumentation durch Fotos, Zeichnung und detaillierte Einmessung erfolgte dann gleich am Montag.
Auf der systematisch freigelegten Fläche werden die Spuren des Pflügens der letzten Jahrzehnte sichtbar. Es wird klar, dass ein Großteil des Depots aus vier bronzenen Beilen, einer Lanzenspitze und mindestens sieben Sicheln durch die Ackerbearbeitung bereits in der Pflugschicht verteilt worden ist, aber die untersten Objekte sich noch ungestört im Boden befinden. In Feinstarbeit werden die übereinanderliegenden bronzenen Sichelteile und das zuunterst liegende Beil freigelegt.
„Mich interessiert besonders, ob wir noch die Form eines Behälters, vielleicht eines Beutels, anhand der Verfärbung der bronzezeitlichen Eingrabgrube erkennen können“, fragt sich die Archäologin Dr. Mechthild Freudenberg, die am Museum für Archäologie, Schloss Gottorf, für die Bronzezeit zuständig ist und die kleine Ausgrabung besucht. „Auf jeden Fall handelt es sich um Arbeitsbeile aus der älteren Bronzezeit zwischen 1500 und 1300 v. Chr., manche sind benutzt worden und noch richtig scharf. Eines zeigt noch die Gussnähte von der Herstellung“.
Kräftig grün schimmert das frisch von Erde befreite Bronzebeil, das nun nach ca. 3400 Jahren das erste Mal wieder ans Licht kommt. Finder und Archäologen sind begeistert. Neben den in Gräbern beigegebenen besonderen Bronzewaffen oder Schmuckstücken, kennt man nur wenige Arbeitsgeräte aus dem wertvollen Rohstoff Bronze, für den Zinn und Kupfer aus weit entfernten Gegenden Europas eingehandelt werden mussten. Bei Fahrdorf an der Schlei hat wahrscheinlich jemand von 3400 Jahren diese Objekte von sehr hohem Materialwert in Sicherheit gebracht und später nicht mehr wieder bergen können.
Unweit des Megalithgrabes von Karlsminde wurde im Herbst 2020 ein bereits bekannter neolithischer Siedlungsplatz im Rahmen einer kleinen Ausgrabung untersucht. Da auf dem Fundplatz Drainagegräben gezogen wurden, bot sich die Möglichkeit, die Stratigraphie des Platzes auf einer Länge von 10 Metern zu dokumentieren.
Der untersuchte Drainagegraben verlief entlang einer nach Westen hin abfallenden Senke. Seine Sohle aus anstehendem Lehm befindet sich im untersuchten Schnitt bis zu 2,60 m unterhalb der heutigen Oberfläche. Oberhalb des Lehms bildete sich in einem ehemaligen flachen Gewässer eine ca. 0,50 m mächtige Schicht aus Torf mit Wurzeln, Blättern, Ästen und Haselnüssen. Im oberen Bereich dieser Schicht befindet sich eine neolithische Abfallzone, in der die neolithischen Artefakte vorwiegend waagerecht lagen. Oberhalb des Torfes bildete sich ein aus dem Umfeld der Niederung heraberodiertes Kolluvium aus grauem Feinsand, vermischt mit regellos eingelagerten neolithischen Artefakten. Oberhalb dieses Kolluviums befand sich ein eisenzeitlicher Fundhorizont.
Die größte Fundgruppe der Ausgrabung bilden die unretuschierten Abschläge, welche im oberen Bereich der Torfschicht zum Teil in Konzentrationen auftraten. Daneben kommen zahlreiche Kernsteine und einige Schaber vor. Sämtliche Beilabschläge, bei denen die ehemaligen Schmalseiten der Beile erkennbar sind, stammen von allseitig geschliffenen dünnnackigen Beilen. Da die Torfschicht hervorragende Erhaltungsbedingungen für organisches Material bot, haben sich in ihr neben zahlreichen Knochen- und Geweihabfällen, u. a. mit Bearbeitungsspuren, auch Pfrieme und Meißel aus Knochen erhalten. Das einzige während der Ausgrabung gefundene Artefakt aus Felsgestein ist das Schneidenfragment einer im Schaftloch gebrochenen Axt, in welche sekundär beidseitig Vertiefungen hineingepickt wurden. Während der Ausgrabung wurden ca. 200 Scherben geborgen. Die Keramik aus der torfigen Schicht ist überwiegend dunkel und besitzt frisch anmutende Bruchkanten, wohingegen die Keramik aus dem darüber befindlichen Kolluvium meist heller, härter und an den Bruchkanten abgerundeter ist.
Palynologische Untersuchungen von Proben aus der Oberkante der Torfschicht weisen auf Siedlungsaktivitäten wie Getreideanbau und Gewässerverunreinigung mit Fäkalien hin, wohingegen das darüber befindliche Kolluvium nur wenige Pollen enthält, was für eine rasche Ablagerung der Schicht spricht.
Der überwiegende Teil der verzierten Keramik scheint den Stufen Fuchsberg und Troldebjerg anzugehören und belegt eine Hauptaktivität im Umfeld der Senke innerhalb eines zeitlich relativ engen Rahmens am Übergang vom Früh- zum Mittelneolithikum, in welchem auch das benachbarte Langbett errichtet wurde.
Im Frühjahr 2021 wurde in Oeversee, Kreis Schleswig-Flensburg, im Vorfeld einer geplanten Baumaßnahme ein seit den 50er Jahren bekanntes zerstörtes Megalithgrab der Trichterbecherkultur ausgegraben. Von dem Grab waren vor Beginn der Ausgrabung keine Megalithe obertägig zu sehen. Bereits während der Voruntersuchung zeigte sich, dass es sich dabei um eine größere Anlage mit zwei Kammern handelt. Die nordöstliche Kammer 1 war von einem Kreis kopfgroßer Steine umgeben und befand sich ursprünglich unter einem Rundhügel, an welchen ein Langbett angebaut wurde, in dem sich die zweite Kammer befand. Die Einfassung des Langbettes zeigte sich als lineare Ansammlung von kopfgroßen Steinen und Zwickelplatten. Zum Teil ließen sich die Steinstandspuren der Einfassung nachweisen. Drei Steine der Einfassung befanden sich, zwar verkippt, noch in situ. Fünf weitere Steine wurden neben ihrem ursprünglichen Standort vergraben, um sie zu entsorgen.
Bei beiden Grabkammern waren keine Trägersteine mehr in situ vorhanden. Allerdings haben sich in vier Fällen Türme aus Zwickelplatten erhalten, welche ehemals die Lücken zwischen den Trägersteinen füllten. Bei Kammer 1 war der die Kammer umschließende Lehmmantel vollständig erhalten, wohingegen er bei Kammer 2 nur noch in Resten vorhanden war, da diese Kammer und ihr Umfeld im Zuge der Zerstörung großflächig tiefer gelegt wurden, um darin ehemalige Kammersteine einzugraben. Beide Kammern waren mit großen Mengen Granitbruchstücken verfüllt, welche beim Spalten der Steine als Abfall anfielen. Anhand der Steinstandspuren und den Ausformungen des Lehmmantels handelt es sich bei beiden Kammern um ovale Ganggräber.
Im Zuge der Ausgrabung wurde ca. 8 Kilogramm Keramik geborgen, welche sich überwiegend vor den Eingängen der Kammern fand. Bemerkenswert sind zahlreiche Scherben einer sehr aufwendig im Klintebakken-Stil verzierten zweiösigen Schale. Weitere Scherben stammen von Trichterbechern, Fruchtschalen und Schultergefäßen. Hinzu kommen einige Klingen, eine querschneidige Pfeilspitze, eine Sichelklinge sowie drei Bernsteinperlen, von denen eine dem seltenen rollenförmigen Typ angehört.
Die beiden Gräber von Oeversee sind Teil eine Kette von Megalithgräbern, die heute größtenteils zerstört und überbaut sind. Grabform und Beigaben belegen ein Beginn der Bautätigkeit der Gräber in der Stufe Mittelneolithikum 1b sowie eine darüber hinaus gehende Nutzung der Anlage bis zum Ende der Trichterbecherkultur. Anhand palynologischer Untersuchungen konnte festgestellt werden, dass die Gräber bereits in einer Heidelandschaft errichtet wurden.
Bereits 2022 soll in der Stadt Tornesch ein nördlich der Ahrenloher Straße und unmittelbar östlich der Autobahn A23 gelegenes und als Gewerbegebiet ausgewiesene Areal den bereits vorhandenen Businesspark erweitern und bebaut werden. Das Baugebiet umfasst dabei eine Fläche von knapp 26 ha. Im nördlichen Drittel der östlichen Untersuchungsfläche war vorab der auf einer Sandaufwehung liegende steinzeitliche Oberflächenplatz LA 4 bekannt sowie weitere steinzeitliche Fundplätze aus dem näheren Umfeld. Von der übrigen Fläche waren u. a. auch mittelalterliche und frühneuzeitliche Lesefunde bekannt. Überwiegend diese Fundplätze lieferten Gründe, das Bauareal hinsichtlich möglicher archäologischer Zeugnisse bauvorgreifend zu untersuchen.
Bei der notwendigen Voruntersuchung wurden insgesamt 67 Sondageschnitte in Baggerschaufelbreite (2 m) angelegt, in denen sich insgesamt 28 Bodenverfärbungen fanden, welche sich als 24 archäologisch relevante Verfärbungen erwiesen: darunter 18 Gruben, drei Pfostengruben, zwei Feuerstellen und eine große Moorsenke mit moderner Auffüllung. Die ältesten Funde der Voruntersuchung stammen aus der mittleren Steinzeit. Sie wurden ebenfalls im Bereich der Sanddüne entdeckt, stammen aber alle aus dem Humus. Ungestörte Schichten der ausgehenden letzten Kaltzeit ließen sich nur noch in sehr geringem Maße rudimentär in kleinsten fundleeren Teilbereichen fassen. Alle übrigen Befunde dürfen als neuzeitlich angesprochen werden, es handelt sich um Befunde und Funde des wohl beginnenden 19. bzw. 20. Jahrhunderts. Als besonders interessant stellten sich dabei zwei Gruppen von Gruben heraus. Zum einen handelt es sich um große Materialentnahmegruben mit Größen zwischen 5,20 x 6,00 m und ca. 28,00 x 8,6 m Größe und zum anderen um kleinere Grubenbefunde (Maße zwischen 1,65 x 1,80 m und 1,70 x 2,46 m), die auffällig viel Steinmaterial enthielten.
Alle vier Großbefunde lagen im Südteil der Baufläche und unmittelbar westlich des Ellerhooper Weges. Die im Profil muldenförmig verlaufenden Gruben hoben sich mit deutlichen, scharfen Grenzen vom anstehenden hellen Boden ab und waren mit schwarzbraunem Humus und anstehendem Material verfüllt. Eine Tiefenabbohrung eines der Befunde ergab, dass dieser noch bis zu 2,40 m weiter hinab reichte. Eine Bohrung am Rand des Großbefundes 21 (Länge ca. 28 m) wiederum ließ bis in drei Meter Tiefe keine Sohle des Befundes erkennen.
Bei diesen Großbefunden handelt es sich um Mergelgruben bzw. –kuhlen. Mergel liefert die Stoffe, die den armen Böden der Geest fehlen. Er fördert den Pflanzenwuchs, weil die feinen Tonteile das Wasser im Boden halten und der Kalk den pH--potentia Hydrogenii-Wert erhöht und damit in der Lage ist, Säure zu binden.In der Landwirtschaft wurden seinerzeit hauptsächlich trockengelegte Moore und Sümpfe mit Mergel aufgewertet; der Kalk neutralisierte die sauren Böden und der Ton stabilisierte den weichen Boden, damit die Äcker besser begehbar und befahrbar gemacht werden konnten. Bei der Bodenverbesserung mittels Mergel war allerdings nach rund 20 Jahren der Kalkgehalt des eingebrachten Materials verbraucht, und es musste erneut Mergel auf die Felder gebracht werden. Bei den vorliegenden Großbefunden dürfte es sich um lokale, vom Besitzer / Pächter des Landes betriebene Mergelgruben gehandelt haben, die seinen Eigenbedarf an Mergel deckten. Der Mergelabbau wurde vor allem im 19. Jahrhundert betrieben. In Tornesch gab es viele solcher kleinen Mergelkuhlen, durch die auch der nahe gelegene Kuhlenweg seinen Namen erhielt.
Bei der anderen Befundgruppe von Interesse handelt es sich um sogenannte Steinschlägergruben. Sie besaßen Größen zwischen 1,65 x 1,80 m und 1,70 x 2,46 m und waren zwischen 0,36 m und 0,45 m tief eingegraben. Auffällig bei diesen drei muldenförmig eingetieften Gruben war besonders ihr Steinreichtum. So konnten in Befund 2 besonders viele plattig gebrochene Steinplatten beobachtet werden. Aus Befund 6 stammt u. a. ein Steinbruchstück mit einem längs gesprungenen Loch einer Bohrung. Zudem konnten aus diesem Befund Reste eines schalenförmigen Gefäßes mit waagerechten Henkeln aus unglasierter roter Irdenware geborgen werden.
Steinschlägergruben stellen eine besondere Form von archäologischen Befunden dar – belegen sie doch indirekt eine Nutzung natürlicher, großer Steine / Findlinge zu verschiedenen Zwecken wie dem Bau von Hausfundamenten oder ganzen Gebäuden bis hin zu Straßenpflastern, Bordsteinkanten, Treppensteinen oder Grab-, Gedenk- und Meilensteinen. Auch wurden sie beim Deichbau verwendet. Der Bedarf an Steinen brachte sogar eine eigene Berufsgruppe hervor: die Steinschläger. Die Steinschläger waren schon im 17. und …
Am südlichen Zipfel der „Flintbeker Sichel“ werden die Untersuchungen fortgeführt.
Am südlichen Ortsrand von Flintbek, Kreis Rendsburg-Eckernförde, soll in den nächsten Jahren ein neues Wohngebiet entstehen. Die Ortslage Flintbek mit seiner Umgebung ist seit den 1970er Jahren durch eine Vielzahl an sehr gut erhaltenen Grabanlagen der Stein- und Bronzezeit bekannt.
Diese Gräber, zumeist obertägig als Grabhügel erhalten, sind vor allem nordöstlich von Flintbek als langgestreckte Fundstellenkonzentration erfasst worden. Die geschwungene längliche Form dieser markanten Grabhügelballungen weist in etwa einen sichelförmigen Grundriss auf, der in seiner Grundform an die bekannten Flintsicheln des Spätneolithikums und der frühen Bronzezeit erinnert. Dies führte zur heute bekannten Bezeichnung „Flintbeker Sichel“, die synonym für die vielfältigen Gräber im Raum Flintbek steht.
Diese Fundstellenkonzentration ist mit einer ur- und frühgeschichtlichen Wegeführung in Verbindung zu bringen, die von Nordost nach Südwest am südlichen Ortsrand der heutigen Ortslage verlief. Direkt am südlichen Zipfel der „Flintbeker Sichel“ liegt das Neubaugebiet, auf dem schon 2020 archäologische Hauptuntersuchungen stattfanden. Diese werden seit Anfang März 2021 in etwa 400 m Entfernung von der ersten Untersuchungsfläche fortgeführt.
Angesichts der im Raum Flintbek bislang bekannten Fundstellen, die bis auf wenige Ausnahmen der Stein- und Bronzezeit angehören, waren die Ergebnisse der Untersuchungen aus dem Jahr 2020 sehr überraschend. Erstmals gelang hier der Nachweis von Siedlungsspuren der Völkerwanderungszeit im Raum Flintbek überhaupt.
Insgesamt konnten vier Gehöfte mit teils sehr gut erhaltenen Langhausgrundrissen, darunter auch ein bislang noch sehr selten nachgewiesener Grundriss eines Hauses vom Typ Korridorhaus, freigelegt werden. Herausragend war die Untersuchung einer gepflasterten Zisternenanlage mit einem Durchmesser von 25 m, welche zu den absoluten Raritäten im Land zählt.
Die diesjährigen Ausgrabungen überraschen nach den Entdeckungen aus dem Jahr 2020 weiterhin. Zu den momentan aufgedeckten Strukturen gehören wiederum bisher sieben Langhausgrundrisse. Ein zurzeit noch unvollständig freigelegter Hausgrundriss weist mit etwa 30 m Länge die größten Ausmaße auf. Dieses Langhaus gehört mit zwei weiteren gut erhaltenen Häusern zu einem ehemals eingezäunten, mehrphasigen Gehöft mit einer Größe von ca. 6000 m².
Bemerkenswert ist die Situation bei zwei weiteren Hausbauten innerhalb dieses Gehöftes. Nachdem das ältere dieser beiden Häuser durch einen Brand vernichtet wurde, errichtete man mit nur einer geringen Abweichung nach Süden über diesem Haus ein neues Gebäude. Dabei geriet der Brandschutt des abgebrannten Hauses teilweise in die Pfostengruben des jüngeren Gebäudes.
Ein Großteil des bislang geborgenen Fundmaterials stammt aus diesen Befunden. Die aus den Pfostengruben stammende Keramik datiert beide Häuser in das 5. Jh. n. Chr.. In diesem Zusammenhang hervorzuheben sind auch größere Reste von verkohlten Bauhölzern mit anhaftenden, verziegelten Flächen der ehemaligen Gebäudewand des abgebrannten Hauses, welche sich in einer direkt benachbarten Grube fanden. Zu dem Gehöft mit den drei Langhäusern gehörten auch zwei kleinere Wirtschaftsgebäude sowie ein Rutenberg und Vierpfostenspeicher. Die aufgrund erhaltener Pfostengruben nachweisbare Umzäunung des Gehöftes war zusätzlich als sog. Zaunparallele Anlage konstruiert worden, sodass sich am Zaun eine weitere Möglichkeit zur Speicherung von Nahrungsvorräten ergab.
Momentan sind bei den laufenden Ausgrabungen zwei größere Gehöfte erfasst worden. Dabei lassen sich beide aufgrund der geborgenen keramischen Funde in den Zeitraum des 4./5. Jh. n. Chr.. einordnen. Die Hauskonstruktionen der jüngeren Gehöftphasen könnten aufgrund typologischer Erwägungen sogar noch etwas jünger sein. Zurzeit werden weitere Teile der Baustrukturen freigelegt, die einen noch detaillierteren Einblick in die Struktur des Siedlungsplatzes erlauben werden.
Wie auch bei den Ausgrabungen des letzten Jahres wurde in den zurückliegenden Wochen eine großflächige Pflasterung in einem Senkenbereich entdeckt, die zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht vollständig freigelegt wurde. Bislang lässt sich erkennen, dass neben einer großflächig von einer Steinpflasterung umgebenen mutmaßlichen Zisterne ein gepflasterter Weg zu einer weiteren Wasserentnahmestelle führt. Dieser außergewöhnliche Befund wird in den kommenden Wochen vollständig untersucht werden und dürfte aufgrund seiner ausgezeichneten Erhaltung für weitere Überraschungen sorgen.
Die völkerwanderungszeitlichen Fundstellen gehören vermutlich zu einem umfangreichen Siedlungsplatz mit einer größeren zeitlichen Tiefe, der sich, soweit sich derzeit sagen lässt, in lockerer Streuung am gesamten südöstlichen Ortsrand von Flintbek entlangzieht. Aufgrund der neuen Erkenntnisse und der ungewöhnlich guten Erhaltung der Befunde kann im Zusammenhang mit den zuvor bekannten zahlreichen Fundstellen zu Recht von einem „archäologischen Hotspot“ im …
Das für Mann und Maus unter Umständen äußerst gefährliche Element Wasser ist gleichzeitig auch überlebenswichtig, das zeigte sich auch jüngst auf der von der Nordsee umbrandeten Insel Sylt: Bei einer vorbereitenden Grabung im Vorfeld von Bauarbeiten in Archsum (Gemeinde Sylt-Ost, Kreis Nordfriesland) konnten unter anderem drei gut erhaltene Brunnen aus dem 13./14. Jahrhundert dokumentiert werden.
Die im Planum recht großen, rundlichen Verfärbungen (Dm. 3–4 m) in einer der zu untersuchenden Baugruben erwiesen sich bei der Profilanlage als Brunnen. Die aus röhrenförmig gesetzten Kleisoden (in Soden abgestochenes toniges Marschensediment) aufgesetzten Brunnen liegen relativ nah in Abständen von 3–6 m beieinander.
Vom Aufbau waren die Wasserstellen sehr ähnlich und entsprachen der Bauweise, wie sie von Sodenbrunnen ohne weitere Holz- oder Rutengeflechteinbauten im Raum des friesischen Wattenmeeres seit dem Frühmittelalter bekannt ist: Nach der Anlage einer trichter- bis zylinderförmigen Arbeitsgrube wurde, vermutlich schon im Grundwasser stehend, ein stabiler Ring aus groben, rundlichen Feldsteinen in den anstehenden, sandigen Boden gesetzt. Darauf setzte man anschließend eine Röhre (Dm. etwa 2 m) aus in Soden abgestochenen Kleis, wobei die Kantenlänge der Soden (Formate z. B. 45 x 15 cm, 65 x 15 cm, Länge bis zu 0,85 m) von unten nach oben abnahm.
Vermutlich schon während der reihenweisen Aufschichtung der Soden wurde die Arbeitsgrube außen um die Röhre Stück für Stück mit dem übrigen Aushub verfüllt. Der Gleichmäßigkeit der Schichtenabfolge nach zu urteilen, dürfte dieser Vorgang zügig fortgeschritten sein. Eine interessante, bisher weniger bekannte konstruktive Abweichung zeigt der südlichste Brunnen, dessen Röhre keinen runden, sondern einen rechteckigen Grundriss aufwies. Dennoch ist die Bauweise der Brunnen technisch als sehr ähnlich zu bezeichnen. Augenscheinlich wurden die Bauwerke sehr ebenmäßig und in kurzer Zeit von professionellen Handwerkernoder zumindest geübten Brunnenbauern errichtet. Die vergleichbare Bauweise und die Lage dicht beieinander spricht dazu für eine geringe zeitliche Tiefe der Abfolge des Baus der drei Brunnen, der im Wesentlichen durch die Keramikfunde bestätigt wird.
Außer einigen Scherben hart gebrannter Grauware in der Baugrube der Brunnen konnten in der Verfüllung der Brunnenröhre des südlichsten Befundes auf der Brunnensohle zwei fast komplette Gefäße bleiglasierter Irdenware geborgen werden. Sie dürften unmittelbar aus der Nutzungszeit stammen und versehentlich in den Brunnen gefallen sein. Bei dem größeren Gefäß handelt es sich um einen rötlichbraun glasierten, bauchigen Krug (Höhe 18,5 cm) aus dünnwandiger, hellrot gebrannter Irdenware. Das zweite Gefäß ist ein bauchiger, sackförmiger Topf (erh. H. 17 cm) aus gelblicher Irdenware mit grauem Kern, dessen Oberfläche mit einer graugrünen Anflugglasur verziert ist. Der Sturz in den Brunnen dürfte für Bedauern gesorgt haben, denn es handelt sich um Importe. Derartig hochwertig gearbeitete Gefäße sind für das 13./14. Jahrhundert aus lokaler Produktion dieser Zeit bisher kaum bekannt.
Zwei ebenfalls aus Kleisoden aufgesetzte Röhrenbrunnen, allerdings mit Holzsubstruktionen, traten bei Untersuchungen des ALSH in Archsum schon 2014 wenig nördlich der jetzt untersuchten Fläche auf. Diese datierten jedoch ausweislich eines Dendrodatums etwas früher, und zwar in das späte 9. Jahrhundert. Vergleichbare Brunnen aus Sodenwänden ohne Holzeinbauten sind neben weiteren Varianten mit Holzeinbauten beispielsweise auch aus den Ausgrabungen an der früh- bis spätmittelalterlichen Warft Elisenhof bekannt. Dort wurde allerdings bei der Schichtung der Röhre eine Senkrechtstellung der Soden vorgenommen oder bei einem weiteren Brunnen auch eine Art Fischgrätmuster aus unterschiedlich geschnittenen Soden gelegt. Auch diese Brunnen datieren über Keramikfunde in das hohe Mittelalter.
Literatur:
A. Bantelmann, Die frühgeschichtliche Marschensiedlung beim Elisenhof. Landschaftsgeschichte und Baubefunde. Studien Küstenarchäologie in Schleswig-Holstein, Ser. A, Elisenhof 1 (Bern/Frankfurt 1975)
F. Biermann, Brunnen im mittelalterlichen ländlichen Siedlungswesen Deutschlands: ein Überblick. Water management in medieval rural economy. Ruralia V. Památky archeologické Supplementum 17, 2005, 152–173.
D. Meier und W. G. Coldewey, Wasserversorgung in den Nordseemarschen von der römischen Kaiserzeit bis zur frühen Neuzeit. in: DWhG--Deutsche Wasserhistorische Gesellschaft – Zehn Jahre wasserhistorische Forschungen und Berichte, Schriften der DWhG--Deutsche …
Bemalte Keramik der frühen Vorrömischen Eisenzeit aus Borgstedt
Im Sommer 2020 wurde in Borgstedt bei archäologischen Untersuchungen im Vorfeld der Erweiterung des Betriebsgeländes der Abfallwirtschaft Rendsburg-Eckernförde ein Urnengräberfeld der älteren Vorrömischen Eisenzeit vollständig ergraben. Auf einer ca. 1,3 ha großen Fläche fanden sich 90 Bestattungen, bei denen es sich überwiegend um mit einem Steinschutz versehene und auf einem Sockelstein oder in einem Steinnest stehende Urnen handelte. In zwei Fällen standen die Urnen auf einem Schlagstein aus Quarzit.
Die Hauptkonzentration der Bestattungen befand sich im Südwesten der Grabungsfläche, von wo aus die Verteilung der Urnen mit größer werdenden Abständen fächerförmig nach Norden bis Nordosten streute. Anhand der Beigaben datiert das Gräberfeld in die Stufe Ib (nach Hingst) der Vorrömischen Eisenzeit (5. Jh. v. Chr.).
Der überwiegende Teil der Bestattungen war durch die landwirtschaftliche Nutzung der Fläche im oberen Bereich gestört. Lediglich in 11 Fällen waren die Urnen gut bis sehr gut erhalten und konnten im Stück geborgen werden.
Eine dieser besonders gut erhaltenen Urnen hob sich durch ihre Beigaben, welche sich in Quantität wie auch Qualität von denen der anderen Bestattungen unterschieden, deutlich ab. In der Urne fand sich eine Paukenfibel mit abgebrochenem Fibelfuß. Es scheint sich um eine Doppelpaukenfibel vom Typ VI/3 zu handeln, welche in die Stufe HaD3 datiert. Weitere herausragende Fundstücke aus dieser Bestattung sind u. a. ein 105 g schwerer Ösenring mit Neben-Ösen, sowie mehrere Reste von verzierten Glasperlen.
Eine weitere Besonderheit ist der Nachweis bemalter Keramik in Borgstedt. Dabei handelt es sich um eine stark zerscherbte Urne mit einem rot gefärbten Sparrenmuster auf der Schulter. Das Borgstedter Gefäß ist der 11. Nachweis bemalter Keramik in Schleswig-Holstein und das bisher am weitesten nördlich gefundene Exemplar.
Die zu Beginn der Vorrömischen Eisenzeit auftretende und nur kurzfristig nachweisbare Erscheinung des geometrischen Zierstiles in Kombination mit Bemalung ist ein Zeugnis für kulturelle Einflüsse aus dem Süden. Dieser Einfluss und dessen Weg in den Norden spiegelt sich auch in der Verbreitung der Paukenfibeln wider, welche bis nach Schleswig-Holstein ausstrahlt.
Auch in botanischer Hinsicht ist das Gräberfeld von Borgstedt interessant. So war die Unterseite des Bodens einer Urne mit etwa 100 Abdrücken von Knöterich-Samen (Polygonum sp.) übersät. Ob es sich hierbei um eine intentionelle Anbringung der Abdrücke oder um eine zufällige Verunreinigung während des Herstellungsprozesses des Gefäßes handelt, kann nicht gesagt werden.
Im September 2008 vereinbarten das Königreich Dänemark und die Bundesrepublik Deutschland in einem Staatsvertrag den Bau einer festen Verbindung über den Fehmarnbelt. Die Bundesrepublik Deutschland ist dabei u. a. für den Ausbau der deutschen Bahnlinie zuständig. Im Zuge dieser Planungen wird das zwischen Lübeck und Puttgarden bestehende Gleis ausgebaut und zum Teil auch durch neue Streckenabschnitte ersetzt werden. Ziel des Bauvorhabens ist eine Optimierung des internationalen Bahnverkehrs, welcher zukünftigen Transferbedürfnissen gerecht werden soll.
Das ALSH ist im Rahmen des Denkmalschutzgesetzes S-H als Träger öffentlicher Belange für den Erhalt und den Schutz des archäologischen Erbes verantwortlich. Dementsprechend war das ALSH von Beginn an mit den Planungen zum Streckenverlauf, später mit der Prüfung von im Trassenbereich befindlichen archäologischen Denkmalen (sogenannte archäologische Voruntersuchungen) und letztlich mit den flächigen Hauptuntersuchungen beschäftigt. Die archäologischen Tätigkeiten wurden in enger Kooperation mit der DB Netz AG ausgeführt, welche als Verursacher des geplanten Bauvorhabens die Kosten für die archäologischen Untersuchungen übernahm. Die DB Netz AG trägt hierzu die Kosten in Höhe von 4,4 Millionen Euro.
Peter Homfeldt, Projektleiter der DB Netz AG, Schienenanbindung Feste Fehmarnbeltquerung: „Der DB war und ist es im Zuge der Voruntersuchungen ein wichtiges Anliegen, archäologische Untersuchungen an der neuen Bahnstrecke durchführen zu lassen. Ich denke, die eindrucksvollen Ergebnisse stellen für die Geschichte der Region wichtige Erkenntnisse und Zeitzeugnisse dar. Wir vom Projektteam der Deutschen Bahn haben die zentralen Grabungsstätten wie zum Beispiel im Oldenburger Graben, bei Lütjenbrode und auch in Groß Schlamin besucht und uns vor Ort einen Eindruck von den Arbeiten, vor allem aber auch über die eindrucksvollen Funde, verschafft. Mein Dank gilt hier auch den Ausgrabungsteams, die immer wieder auch die Öffentlichkeit über die Zwischenergebnisse informiert haben. Das ist Geschichte zum Anfassen und ein wichtiger Beitrag, unsere regionale Geschichte erlebbar und damit verständlich zu machen.“
Die Tätigkeiten des ALSH … Von der Streckenfindung, der Prüfung von archäologischen Denkmalen im Gelände bis hin zu den Ausgrabungen
Zur Bestimmung einer Vorzugsvariante legte das ALSH als obere Denkmalschutzbehörde im Rahmen der gesetzlich geforderten Umweltverträglichkeitsstudie im Jahr 2012 einen Fachbeitrag vor, welcher die Auswirkungen des geplanten Bauvorhabens auf archäologische Kulturgüter erfasste und bewertete. Im Rahmen dieser Studie wurden die zur Disposition stehenden Streckenvarianten bezüglich ihrer Auswirkungen auf das archäologische Erbe erfasst, bewertet und miteinander verglichen. Im Ergebnis erfolgten wesentliche Empfehlungen des weiteren Vorgehens.
Zur Vorbereitung des Planfeststellungsverfahrens führte das ALSH zwischen Juli und Dezember 2016 archäologische Voruntersuchungen im Trassenbereich der von der DB Netz AG bestimmten Vorzugsvariante durch. Dabei wurden 110 Denkmalbereiche auf ihren Erhalt und die wissenschaftliche Wertigkeit geprüft, um gesicherte Bewertungskriterien für denkmalrechtliche Entscheidungen treffen zu können. Im Ergebnis legte das ALSH, jeweils getrennt nach den Planfeststellungsabschnitten 1–6, abschließende Ergebnisberichte vor und wies darin jene Denkmalflächen aus, welche vor Baubeginn archäologisch zu untersuchen wären.
Die archäologischen Hauptuntersuchungen wurden zwischen August 2017 und September 2019 unter der Leitung des ALSH durchgeführt. Dabei wurden insgesamt 30 vom Bauvorhaben bedrohte archäologische Denkmale untersucht. Die Fundstätten datieren in den Zeitraum von etwa 3.800 v. Chr. (Jungsteinzeit) bis ins Mittelalter (1.200 n. Chr.). Freigelegt und dokumentiert wurden überwiegend Siedlungsspuren (z. B. Gebäude, Brunnen, Öfen) aus der Bronze- und Eisenzeit. Insgesamt sind 130.000 m² landwirtschaftlicher Nutzflächen von den ArchäologenInnen geöffnet und archäologisch untersucht worden. Die jeweiligen Ausgrabungen dauerten von wenigen Tagen bis zu mehreren Monaten an. Im September 2019 wurden die archäologischen Arbeiten im Gelände beendet. Derzeit sind die projektbezogen beschäftigten MitarbeiterInnen mit der Erstellung der Ausgrabungsberichte und der Fundinventarisation beschäftigt.
Ulf Ickerodt,Direktor des Archäologischen Landesamtes Schleswig-Holstein (obere Denkmalschutzbehörde) zu dem Projekt: „Die Ausgrabungsergebnisse liefern spannende und weite Zeiträume umfassende Einblicke in die Besiedlungsgeschichte Ostholsteins. Mit den neu geborgenen Funden und den aktuellen Grabungsdokumentationen eröffnen sich attraktive Perspektiven zur wissenschaftlichen Erschließung der dortigen Natur- und Kulturgeschichte. Diese Quellen stehen der zukünftigen Forschung und Planung zur Verfügung. Ebenso sind populäre Präsentationen und Publikationen der Arbeitsergebnisse geplant. Wir danken der DB Netz AG für die gute …
Im Vorfeld einer Neubebauung wurde der südliche Bereich einer als Fundstelle bereits bekannten Warft untersucht.
Ende April bis Anfang Mai untersuchten Mitarbeiter des ALSH die Baugrube eines Mehrfamilienhauses auf einer Warft in der Wiedingharde, Gemeinde Klanxbüll, Kreis Nordfriesland. Im Vorfeld der Neubebauung wurde der südliche Bereich einer als Fundstelle bereits bekannten Warft (LA 13) untersucht.
Die Profile der Baugrube verliefen in West-Ost Richtung, sodass der Aufbau der Warft in zwei Aufschüttungsphasen gut erkennbar war. Die erste Nutzungsphase der Warft liegt nach Ausweis der Keramik im Hochmittelalter, in der 2. Hälfte des 11. bis ins 12. Jahrhundert. Unter anderem wurden vier Sodenbrunnen und eine Zisterne dokumentiert. Ein einzelner, gut erhaltener Eichenpfosten wurde nach der Einmessung geborgen. Die dendrochronologische Untersuchung der Holzprobe ergab ein Fälldatum von 1085 n. Chr. Zwar kann eine Zweitverwendung des massiven Pfostens an dieser Stelle nicht ausgeschlossen werden, jedoch ist eine Datierung ins Hochmittelalter für die Nutzung der Warft damit gesichert.
Einen besonderen Befund stellt sicherlich die Zisterne in der NW-Ecke der Baugrube dar. Es handelt sich um eine ovale Sodenkonstruktion, die in der Mitte durch eine Quermauer aus Soden in zwei Kammern geteilt wird. Außer organischem Material aus einer Stallmistschicht im südlichen Bereich der Warft wurden Scherben von zumeist grob gemagerter Kugeltopfware geborgen. Eine einzelne Wandscherbe mit Pingsdorf-artiger Bemalung stammt aus einer Grabenverfüllung und somit aus einem der ältesten Befunde, aus der Zeit vor dem Warftauftrag.
Drei der Sodenbrunnen liegen konzentriert im Nordwesten der untersuchten Fläche. Die Überschneidung der Brunnenbaugruben lässt auf eine längere Nutzungszeit der Warft schließen sowie auf eine wenig veränderte oberirdische Anordnung der Einbauten: die Wasserversorgung lag damit über einen längeren Zeitraum an gleicher Stelle.
Luftbild des nordwestlichen Bereichs der Baugrube. Blick nach Süd. Die Zisterne mit den zwei Kammern liegt in der Bildmitte. In der westlichen Kammer ist ein Sodenbrunnen eingebaut. Die Baugrube des mittleren Brunnens schneidet die Zisternenmauer, der mittlere Brunnen wird wiederum von dem jüngsten Brunnen im Norden geschnitten. Drei aufeinander folgende Brunnenbauten in enger räumlicher Nachbarschaft lassen auf funktionale Kontinuität in der Nutzung der Warftoberfläche schließen.
Ministerpräsident Daniel Günther auf der Ausgrabung in Oldenburg
Der Ausbau der Schienenanbindung der Festen Fehmarnbeltquerung ist ein Vorhaben von internationaler Bedeutung. Bei einer Bereisung der zurzeit laufenden Arbeiten mit Spitzenvertretern der Deutschen Bahn, hat Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther am 25. Mai 2018 auch die Ausgrabung Oldenburg LA 265 besucht. Arrangiert hatte die Visite, an der auch Oldenburgs Bürgermeister Martin Voigt teilnahm, der Projektleiter der Deutschen Bahn, Bernd Homfeldt.
Ziel der Streckenbereisung waren verschiedene von den Planungen und Erdarbeiten betroffene Standorte entlang der Bahntrasse, die als Teil des Genehmigungsverfahrens auch archäologisch durch das ALSH begleitet werden.
Die Archäologin Mirjam Briel, die die Ausgrabungen vor Ort leitet, konnte den Besuchern die aktuellen Ausgrabungsergebnisse aus Vor- und Hauptuntersuchung vermitteln. Mit Interesse folgten die Anwesenden ihren Ausführungen. Frau Briel hob dabei die wissenschaftliche Bedeutung dieses Fundplatzes sowie die aus ihrer besonderen Lage heraus resultierenden Erhaltungsbedingungen hervor. Auf Interesse stießen vor allem die vor Ort noch im Untergrund sichtbaren Befunde und geborgenen Fundobjekte, die Rückschlüsse auf die Lebensbedingungen der vergangenen Jahrtausende zulassen.
Die Grabungsfläche liegt in einer Engstelle zwischen zwei Anhöhen, mitten im sog. „Oldenburger Graben“: Eine durch eiszeitliche Prozesse entstandene Geländeformation, die im Laufe der Jahrtausende vom Tal zu einer Förde, dann zu einer Süßgewässerlandschaft und schließlich zu einem ausgedehnten Niedermoorareal wurde. Durch mächtige Torfpakete sind hier ausgezeichnete Erhaltungsbedingungen vor allem für organisches Fundmaterial gegeben. Die Funde und Befunde dieser Untersuchung stammen aus dem ausgehendem Neolithikum (Jungsteinzeit) und der Älteren Bronzezeit. Zu den besonderen Funden zählen, neben den zwischen 1,70 m und 1,90 m langen Pfosten, bearbeitete Flintartefakte, Knochen und Rothirschgeweihe sowie diverse Knochen und Zähne typischer Haustiere (Ziege, Schwein, Rind).
Kulturministerin Karin Prien zum Depotfund aus Morsum: „Sylter Schatz erzählt viel über die Wikingerzeit“
SCHLESWIG. Am Montag, den 25. September präsentierte die Ministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur, Karin Prien, im Archäologischen Landesamt Schleswig-Holstein in Schleswig einen ganz besonderen Fund. Es handelt sich um einen wikingerzeitlichen Depotfund von der Insel Sylt, Kreis Nordfriesland. Insgesamt kamen bei einer Grabung etwa 180 Silberfunde verschiedenster Form zutage. Darunter waren Schmuckstücke wie Armringe, Fingerringe, ein Halsring, Münzen, Barren, Schmelzreste, Drähte.
„Der Sylter Fund ist wirklich beeindruckend. Und ich bin begeistert von der Professionalität, mit der gearbeitet wurde“, sagte Kulturministerin Karin Prien. „Besonders die Wikingerzeit ist im Norden in vielfältiger Weise durch Gräber, Burgen und Siedlungen vertreten. Das Bild wird nun ergänzt durch diesen reichhaltigen Hortfund, der uns sicher noch vieles über die Menschen dieser Zeit wird erzählen können.“
„Der Hortfund von Morsum ist ganz zweifellos von außergewöhnlicher Bedeutung für die Geschichte Schleswig-Holsteins im 10. Jahrhundert“, sagt Prof. Dr. Claus von Carnap-Bornheim, Leiter des Archäologischen Landesamtes Schleswig-Holstein. „Seine Entdeckung und Bergung zeigen aber auch, wie stark die schleswig-holsteinische Landesarchäologie in allen Arbeitsbereichen aufgestellt ist.“
Die Vorgeschichte des Fundes: Vor zwei Jahren fiel dem ALSH eine prächtige silberne Ringfibel in die Hände. Sie kam von einem Sylter Hausarzt, der von einer Familie eine silberne Ringfibel geschenkt bekam. Der Arzt benachrichtigte gleich einen Freund und Mitarbeiter des ALSH. Nach einigen Recherchen konnte herausgefunden werden, dass ein in den 1960er Jahren gefundener und an das Schloss Gottorf abgegebener Armreif von dem gleichen Acker auf Sylt stammte. Daraufhin begannen Mitarbeiter des ALSH den Fundbereich weiter einzuengen und mittels digitaler Geländemodelle sowie Luftbildern und Orthofotos genauer zu analysieren – als Basis für angestrebte Nachuntersuchungen mit Metalldetektoren. Parallel dazu fanden erste Kontaktaufnahmen zu den Flächeneigentümern statt.
Im Juli 2017 war es dann soweit. Ein Team des ALSH, unterstützt von ehrenamtlich tätigen Detektorgängern (Detektorgruppe Schleswig-Holstein), rückte auf die Insel Sylt nach Morsum aus.
Bereits nach 15 Minuten kamen die ersten Silberfunde zum Vorschein. Schon am ersten Tag konnten 77 Silberobjekte dokumentiert werden. Es zeichnete sich ab, dass die Deponierung bereits stark angepflügt und eine eigentliche Grabung zur genauen Klärung unbedingt notwendig war. Eine zweite Begehung fand im darauffolgenden Monat statt. „Nach fast 60 Jahren findet endlich wieder das zusammen, was zusammen gehört. So etwas passiert uns Archäologen sehr selten“, sagt Eicke Siegloff, Leiter der Abteilung Denkmalschutz und Landesaufnahme.
In Schleswig-Holstein sind wikingerzeitliche Edelmetalldepots („Schatzfunde“) bekannt. Ebenso traten auf der Insel Sylt zwei Funde auf, die als solche angesprochen werden können. Auch in Skandinavien und Großbritannien kamen solche Depotfunde ans Tageslicht. Auf Sylt ließ es sich in der Wikingerzeit, aber auch schon zu früherer Zeit, gut leben. Zahlreiche Siedlungsbefunde und auch Befestigungsanlagen, wie die Tinnumburg und Gräberfelder dokumentieren das Leben der Menschen auf der noch heute so beliebten Insel.
Warum aber wurden die Funde vergraben? Die Besitzer waren zweifellos sehr besorgt um ihr Hab und Gut, vor allem z. B. in Krisenzeiten. Gründe für das Versteck in einem „Erdtresor“ gab es gewiss viele. Sicher ist aber, dass das Edelmetall geschützt werden sollte und nicht in fremde Hände geraten durfte.
Das Fundament für die Arbeit des Archäologischen Landesamtes Schleswig-Holstein ist eine forschungsorientierte und innovative Denkmalpflege. „Traditionell ist auch das Ehrenamt eine tragende Säule bei der Erhaltung und Pflege des archäologischen Erbes unseres Landes. Unsere Kenntnis von Funden und Fundstellen als grundlegende Quellen zur Landesgeschichte wird durch das private Engagement vieler Akteure wesentlich erweitert“, sagte Prien. Als eine besondere und moderne Facette wurde im Archäologischen Landesamt Schleswig-Holstein in der Zusammenarbeit mit Amateurarchäologen seit 2005 das sog. „Schleswiger Modell“ entwickelt. „Schleswig-Holstein war eines der …
Wege über das Moor. Neuigkeiten aus der archäologischen Schatzkiste Oldenburger Graben.
Seit Anfang des Jahres 2016 finden auf der Trasse des Schienenanbaus zur Festen Fehmarnbelt-Querung archäologische Untersuchungen statt. Ein Abschnitt der Trasse führt durch das archäologisch reichhaltige Gebiet des Oldenburger Bruchs.
In einer Engstelle zwischen zwei Anhöhen wurden im Spätsommer 2017 archäologische Hauptuntersuchungen durchgeführt. Dabei wurden in knapp 1,30 m Tiefe die Reste mehrerer Holzkonstruktionen freigelegt: Waagerecht liegende Hölzer, die von senkrecht und schräg steckenden Hölzern festgekeilt wurden. Fast alle Hölzer wiesen Spuren einfacher Bearbeitung auf: Mit Beilschlägen waren die steckenden Hölzer angespitzt worden, die waagerechten Hölzer zeigten ebenfalls Bearbeitungsspuren. Vergleichbare Befunde sind aus Niedersachsen und Dänemark bekannt und lassen vermuten, dass es sich um die Reste eines einfachen Knüppeldammes handelt, der angelegt wurde, um die Moorenge zwischen den Inseln zu überbrücken.
Innerhalb dieses Befundes wurde außerdem eine Doppelreihe kräftiger Pfosten dokumentiert, die senkrecht in den Torf getrieben waren und deren unteres Ende offensichtlich mit langen Beilschlägen angespitzt worden war. Dazu kommen Konstruktionsreste, die als Fischfanganlagen gedeutet werden können. Erste C14--Radiokarbon-Schnell-Datierungen zweier Hölzer ergaben Datierungen in das ausgehende Neolithikum bzw. die Ältere Bronzezeit. Anhand der Befunde lässt sich somit eine mindestens zweiphasige Besiedlung des Areals annehmen; dazu passen auch die Beifunde, darunter auch ein sorgfältig gefertigtes Feuersteinbeil. Die geborgenen Tierknochen weisen die klassischen Spuren von Fleischgewinnung auf. Besonders hervorzuheben ist das Fragment einer menschlichen Schädelkalotte, das ebenfalls im Bereich des mutmaßlichen Knüppeldammes gefunden wurde und zahlreiche Fragen aufwirft.
Eine Datierung steht noch aus. Die jüngsten Untersuchungsergebnisse zeigen nicht nur einmal mehr das bedeutende archäologische Potential des Oldenburger Bruchs, sie werfen auch ein Schlaglicht auf eine in Schleswig-Holstein bislang v. a. durch Gräberfelder dokumentierte Epoche – der Älteren Bronzezeit. Die Zeitstellung, die sich aus der Untersuchung der Holzproben ergab, macht diese Anlage zu einem Forschungsobjekt von besonderer Relevanz. Bislang ist die Erforschung der älteren Bronzezeit in Schleswig-Holstein weitestgehend von der Auswertung tausender Grabanlagen geprägt. Jüngst rücken auch Siedlungsbefunde immer stärker in den Fokus der Wissenschaftler. Umso wichtiger ist die weitere Untersuchung dieses besonderen Fundplatzes. Die Fortführung der Untersuchungen ist für das kommende Jahr geplant. Dabei besteht auch die Hoffnung, die zugehörige Siedlung zu lokalisieren.
Danksagung:
Die Grabungen wurden durch die anhaltenden starken Niederschläge zwischenzeitlich erheblich beeinträchtigt. Der besondere Dank des Grabungsteams und des ALSH geht an die Freiwillige Feuerwehr Oldenburg i. H., die selbst an einem Feiertag ausrückte, um den „ertrunkenen" Grabungsschnitt auszupumpen. Weiterer Dank geht an den örtlichen Wasser- und Bodenverband Ostholsteins, der rasche und unbürokratische Hilfe leistete.
Grabungsbeginn im Zuge der Schienenanbindung zur Fehmarnbeltquerung
Nach Beendigung der archäologischen Voruntersuchungen auf der geplanten rund 80 km langen Trasse der Schienenanbindung zur Fehmarnbeltquerung, wurden 33 Flächen für archäologische Hauptuntersuchungen ausgewiesen. Auf diesen lagen ausreichende Hinweise für Bodendenkmale vor, die vor Beginn der Baumaßnahme der DB Netz AG durch das Archäologische Landesamt Schleswig-Holstein systematisch untersucht werden. Auf Fehmarn und bei Oldenburg in Holstein wurde bereits mit den ersten Ausgrabungen begonnen, die bis zum Jahresende andauern werden.
„Die Voruntersuchungen haben vor allem Siedlungsspuren der Stein- und der Bronzezeit zutage gebracht. Wir erhoffen uns unter anderem weitere Erkenntnisse zur Siedlungsstruktur und den Lebensbedingungen dieser Zeitstellungen“, sagt Erich Halbwidl, Projektleiter im Archäologischen Landesamt. „Insbesondere auf unserer aktuellen Ausgrabung bei Oldenburg in Holstein, wo organisches Material wie Holz, Knochen und Geweih bis heute gut erhalten geblieben ist, dürfen wir zudem mit eindrucksvollen Einzelobjekten rechnen“, so Halbwidl weiter.
Bernd Homfeldt, Projektleiter für die Schienenanbindung bei der DB Netz AG: „Die Zeugnisse der frühen Geschichte werden sorgfältig dokumentiert und für die Nachwelt bewahrt. Wir führen die Untersuchungen schon jetzt durch, damit wir später zügig bauen können. Wir haben auf diese Weise mehr Planungssicherheit, die Archäologen genügend Zeit für eine sorgfältige Erkundung der ostholsteinischen Siedlungsgeschichte. Rund sechs Millionen Euro werden dafür insgesamt bereitgestellt. „Das Geld ist gut investiert“.
In regelmäßigen Abständen werden die neusten Ergebnisse der Ausgrabungen entlang der Schienenanbindung hier veröffentlicht.
Weitere Informationen zum Projekt der Schienenanbindung (unter anderem mit Fotos von den Erkundungen 2016):
Auf der Baustelle für das neue Shoppingcenter in Husum zwischen dem Markt und dem Schloss wurden mindestens fünf tiefe Brunnen oder Zisternen entdeckt. Solche Baubefunde für die Trinkwasserversorgung der Bewohner wurden nach ihrer Aufgabe als Kloake genutzt und mit Hausabfällen verfüllt. Das ermöglicht Archäologen Jahrhunderte später Rückschlüsse auf den Reichtum, den Beruf und die Lebensbedingungen der Einwohner der städtischen Parzellen zu ziehen.
Im Rahmen einer kurzfristigen Rettungsausgrabung werden innerhalb weniger Wochen im Mai und Juni 2017 die 3 m bis 5 m tiefen Baubefunde mithilfe eines Baggers untersucht. Dabei kommt ein reiches Fundmaterial zu Tage. Das betrifft zum einen die Qualität der Fayencen, Kacheln, anderen Keramiken, Metallfunde und Gläser, die auf einen wohlhabenden Haushalt schließen lassen. Darüber hinaus bieten die feuchten Sedimente der Brunnenfüllungen beste Erhaltungsbedingungen für Objekte aus Holz, Leder, Textil und kleinste Pflanzenreste. Ein Teil der als Nahrungsreste in die Kloake gelangten Pflanzenfunde ist bereits makroskopisch erkennbar: Pflaumen und Kirschen gehörten zu den Lieblingsspeisen der Bewohner.
Auf der Mejerschen Karte von 1651 ist in Husum auf dem Gelände der Baustelle neben unbebautem Gartenland auch eine Häuserzeile verzeichnet. Genau an dieser Stelle sind die Reste der Brunnen aufgetaucht. Bisher konnten drei verschiedene Konstruktionsweisen der Brunnen und Zisternen dokumentiert werden. Es gibt einen Brunnen mit einer runden Einfassung des Schachtes aus Ziegelsteinen. Weitere Brunnenwände sind aus Torfsoden aufgebaut. Einer dieser Exemplare zeigt einen nachträglich eingebauten viereckigen Holzkasten.
Das Verfüllmaterial der aufgelassenen Trinkwasserreservoire setzt sich aus Abfällen, Bauschutt, Tierdung und Fäkalien zusammen. Die Schichten enthalten zahlreiche Tierknochen, Austernschalen, Scherben, Ziegelreste, Hölzer und einzelne Metallobjekte. Als besondere Metallfunde sind ein Anhänger mit Kreuzdarstellung, ein mögliches Pilgerabzeichen in Form eines Mönches, eine Silbermünze, eine Tuchplombe und verschiedene Kleiderschließen zu nennen. Ein kleiner Schmelztiegel und Buntmetallreste weisen auf die Werkstatt eines Feinschmiedes hin.
Es ist zu vermuten, dass die Baubefunde und Abfallschichten in das 17. und 16. Jahrhundert gehören. Sicher stammen die Fayencen aus dem Brunnen mit Ziegelring in die zweite Hälfte des 17. Jahrhunderts. Die Bemalung von mehreren Tellern nennt Jahreszahlen wie 1676 und 1682. Hier wurden auch die Bruchstücke von wertvollen Trinkgläsern geborgen. Es handelt sich um farbige Fadengläser, grünes Glas mit aufgesetzten Noppen und sogar eine plastische Darstellung eines Löwenkopfes mit Blattgoldauflage befindet sich unter den Funden.
Solche herausragenden Fundstücke stellen wichtige Indizien für Fernhandelsverbindungen dar und betonen die Stellung Husums als Nordseehafen, Warenumschlagplatz und Residenzstadt. Die zukünftige Auswertung der dokumentierten Baubefunde und des Fundmaterials verspricht Einblicke in die Lebensbedingungen und die Wirtschaftskraft in der Region vor und nach der Zweiten Groten Mandränke, der Burchardiflut von 1634.
Ein steinzeitliches Grab und eisenzeitliche Siedlungsspuren bei Glücksburg
Bei Glücksburg wird von April bis Juni 2017 ein Großsteingrab durch eine archäologische Ausgrabung untersucht. Auf der Planungsfläche für ein neues Wohnbaugebiet bei Glücksburg wurden mehrere vorgeschichtliche Grabmonumente vermutet. Daher führte das Archäologische Landesamt Schleswig-Holstein dort Sondierungen durch. Tatsächlich hat sich bestätigt, dass hier verschiedene Spuren von Bestattungen und Besiedlung von der Steinzeit bis zur vorchristlichen Eisenzeit im Boden vorhanden sind.
Die steinzeitliche Grabanlage gab zunächst Rätsel auf. Wie viele dieser Großsteingräber in Schleswig-Holstein wurde auch diese Anlage in den letzten Jahrhunderten um einen Großteil ihrer Findlinge beraubt, die man für Bauzwecke benötigte. Auch um die Beackerung des Geländes zu erleichtern, wurden die Steine auseinandergezogen und versucht, sie tiefer zu vergraben. Diese Aktivitäten lassen sich während der Ausgrabung an den Spuren im Boden ablesen.
Dennoch ist es möglich, die Art der Konstruktion der Steinkammer nachzuvollziehen. Solche Großsteingräber, Megalithgräber oder Hünenbetten genannt, wurden vor mehr als 5.000 Jahren errichtet. Aus großen Findlingen wurde eine Grabkammer gebaut, die mit einem Erdhügel abgedeckt wurde. Teilweise besitzen die Grabkammern einen Eingang und die Hügel sind von weiteren Steinen umgrenzt. Wahrscheinlich wurden hier über einen gewissen Zeitraum mehrere Personen einer Bevölkerungsgruppe bestattet.
In Glücksburg konnten trotz der Zerstörung der Steinkammer verschiedene Grabbeigaben gefunden werden: geschliffene Beile aus Feuerstein (Flint), reich verzierte Keramik, ein doppelaxtförmiger Bernsteinanhänger. Aufgrund ihrer typischen Keramikformen werden die Menschen dieser Zeit der Trichterbecherkultur zugeordnet. Sie waren die ersten Ackerbauern und Viehzüchter in Schleswig-Holstein und wohnten in Dörfern zusammen. Die Familien hielten engen Kontakt zu ihren Nachbarn. Erstmals bildete sich eine zunehmend differenzierte Sozial- und Herrschaftsstruktur heraus.
Um das steinzeitliche Grab herum wurden zahlreiche Gruben mit Abfällen aus der Eisenzeit entdeckt. Hier gab es also Jahrtausende später eine Siedlung. Das Grab war zu diesem Zeitpunkt noch deutlich sichtbar. Was mögen sich die Menschen der Eisenzeit für Gedanken dazu gemacht haben?
Auf dem Nachbargrundstück, das ebenfalls bebaut werden soll, befand sich ein durch die Überackerung bereits vollständig zerstörter Grabhügel. In dessen Umfeld wurden in der Eisenzeit Tote in Form einer Brandbestattung in Urnen beigesetzt.
Durch die archäologischen Ausgrabungen im Vorfeld der Bauarbeiten wird ein Teil der Besiedlungsgeschichte der Region um Glücksburg erforscht. Um die Ergebnisse anschaulich zu vermitteln, bemühen sich derzeit die Stadt Glücksburg und das Archäologische Landesamt ein Modell des Großsteingrabes aus dem originalen Steinmaterial und eine Informationstafel vor Ort zu errichten.
Das alte Kiel
Weitere mittelalterliche Befunde treten in Kiel zutage
Die archäologischen Arbeiten im Schlossquartier gehen voran, so ist die mittelalterliche/frühneuzeitliche Bebauung in der Schlossstraße inzwischen abgetragen, darunter liegen jedoch weitere mittelalterliche Befunde.
Hierbei handelt es sich um mehrere Gruben, die sich teilweise überschneiden. Bereits in den darüberliegenden Kellern haben sich die Gruben angedeutet, waren doch einige Mauern und Fußböden abgesackt. Die meisten Gruben hatten keinen längeren Bestand, sie wurden zur Materialentnahme angelegt, man brauchte etwas Sand und den holte man sich auf dem eigenen Grundstück. Danach wurden die Gruben wieder rasch verfüllt, dabei gelangten auch zahlreiche Funde in den Boden.
Auffällig ist, dass in diesen Gruben über 800 kg Schmiedeschlacke lag. Die Schmiedeschlacke fällt beim Herstellen von Roheisen, aber auch beim Schmieden von eisernen Gegenständen an. Sie sammelt sich meist im unteren Bereich einer Esse und besteht aus Verunreinigungen des Eisens und kleineren Eisenresten. Dies zeigt, dass in unmittelbarer Nähe wohl eine Eisenverarbeitung bestand. Dazu passt, dass die Schlossstraße im Mittelalter eine Zeitlang als Schmiedestraße bezeichnet wurde. Einen weiteren Einblick in das ansässige Handwerk liefern zahlreiche abgesägte Gelenke von Rinderfußknochen. Hier arbeitete wohl ein Kammmacher oder Knochenschnitzer. Bei der Herstellung von sogenannten Steilkämmen waren die Gelenkenden der Fußknochen nicht zu gebrauchen und wurden kurzerhand abgesägt. In der Werkstatt wurden auch Ziegenhörner weiterverarbeitet. Auch hier wurden die nicht benötigten Teile abgesägt.
Durch Keramikfunde können wir diese Tätigkeiten in das ausgehende 13. und 14. Jahrhundert datieren, dabei trat auch Importkeramik aus dem französischen Rouen zutage.
In den nächsten Tagen wird eine Kulturschicht des 13. und 14. Jahrhunderts ergraben, bereits beim Freilegen dieser Schicht wurden mehrere Metallfunde geborgen, darunter drei sogenannte Fürspane; Gewandschließen des ausgehenden 13. Jahrhunderts und vermutlich Reste zweier Pilgerzeichen. Ein bronzener Schreibgriffel gehörte zu einem Wachstafelbuch, das im Mittelalter als Notizbuch Verwendung fand. In ein hölzernes Brett wurde eine flache Vertiefung eingefügt, in die dann schwarzgefärbtes Wachs gegossen wurde. Mehrere Bretter wurden zu einem „Buch“ gebunden. Mit dem spitzen Ende des Griffels wurde geschrieben, das andere Ende diente zum Glätten des Wachses und damit dem „Ausradieren“ des Geschriebenen.
Die nächsten Wochen werden weitere spannende Einblicke in die Kieler Stadtgeschichte liefern.
Ein Blick mit Geschichte. Im Vordergrund noch Schienen der Kieler Straßenbahn, dahinter die Kellermauern eines Wohnhauses des 18. Jahrhunderts. Hier wohnte im frühen 19. Jahrhundert der Kieler Advokat Meyer Isaak Schiff, der erste jüdische Jurist in Schleswig-Holstein. Später wurde das Haus in drei Gebäude aufgeteilt und von Kleinbürgern bewohnt
Ein renaissancezeitlicher Keller mit Spuren von Kinderspielen der unmittelbaren Nachkriegszeit. Das Kieler Handelshaus „J. C: Kipp“ wurde 1944 durch Bomben zerstört, im halb verschütteten Keller haben vermutlich Kinder „Wiederaufbau“ gespielt und die kleinen Mäuerchen errichtet.
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